Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838.131. Was man nicht ändern kann, soll man nicht ändern wollen; Gott hat es so gefügt, wie wirs ertragen sollen. Den starren Dingen nicht allein bequeme dich, Den Menschen auch, wenn sie sind unverbesserlich. 132. Mit Staunen seh' ich, daß ihr zwei Gesichter macht, Ein grollendes und eins das nur gezwungen lacht. Wer schuldig, frag' ich nicht, und wer unschuldig sei; Zwei Liebende, entzweit, sind schuldig alle zwei. Hab' ich in gleichem Fall nicht auch gemacht Gesichter? Deswegen bin ich nur ein gültigerer Richter. Mein Richterspruch ist, daß ihr diesmal euch versöhnt, Und die Gesichter euch in Zukunft abgewöhnt. 131. Was man nicht aͤndern kann, ſoll man nicht aͤndern wollen; Gott hat es ſo gefuͤgt, wie wirs ertragen ſollen. Den ſtarren Dingen nicht allein bequeme dich, Den Menſchen auch, wenn ſie ſind unverbeſſerlich. 132. Mit Staunen ſeh' ich, daß ihr zwei Geſichter macht, Ein grollendes und eins das nur gezwungen lacht. Wer ſchuldig, frag' ich nicht, und wer unſchuldig ſei; Zwei Liebende, entzweit, ſind ſchuldig alle zwei. Hab' ich in gleichem Fall nicht auch gemacht Geſichter? Deswegen bin ich nur ein guͤltigerer Richter. Mein Richterſpruch iſt, daß ihr diesmal euch verſoͤhnt, Und die Geſichter euch in Zukunft abgewoͤhnt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0105" n="95"/> <div n="2"> <head>131.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Was man nicht aͤndern kann, ſoll man nicht aͤndern wollen;</l><lb/> <l>Gott hat es ſo gefuͤgt, wie wirs ertragen ſollen.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Den ſtarren Dingen nicht allein bequeme dich,</l><lb/> <l>Den Menſchen auch, wenn ſie ſind unverbeſſerlich.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>132.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Mit Staunen ſeh' ich, daß ihr zwei Geſichter macht,</l><lb/> <l>Ein grollendes und eins das nur gezwungen lacht.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Wer ſchuldig, frag' ich nicht, und wer unſchuldig ſei;</l><lb/> <l>Zwei Liebende, entzweit, ſind ſchuldig alle zwei.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Hab' ich in gleichem Fall nicht auch gemacht Geſichter?</l><lb/> <l>Deswegen bin ich nur ein guͤltigerer Richter.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Mein Richterſpruch iſt, daß ihr diesmal euch verſoͤhnt,</l><lb/> <l>Und die Geſichter euch in Zukunft abgewoͤhnt.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [95/0105]
131.
Was man nicht aͤndern kann, ſoll man nicht aͤndern wollen;
Gott hat es ſo gefuͤgt, wie wirs ertragen ſollen.
Den ſtarren Dingen nicht allein bequeme dich,
Den Menſchen auch, wenn ſie ſind unverbeſſerlich.
132.
Mit Staunen ſeh' ich, daß ihr zwei Geſichter macht,
Ein grollendes und eins das nur gezwungen lacht.
Wer ſchuldig, frag' ich nicht, und wer unſchuldig ſei;
Zwei Liebende, entzweit, ſind ſchuldig alle zwei.
Hab' ich in gleichem Fall nicht auch gemacht Geſichter?
Deswegen bin ich nur ein guͤltigerer Richter.
Mein Richterſpruch iſt, daß ihr diesmal euch verſoͤhnt,
Und die Geſichter euch in Zukunft abgewoͤhnt.
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