Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2. Leipzig, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite
122.
Du bist nur halb, o Mensch, wie dich hervorgebracht
Hat die Natur, und halb, wie du dich selbst gemacht.
Sie hat den festen Grund gelegt, an den du rühren
Nicht darfst, dir aber bleibt der Bau drauf auszuführen.
Bei jenem kanst du nichts, bei diesem alles thun,
Und dieses ist genug, um träge nie zu ruhn.
Nie ruhe, bis du gut das was du schlecht gemacht
An dir, und was du falsch gemacht, hast recht gemacht.
Dazu ists nie zu früh, dazu ists nie zu spät;
Denn stets im Werden, bist du nie geworden stät.

122.
Du biſt nur halb, o Menſch, wie dich hervorgebracht
Hat die Natur, und halb, wie du dich ſelbſt gemacht.
Sie hat den feſten Grund gelegt, an den du ruͤhren
Nicht darfſt, dir aber bleibt der Bau drauf auszufuͤhren.
Bei jenem kanſt du nichts, bei dieſem alles thun,
Und dieſes iſt genug, um traͤge nie zu ruhn.
Nie ruhe, bis du gut das was du ſchlecht gemacht
An dir, und was du falſch gemacht, haſt recht gemacht.
Dazu iſts nie zu fruͤh, dazu iſts nie zu ſpaͤt;
Denn ſtets im Werden, biſt du nie geworden ſtaͤt.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0089" n="79"/>
        <div n="2">
          <head>122.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Du bi&#x017F;t nur halb, o Men&#x017F;ch, wie dich hervorgebracht</l><lb/>
              <l>Hat die Natur, und halb, wie du dich &#x017F;elb&#x017F;t gemacht.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Sie hat den fe&#x017F;ten Grund gelegt, an den du ru&#x0364;hren</l><lb/>
              <l>Nicht darf&#x017F;t, dir aber bleibt der Bau drauf auszufu&#x0364;hren.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Bei jenem kan&#x017F;t du nichts, bei die&#x017F;em alles thun,</l><lb/>
              <l>Und die&#x017F;es i&#x017F;t genug, um tra&#x0364;ge nie zu ruhn.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Nie ruhe, bis du gut das was du &#x017F;chlecht gemacht</l><lb/>
              <l>An dir, und was du fal&#x017F;ch gemacht, ha&#x017F;t recht gemacht.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Dazu i&#x017F;ts nie zu fru&#x0364;h, dazu i&#x017F;ts nie zu &#x017F;pa&#x0364;t;</l><lb/>
              <l>Denn &#x017F;tets im Werden, bi&#x017F;t du nie geworden &#x017F;ta&#x0364;t.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[79/0089] 122. Du biſt nur halb, o Menſch, wie dich hervorgebracht Hat die Natur, und halb, wie du dich ſelbſt gemacht. Sie hat den feſten Grund gelegt, an den du ruͤhren Nicht darfſt, dir aber bleibt der Bau drauf auszufuͤhren. Bei jenem kanſt du nichts, bei dieſem alles thun, Und dieſes iſt genug, um traͤge nie zu ruhn. Nie ruhe, bis du gut das was du ſchlecht gemacht An dir, und was du falſch gemacht, haſt recht gemacht. Dazu iſts nie zu fruͤh, dazu iſts nie zu ſpaͤt; Denn ſtets im Werden, biſt du nie geworden ſtaͤt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane02_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane02_1837/89
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2. Leipzig, 1837, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane02_1837/89>, abgerufen am 27.11.2024.