Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838.Und solche Bilder sind dem Kind schon eingeboren, Sie werdem ihm nicht erst durch Bildung anerkoren. Ganz sinnlich scheint das Kind, und ist schon geistig ganz, Und die Entwicklung streift nur Hüllen ab vom Glanz. 72. Die Götter lieb' ich nicht, die uns die Sagen gaben, Die bald zuviel ein Aug' und bald zuwenig haben. Die Gottheit lieb' ich, die mich unsichtbar umfließt, Ein ew'ger Liebesblick der Schöpfung Blüt' erschließt. Die Gottheit lieb' ich, die allgegenwärtig waltet, Gestaltenlos, der Welt Gestalten umgestaltet. Und nimt sie selbst Gestalt, und es soll mir nicht graun, So muß sie menschlich aus zwei Augen an mich schaun. Und ſolche Bilder ſind dem Kind ſchon eingeboren, Sie werdem ihm nicht erſt durch Bildung anerkoren. Ganz ſinnlich ſcheint das Kind, und iſt ſchon geiſtig ganz, Und die Entwicklung ſtreift nur Huͤllen ab vom Glanz. 72. Die Goͤtter lieb' ich nicht, die uns die Sagen gaben, Die bald zuviel ein Aug' und bald zuwenig haben. Die Gottheit lieb' ich, die mich unſichtbar umfließt, Ein ew'ger Liebesblick der Schoͤpfung Bluͤt' erſchließt. Die Gottheit lieb' ich, die allgegenwaͤrtig waltet, Geſtaltenlos, der Welt Geſtalten umgeſtaltet. Und nimt ſie ſelbſt Geſtalt, und es ſoll mir nicht graun, So muß ſie menſchlich aus zwei Augen an mich ſchaun. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0184" n="174"/> <lg n="5"> <l>Und ſolche Bilder ſind dem Kind ſchon eingeboren,</l><lb/> <l>Sie werdem ihm nicht erſt durch Bildung anerkoren.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Ganz ſinnlich ſcheint das Kind, und iſt ſchon geiſtig ganz,</l><lb/> <l>Und die Entwicklung ſtreift nur Huͤllen ab vom Glanz.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>72.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Die Goͤtter lieb' ich nicht, die uns die Sagen gaben,</l><lb/> <l>Die bald zuviel ein Aug' und bald zuwenig haben.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Die Gottheit lieb' ich, die mich unſichtbar umfließt,</l><lb/> <l>Ein ew'ger Liebesblick der Schoͤpfung Bluͤt' erſchließt.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Die Gottheit lieb' ich, die allgegenwaͤrtig waltet,</l><lb/> <l>Geſtaltenlos, der Welt Geſtalten umgeſtaltet.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Und nimt ſie ſelbſt Geſtalt, und es ſoll mir nicht graun,</l><lb/> <l>So muß ſie menſchlich aus zwei Augen an mich ſchaun.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [174/0184]
Und ſolche Bilder ſind dem Kind ſchon eingeboren,
Sie werdem ihm nicht erſt durch Bildung anerkoren.
Ganz ſinnlich ſcheint das Kind, und iſt ſchon geiſtig ganz,
Und die Entwicklung ſtreift nur Huͤllen ab vom Glanz.
72.
Die Goͤtter lieb' ich nicht, die uns die Sagen gaben,
Die bald zuviel ein Aug' und bald zuwenig haben.
Die Gottheit lieb' ich, die mich unſichtbar umfließt,
Ein ew'ger Liebesblick der Schoͤpfung Bluͤt' erſchließt.
Die Gottheit lieb' ich, die allgegenwaͤrtig waltet,
Geſtaltenlos, der Welt Geſtalten umgeſtaltet.
Und nimt ſie ſelbſt Geſtalt, und es ſoll mir nicht graun,
So muß ſie menſchlich aus zwei Augen an mich ſchaun.
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