Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>
68.
Ich rathe dir, wenn eng ist deines Gartens Raum,
Zuerst zu pflanzen drin fruchttragend einen Baum;
Dann aber, wenn noch Raum daneben ist, daneben
Zu pflanzen einen Baum, der auch mag Schatten geben.
Sei nur zufrieden, wenn der eine dir den Schatten,
Der andre gibt die Frucht, so wirst du nie ermatten.
Doch dann bist du beglückt, wenn dir den engen Raum
Des Herzens füllet ein Zugleich-Frucht-Schatten-Baum.
69.
Du schöpf' aus deinem Brunn und laß auch andre schöpfen!
Ihr schöpfet ihn nicht aus mit Eimern, Kannen, Töpfen.
Doch miß nicht seine Tief', und laß auch andre nicht
Ihn messen, weil dadurch ihm die Quellader bricht.
Dein gottgegebnes Gut sei, dein mit Lust beseßnes,
Ein dem Bedürfnis angemeßnes, ungemeßnes.
68.
Ich rathe dir, wenn eng iſt deines Gartens Raum,
Zuerſt zu pflanzen drin fruchttragend einen Baum;
Dann aber, wenn noch Raum daneben iſt, daneben
Zu pflanzen einen Baum, der auch mag Schatten geben.
Sei nur zufrieden, wenn der eine dir den Schatten,
Der andre gibt die Frucht, ſo wirſt du nie ermatten.
Doch dann biſt du begluͤckt, wenn dir den engen Raum
Des Herzens fuͤllet ein Zugleich-Frucht-Schatten-Baum.
69.
Du ſchoͤpf' aus deinem Brunn und laß auch andre ſchoͤpfen!
Ihr ſchoͤpfet ihn nicht aus mit Eimern, Kannen, Toͤpfen.
Doch miß nicht ſeine Tief', und laß auch andre nicht
Ihn meſſen, weil dadurch ihm die Quellader bricht.
Dein gottgegebnes Gut ſei, dein mit Luſt beſeßnes,
Ein dem Beduͤrfnis angemeßnes, ungemeßnes.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0056" n="46"/>
        <div n="2">
          <head>68.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Ich rathe dir, wenn eng i&#x017F;t deines Gartens Raum,</l><lb/>
              <l>Zuer&#x017F;t zu pflanzen drin fruchttragend einen Baum;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Dann aber, wenn noch Raum daneben i&#x017F;t, daneben</l><lb/>
              <l>Zu pflanzen einen Baum, der auch mag Schatten geben.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Sei nur zufrieden, wenn der eine dir den Schatten,</l><lb/>
              <l>Der andre gibt die Frucht, &#x017F;o wir&#x017F;t du nie ermatten.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Doch dann bi&#x017F;t du beglu&#x0364;ckt, wenn dir den engen Raum</l><lb/>
              <l>Des Herzens fu&#x0364;llet ein Zugleich-Frucht-Schatten-Baum.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>69.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Du &#x017F;cho&#x0364;pf' aus deinem Brunn und laß auch andre &#x017F;cho&#x0364;pfen!</l><lb/>
              <l>Ihr &#x017F;cho&#x0364;pfet ihn nicht aus mit Eimern, Kannen, To&#x0364;pfen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Doch miß nicht &#x017F;eine Tief', und laß auch andre nicht</l><lb/>
              <l>Ihn me&#x017F;&#x017F;en, weil dadurch ihm die Quellader bricht.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Dein gottgegebnes Gut &#x017F;ei, dein mit Lu&#x017F;t be&#x017F;eßnes,</l><lb/>
              <l>Ein dem Bedu&#x0364;rfnis angemeßnes, ungemeßnes.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[46/0056] 68. Ich rathe dir, wenn eng iſt deines Gartens Raum, Zuerſt zu pflanzen drin fruchttragend einen Baum; Dann aber, wenn noch Raum daneben iſt, daneben Zu pflanzen einen Baum, der auch mag Schatten geben. Sei nur zufrieden, wenn der eine dir den Schatten, Der andre gibt die Frucht, ſo wirſt du nie ermatten. Doch dann biſt du begluͤckt, wenn dir den engen Raum Des Herzens fuͤllet ein Zugleich-Frucht-Schatten-Baum. 69. Du ſchoͤpf' aus deinem Brunn und laß auch andre ſchoͤpfen! Ihr ſchoͤpfet ihn nicht aus mit Eimern, Kannen, Toͤpfen. Doch miß nicht ſeine Tief', und laß auch andre nicht Ihn meſſen, weil dadurch ihm die Quellader bricht. Dein gottgegebnes Gut ſei, dein mit Luſt beſeßnes, Ein dem Beduͤrfnis angemeßnes, ungemeßnes.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane04_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane04_1838/56
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane04_1838/56>, abgerufen am 28.11.2024.