Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838.Was schließest du daraus? das arme Menschenkind Sei gegen sein Geschick unmächtig, schwach und blind? Wie oder schließest du, daß Gottes Gnad' ihm gönne Die Blindheit, da kein Schaun Verhängnis wenden könne? Ich schließe dies daraus: es müsse gar nicht rühren Den Geist ein äußeres Geschick, sonst würd' ers spüren. Ich schließe dies daraus: daß unabhängig frei Von äußerem Geschick des Geistes Leben sei. 182. Du trugest, daß der Freund verreist war, ohne Klagen; Nun er gestorben ist, scheint es dir nicht zu tragen. So denke doch, er sei verreiset immerfort, Und tröste wieder dich des Wiedersehns wie dort. Und ist er nicht verreist? Zwar kommt er nie zurück, Du aber kommst ihm nach, und findest ihn im Glück. Was ſchließeſt du daraus? das arme Menſchenkind Sei gegen ſein Geſchick unmaͤchtig, ſchwach und blind? Wie oder ſchließeſt du, daß Gottes Gnad' ihm goͤnne Die Blindheit, da kein Schaun Verhaͤngnis wenden koͤnne? Ich ſchließe dies daraus: es muͤſſe gar nicht ruͤhren Den Geiſt ein aͤußeres Geſchick, ſonſt wuͤrd' ers ſpuͤren. Ich ſchließe dies daraus: daß unabhaͤngig frei Von aͤußerem Geſchick des Geiſtes Leben ſei. 182. Du trugeſt, daß der Freund verreiſt war, ohne Klagen; Nun er geſtorben iſt, ſcheint es dir nicht zu tragen. So denke doch, er ſei verreiſet immerfort, Und troͤſte wieder dich des Wiederſehns wie dort. Und iſt er nicht verreiſt? Zwar kommt er nie zuruͤck, Du aber kommſt ihm nach, und findeſt ihn im Gluͤck. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0266" n="256"/> <lg n="3"> <l>Was ſchließeſt du daraus? das arme Menſchenkind</l><lb/> <l>Sei gegen ſein Geſchick unmaͤchtig, ſchwach und blind?</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Wie oder ſchließeſt du, daß Gottes Gnad' ihm goͤnne</l><lb/> <l>Die Blindheit, da kein Schaun Verhaͤngnis wenden koͤnne?</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Ich ſchließe dies daraus: es muͤſſe gar nicht ruͤhren</l><lb/> <l>Den Geiſt ein aͤußeres Geſchick, ſonſt wuͤrd' ers ſpuͤren.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Ich ſchließe dies daraus: daß unabhaͤngig frei</l><lb/> <l>Von aͤußerem Geſchick des Geiſtes Leben ſei.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>182.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Du trugeſt, daß der Freund verreiſt war, ohne Klagen;</l><lb/> <l>Nun er geſtorben iſt, ſcheint es dir nicht zu tragen.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>So denke doch, er ſei verreiſet immerfort,</l><lb/> <l>Und troͤſte wieder dich des Wiederſehns wie dort.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Und iſt er nicht verreiſt? Zwar kommt er nie zuruͤck,</l><lb/> <l>Du aber kommſt ihm nach, und findeſt ihn im Gluͤck.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [256/0266]
Was ſchließeſt du daraus? das arme Menſchenkind
Sei gegen ſein Geſchick unmaͤchtig, ſchwach und blind?
Wie oder ſchließeſt du, daß Gottes Gnad' ihm goͤnne
Die Blindheit, da kein Schaun Verhaͤngnis wenden koͤnne?
Ich ſchließe dies daraus: es muͤſſe gar nicht ruͤhren
Den Geiſt ein aͤußeres Geſchick, ſonſt wuͤrd' ers ſpuͤren.
Ich ſchließe dies daraus: daß unabhaͤngig frei
Von aͤußerem Geſchick des Geiſtes Leben ſei.
182.
Du trugeſt, daß der Freund verreiſt war, ohne Klagen;
Nun er geſtorben iſt, ſcheint es dir nicht zu tragen.
So denke doch, er ſei verreiſet immerfort,
Und troͤſte wieder dich des Wiederſehns wie dort.
Und iſt er nicht verreiſt? Zwar kommt er nie zuruͤck,
Du aber kommſt ihm nach, und findeſt ihn im Gluͤck.
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