Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839.8. Den ew'gen Faden zieht die Spinn' aus ihrem Leibe; Die Sammlerbiene füllt mit fremdem Seim die Scheibe. Spinnweb' ist Fliegengrab und keines Lebens Labe, Die Süßigkeit der Welt ist in der Honigwabe. Fleug, süße Poesie, auf Bienenraub von hinnen, Und laß Philosophie im grauen Netz der Spinnen. Ob die Philosophie die Spinn' im Netze sei, Ob selbst die Fliege drin, das ist nur einerlei. In keinem Falle wird sie fett bei diesem Schmaus, Ob ausgesogne Flieg', ob Fliegen saugend aus. 9. Hier schwanken siehest du im Bach der Sonne Bild, Doch unbeweglich dort steht fest ihr goldner Schild. Am Abend siehst du dann sie scheinbar untergehn, Indes der Erdball nur sich abdreht ihrem Stehn. 8. Den ew'gen Faden zieht die Spinn' aus ihrem Leibe; Die Sammlerbiene fuͤllt mit fremdem Seim die Scheibe. Spinnweb' iſt Fliegengrab und keines Lebens Labe, Die Suͤßigkeit der Welt iſt in der Honigwabe. Fleug, ſuͤße Poeſie, auf Bienenraub von hinnen, Und laß Philoſophie im grauen Netz der Spinnen. Ob die Philoſophie die Spinn' im Netze ſei, Ob ſelbſt die Fliege drin, das iſt nur einerlei. In keinem Falle wird ſie fett bei dieſem Schmaus, Ob ausgeſogne Flieg', ob Fliegen ſaugend aus. 9. Hier ſchwanken ſieheſt du im Bach der Sonne Bild, Doch unbeweglich dort ſteht feſt ihr goldner Schild. Am Abend ſiehſt du dann ſie ſcheinbar untergehn, Indes der Erdball nur ſich abdreht ihrem Stehn. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0018" n="8"/> <div n="2"> <head>8.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Den ew'gen Faden zieht die Spinn' aus ihrem Leibe;</l><lb/> <l>Die Sammlerbiene fuͤllt mit fremdem Seim die Scheibe.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Spinnweb' iſt Fliegengrab und keines Lebens Labe,</l><lb/> <l>Die Suͤßigkeit der Welt iſt in der Honigwabe.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Fleug, ſuͤße Poeſie, auf Bienenraub von hinnen,</l><lb/> <l>Und laß Philoſophie im grauen Netz der Spinnen.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Ob die Philoſophie die Spinn' im Netze ſei,</l><lb/> <l>Ob ſelbſt die Fliege drin, das iſt nur einerlei.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>In keinem Falle wird ſie fett bei dieſem Schmaus,</l><lb/> <l>Ob ausgeſogne Flieg', ob Fliegen ſaugend aus.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>9.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Hier ſchwanken ſieheſt du im Bach der Sonne Bild,</l><lb/> <l>Doch unbeweglich dort ſteht feſt ihr goldner Schild.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Am Abend ſiehſt du dann ſie ſcheinbar untergehn,</l><lb/> <l>Indes der Erdball nur ſich abdreht ihrem Stehn.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [8/0018]
8.
Den ew'gen Faden zieht die Spinn' aus ihrem Leibe;
Die Sammlerbiene fuͤllt mit fremdem Seim die Scheibe.
Spinnweb' iſt Fliegengrab und keines Lebens Labe,
Die Suͤßigkeit der Welt iſt in der Honigwabe.
Fleug, ſuͤße Poeſie, auf Bienenraub von hinnen,
Und laß Philoſophie im grauen Netz der Spinnen.
Ob die Philoſophie die Spinn' im Netze ſei,
Ob ſelbſt die Fliege drin, das iſt nur einerlei.
In keinem Falle wird ſie fett bei dieſem Schmaus,
Ob ausgeſogne Flieg', ob Fliegen ſaugend aus.
9.
Hier ſchwanken ſieheſt du im Bach der Sonne Bild,
Doch unbeweglich dort ſteht feſt ihr goldner Schild.
Am Abend ſiehſt du dann ſie ſcheinbar untergehn,
Indes der Erdball nur ſich abdreht ihrem Stehn.
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