Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838.20. Ungleich gestellt sind Glück und Unglück in dem einen, Daß einen Gipfel jen's wohl hat, doch dieses keinen. So glücklich kannst du schon geworden seyn, daß nun Ein Zuwachs kein Gewicht kann in die Wage thun. Doch so unglücklich nie, daß nicht die Schale schwerer Noch werden kann, wodurch? vernimm's von deinem Lehrer: Dadurch, daß, wenn du schon verlorest jedes Gut, Du obendrein verlierst Fassung und Lebensmuth. 21. Ja, ja, du ließest gern dir jede Noth abnehmen Des Lebens, wollte sich dazu ein Freund bequemen. Sag an, ob jede Lust des Lebens auch? mitnichten. Nun, wenn du hier nicht willst, mußt du auch dort verzichten. Des Lebens Lust und Noth nimmt keiner keinem ab, Sie trägt ein jeder selbst und legt sie ab am Grab. 20. Ungleich geſtellt ſind Gluͤck und Ungluͤck in dem einen, Daß einen Gipfel jen's wohl hat, doch dieſes keinen. So gluͤcklich kannſt du ſchon geworden ſeyn, daß nun Ein Zuwachs kein Gewicht kann in die Wage thun. Doch ſo ungluͤcklich nie, daß nicht die Schale ſchwerer Noch werden kann, wodurch? vernimm's von deinem Lehrer: Dadurch, daß, wenn du ſchon verloreſt jedes Gut, Du obendrein verlierſt Faſſung und Lebensmuth. 21. Ja, ja, du ließeſt gern dir jede Noth abnehmen Des Lebens, wollte ſich dazu ein Freund bequemen. Sag an, ob jede Luſt des Lebens auch? mitnichten. Nun, wenn du hier nicht willſt, mußt du auch dort verzichten. Des Lebens Luſt und Noth nimmt keiner keinem ab, Sie traͤgt ein jeder ſelbſt und legt ſie ab am Grab. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0290" n="280"/> <div n="2"> <head>20.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Ungleich geſtellt ſind Gluͤck und Ungluͤck in dem einen,</l><lb/> <l>Daß einen Gipfel jen's wohl hat, doch dieſes keinen.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>So gluͤcklich kannſt du ſchon geworden ſeyn, daß nun</l><lb/> <l>Ein Zuwachs kein Gewicht kann in die Wage thun.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Doch ſo ungluͤcklich nie, daß nicht die Schale ſchwerer</l><lb/> <l>Noch werden kann, wodurch? vernimm's von deinem Lehrer:</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Dadurch, daß, wenn du ſchon verloreſt jedes Gut,</l><lb/> <l>Du obendrein verlierſt Faſſung und Lebensmuth.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>21.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Ja, ja, du ließeſt gern dir jede Noth abnehmen</l><lb/> <l>Des Lebens, wollte ſich dazu ein Freund bequemen.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Sag an, ob jede Luſt des Lebens auch? mitnichten.</l><lb/> <l>Nun, wenn du hier nicht willſt, mußt du auch dort verzichten.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Des Lebens Luſt und Noth nimmt keiner keinem ab,</l><lb/> <l>Sie traͤgt ein jeder ſelbſt und legt ſie ab am Grab.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [280/0290]
20.
Ungleich geſtellt ſind Gluͤck und Ungluͤck in dem einen,
Daß einen Gipfel jen's wohl hat, doch dieſes keinen.
So gluͤcklich kannſt du ſchon geworden ſeyn, daß nun
Ein Zuwachs kein Gewicht kann in die Wage thun.
Doch ſo ungluͤcklich nie, daß nicht die Schale ſchwerer
Noch werden kann, wodurch? vernimm's von deinem Lehrer:
Dadurch, daß, wenn du ſchon verloreſt jedes Gut,
Du obendrein verlierſt Faſſung und Lebensmuth.
21.
Ja, ja, du ließeſt gern dir jede Noth abnehmen
Des Lebens, wollte ſich dazu ein Freund bequemen.
Sag an, ob jede Luſt des Lebens auch? mitnichten.
Nun, wenn du hier nicht willſt, mußt du auch dort verzichten.
Des Lebens Luſt und Noth nimmt keiner keinem ab,
Sie traͤgt ein jeder ſelbſt und legt ſie ab am Grab.
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