Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839.Alswie die Sprache, die auf einmal sie ersann, Der nicht ein neues Wort der Geist zusetzen kann: Der Thurm von Babel, den zum Himmel sie gebaut, Von dessen Zinnen sie vernahmen Götterlaut. Der Thurm ist umgestürzt, der Himmel unerstiegen, Davon die Sprachen nun als Trümmerhaufen liegen, Wovon mit einem je sich je ein Volk begnügt, Und seinen Geistesbau daraus nothdürftig fügt. Der umgebaute Schutt, verwitternd Jahr um Jahr, Zeugt im Verfall noch klar, wie stark der Urbau war. Nun sucht die Wissenschaft mit künstlicher Verküttung Der Reste mühsam herzustellen die Zerrüttung. Doch nur die Kunst besiegt die Stoffverkümmerung, Die Uranfänglichs schafft auch aus Zertrümmerung. Alswie die Sprache, die auf einmal ſie erſann, Der nicht ein neues Wort der Geiſt zuſetzen kann: Der Thurm von Babel, den zum Himmel ſie gebaut, Von deſſen Zinnen ſie vernahmen Goͤtterlaut. Der Thurm iſt umgeſtuͤrzt, der Himmel unerſtiegen, Davon die Sprachen nun als Truͤmmerhaufen liegen, Wovon mit einem je ſich je ein Volk begnuͤgt, Und ſeinen Geiſtesbau daraus nothduͤrftig fuͤgt. Der umgebaute Schutt, verwitternd Jahr um Jahr, Zeugt im Verfall noch klar, wie ſtark der Urbau war. Nun ſucht die Wiſſenſchaft mit kuͤnſtlicher Verkuͤttung Der Reſte muͤhſam herzuſtellen die Zerruͤttung. Doch nur die Kunſt beſiegt die Stoffverkuͤmmerung, Die Uranfaͤnglichs ſchafft auch aus Zertruͤmmerung. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0134" n="124"/> <lg n="4"> <l>Alswie die Sprache, die auf einmal ſie erſann,</l><lb/> <l>Der nicht ein neues Wort der Geiſt zuſetzen kann:</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Der Thurm von Babel, den zum Himmel ſie gebaut,</l><lb/> <l>Von deſſen Zinnen ſie vernahmen Goͤtterlaut.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Der Thurm iſt umgeſtuͤrzt, der Himmel unerſtiegen,</l><lb/> <l>Davon die Sprachen nun als Truͤmmerhaufen liegen,</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Wovon mit einem je ſich je ein Volk begnuͤgt,</l><lb/> <l>Und ſeinen Geiſtesbau daraus nothduͤrftig fuͤgt.</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l>Der umgebaute Schutt, verwitternd Jahr um Jahr,</l><lb/> <l>Zeugt im Verfall noch klar, wie ſtark der Urbau war.</l> </lg><lb/> <lg n="9"> <l>Nun ſucht die Wiſſenſchaft mit kuͤnſtlicher Verkuͤttung</l><lb/> <l>Der Reſte muͤhſam herzuſtellen die Zerruͤttung.</l> </lg><lb/> <lg n="10"> <l>Doch nur die Kunſt beſiegt die Stoffverkuͤmmerung,</l><lb/> <l>Die Uranfaͤnglichs ſchafft auch aus Zertruͤmmerung.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [124/0134]
Alswie die Sprache, die auf einmal ſie erſann,
Der nicht ein neues Wort der Geiſt zuſetzen kann:
Der Thurm von Babel, den zum Himmel ſie gebaut,
Von deſſen Zinnen ſie vernahmen Goͤtterlaut.
Der Thurm iſt umgeſtuͤrzt, der Himmel unerſtiegen,
Davon die Sprachen nun als Truͤmmerhaufen liegen,
Wovon mit einem je ſich je ein Volk begnuͤgt,
Und ſeinen Geiſtesbau daraus nothduͤrftig fuͤgt.
Der umgebaute Schutt, verwitternd Jahr um Jahr,
Zeugt im Verfall noch klar, wie ſtark der Urbau war.
Nun ſucht die Wiſſenſchaft mit kuͤnſtlicher Verkuͤttung
Der Reſte muͤhſam herzuſtellen die Zerruͤttung.
Doch nur die Kunſt beſiegt die Stoffverkuͤmmerung,
Die Uranfaͤnglichs ſchafft auch aus Zertruͤmmerung.
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