Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 3. Leipzig, 1837.53. Nicht darum soll es sich bei deinem Willen handeln, Ihn zu verbessern, Mensch, vielmehr ihn zu verwandeln; Denn unverbesserlich, unheilbar sei der Schade, Umwandlung möglich nur durchs Wunderwerk der Gnade. Allein der höchste Streit, der über die Natur Des Willens wird geführt, scheint mir ein Wortstreit nur. Umwandeln mögt ihr ihn, verwandeln ganz und gar, Zu einem andern doch nicht machen als er war. Verwandeltet ihr mich, daß ich nicht mehr wär' ich, So hättet ihr, ich weiß nicht wen, geheilt, nicht mich. Doch einen guten Kern müßt ihr dem Willen gönnen; Denn schlecht im Kerne, würd' er gut nie werden können. Am kahlen Sünderkopf müßt ihr ein Löckchen lassen, Daran der Finger ihn der Gnadenzucht kann fassen. 53. Nicht darum ſoll es ſich bei deinem Willen handeln, Ihn zu verbeſſern, Menſch, vielmehr ihn zu verwandeln; Denn unverbeſſerlich, unheilbar ſei der Schade, Umwandlung moͤglich nur durchs Wunderwerk der Gnade. Allein der hoͤchſte Streit, der uͤber die Natur Des Willens wird gefuͤhrt, ſcheint mir ein Wortſtreit nur. Umwandeln moͤgt ihr ihn, verwandeln ganz und gar, Zu einem andern doch nicht machen als er war. Verwandeltet ihr mich, daß ich nicht mehr waͤr' ich, So haͤttet ihr, ich weiß nicht wen, geheilt, nicht mich. Doch einen guten Kern muͤßt ihr dem Willen goͤnnen; Denn ſchlecht im Kerne, wuͤrd' er gut nie werden koͤnnen. Am kahlen Suͤnderkopf muͤßt ihr ein Loͤckchen laſſen, Daran der Finger ihn der Gnadenzucht kann faſſen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0160" n="150"/> <div n="2"> <head>53.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Nicht darum ſoll es ſich bei deinem Willen handeln,</l><lb/> <l>Ihn zu verbeſſern, Menſch, vielmehr ihn zu verwandeln;</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Denn unverbeſſerlich, unheilbar ſei der Schade,</l><lb/> <l>Umwandlung moͤglich nur durchs Wunderwerk der Gnade.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Allein der hoͤchſte Streit, der uͤber die Natur</l><lb/> <l>Des Willens wird gefuͤhrt, ſcheint mir ein Wortſtreit nur.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Umwandeln moͤgt ihr ihn, verwandeln ganz und gar,</l><lb/> <l>Zu einem andern doch nicht machen als er war.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Verwandeltet ihr mich, daß ich nicht mehr waͤr' ich,</l><lb/> <l>So haͤttet ihr, ich weiß nicht wen, geheilt, nicht mich.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Doch einen guten Kern muͤßt ihr dem Willen goͤnnen;</l><lb/> <l>Denn ſchlecht im Kerne, wuͤrd' er gut nie werden koͤnnen.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Am kahlen Suͤnderkopf muͤßt ihr ein Loͤckchen laſſen,</l><lb/> <l>Daran der Finger ihn der Gnadenzucht kann faſſen.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [150/0160]
53.
Nicht darum ſoll es ſich bei deinem Willen handeln,
Ihn zu verbeſſern, Menſch, vielmehr ihn zu verwandeln;
Denn unverbeſſerlich, unheilbar ſei der Schade,
Umwandlung moͤglich nur durchs Wunderwerk der Gnade.
Allein der hoͤchſte Streit, der uͤber die Natur
Des Willens wird gefuͤhrt, ſcheint mir ein Wortſtreit nur.
Umwandeln moͤgt ihr ihn, verwandeln ganz und gar,
Zu einem andern doch nicht machen als er war.
Verwandeltet ihr mich, daß ich nicht mehr waͤr' ich,
So haͤttet ihr, ich weiß nicht wen, geheilt, nicht mich.
Doch einen guten Kern muͤßt ihr dem Willen goͤnnen;
Denn ſchlecht im Kerne, wuͤrd' er gut nie werden koͤnnen.
Am kahlen Suͤnderkopf muͤßt ihr ein Loͤckchen laſſen,
Daran der Finger ihn der Gnadenzucht kann faſſen.
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