Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 3. Leipzig, 1837.111. Vier Königstöchter sind auf einem rings von Wogen Umspülten Lenzeiland von einer Fee erzogen. Und morgen sollen sie zurück zur Heimath ziehn, Weil ihnen aller Schmuck der Bildung ist verliehn. Da sprach die Fee: Ich bin mit jeder wohl zufrieden, Doch einer muß zuletzt der Vorzug seyn beschieden. Nun geht zur Ruh, und wann euch weckt des Morgens Glanz, Ist einer unter euch beschert ein Perlenkranz. Dieselbe findet ihn am Grund des Körbchens liegen; Den soll die Finderin bewahren hold verschwiegen. -- Da blickten alle vier einander lächelnd an, Und jede dachte: die wird wol den Preis empfahn. Nicht eine dachte, daß sie selber siegen sollte, Nur, wie sie sich des Siegs der andern freuen wollte. So träumten sie die Nacht bis zu des Morgens Glanz, Und an des Körbchens Grund fand jede einen Kranz. 111. Vier Koͤnigstoͤchter ſind auf einem rings von Wogen Umſpuͤlten Lenzeiland von einer Fee erzogen. Und morgen ſollen ſie zuruͤck zur Heimath ziehn, Weil ihnen aller Schmuck der Bildung iſt verliehn. Da ſprach die Fee: Ich bin mit jeder wohl zufrieden, Doch einer muß zuletzt der Vorzug ſeyn beſchieden. Nun geht zur Ruh, und wann euch weckt des Morgens Glanz, Iſt einer unter euch beſchert ein Perlenkranz. Dieſelbe findet ihn am Grund des Koͤrbchens liegen; Den ſoll die Finderin bewahren hold verſchwiegen. — Da blickten alle vier einander laͤchelnd an, Und jede dachte: die wird wol den Preis empfahn. Nicht eine dachte, daß ſie ſelber ſiegen ſollte, Nur, wie ſie ſich des Siegs der andern freuen wollte. So traͤumten ſie die Nacht bis zu des Morgens Glanz, Und an des Koͤrbchens Grund fand jede einen Kranz. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0216" n="206"/> <div n="2"> <head>111.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Vier Koͤnigstoͤchter ſind auf einem rings von Wogen</l><lb/> <l>Umſpuͤlten Lenzeiland von einer Fee erzogen.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Und morgen ſollen ſie zuruͤck zur Heimath ziehn,</l><lb/> <l>Weil ihnen aller Schmuck der Bildung iſt verliehn.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Da ſprach die Fee: Ich bin mit jeder wohl zufrieden,</l><lb/> <l>Doch einer muß zuletzt der Vorzug ſeyn beſchieden.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Nun geht zur Ruh, und wann euch weckt des Morgens Glanz,</l><lb/> <l>Iſt einer unter euch beſchert ein Perlenkranz.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Dieſelbe findet ihn am Grund des Koͤrbchens liegen;</l><lb/> <l>Den ſoll die Finderin bewahren hold verſchwiegen. —</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Da blickten alle vier einander laͤchelnd an,</l><lb/> <l>Und jede dachte: die wird wol den Preis empfahn.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Nicht eine dachte, daß ſie ſelber ſiegen ſollte,</l><lb/> <l>Nur, wie ſie ſich des Siegs der andern freuen wollte.</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l>So traͤumten ſie die Nacht bis zu des Morgens Glanz,</l><lb/> <l>Und an des Koͤrbchens Grund fand jede einen Kranz.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [206/0216]
111.
Vier Koͤnigstoͤchter ſind auf einem rings von Wogen
Umſpuͤlten Lenzeiland von einer Fee erzogen.
Und morgen ſollen ſie zuruͤck zur Heimath ziehn,
Weil ihnen aller Schmuck der Bildung iſt verliehn.
Da ſprach die Fee: Ich bin mit jeder wohl zufrieden,
Doch einer muß zuletzt der Vorzug ſeyn beſchieden.
Nun geht zur Ruh, und wann euch weckt des Morgens Glanz,
Iſt einer unter euch beſchert ein Perlenkranz.
Dieſelbe findet ihn am Grund des Koͤrbchens liegen;
Den ſoll die Finderin bewahren hold verſchwiegen. —
Da blickten alle vier einander laͤchelnd an,
Und jede dachte: die wird wol den Preis empfahn.
Nicht eine dachte, daß ſie ſelber ſiegen ſollte,
Nur, wie ſie ſich des Siegs der andern freuen wollte.
So traͤumten ſie die Nacht bis zu des Morgens Glanz,
Und an des Koͤrbchens Grund fand jede einen Kranz.
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