Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite
28.
Du sagst, es ist die Welt geartet zum Entarten,
Und weiter stets von Gott abführen ihre Fahrten.
Ich aber sage dir: Sie ist alswie sie war,
Dieselbige, wie Gott derselb' ist immerdar.
Von wannen kommt sie denn? Von Gott. Wo geht sie hin?
Zu Gott zurück. So schwebt in Gott sie mittenin.
Und ferner, näher, ist sie ihm auf keinem Schritte,
Der wie am Anfang und am End' ist in der Mitte.
Du sagst: des Göttlichen, das sie zuerst empfangen,
Ist im Verlauf der Zeit ihr mehr und mehr entgangen.
Verlodert ist der Geist, gleich Düften die zerstieben,
Und immer todter ist der Stoff zurückgeblieben.
Ich aber sage dir: Kein Seelendüftchen gieng
Ihr aus, dafür sie nicht ein anderes empfieng.
Der Othem Gottes wirkt nicht nur der Blum' Entfaltung,
Ihre Erhaltung auch und ew'ge Umgestaltung.
28.
Du ſagſt, es iſt die Welt geartet zum Entarten,
Und weiter ſtets von Gott abfuͤhren ihre Fahrten.
Ich aber ſage dir: Sie iſt alswie ſie war,
Dieſelbige, wie Gott derſelb' iſt immerdar.
Von wannen kommt ſie denn? Von Gott. Wo geht ſie hin?
Zu Gott zuruͤck. So ſchwebt in Gott ſie mittenin.
Und ferner, naͤher, iſt ſie ihm auf keinem Schritte,
Der wie am Anfang und am End' iſt in der Mitte.
Du ſagſt: des Goͤttlichen, das ſie zuerſt empfangen,
Iſt im Verlauf der Zeit ihr mehr und mehr entgangen.
Verlodert iſt der Geiſt, gleich Duͤften die zerſtieben,
Und immer todter iſt der Stoff zuruͤckgeblieben.
Ich aber ſage dir: Kein Seelenduͤftchen gieng
Ihr aus, dafuͤr ſie nicht ein anderes empfieng.
Der Othem Gottes wirkt nicht nur der Blum' Entfaltung,
Ihre Erhaltung auch und ew'ge Umgeſtaltung.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0254" n="244"/>
        <div n="2">
          <head>28.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Du &#x017F;ag&#x017F;t, es i&#x017F;t die Welt geartet zum Entarten,</l><lb/>
              <l>Und weiter &#x017F;tets von Gott abfu&#x0364;hren ihre Fahrten.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Ich aber &#x017F;age dir: Sie i&#x017F;t alswie &#x017F;ie war,</l><lb/>
              <l>Die&#x017F;elbige, wie Gott der&#x017F;elb' i&#x017F;t immerdar.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Von wannen kommt &#x017F;ie denn? Von Gott. Wo geht &#x017F;ie hin?</l><lb/>
              <l>Zu Gott zuru&#x0364;ck. So &#x017F;chwebt in Gott &#x017F;ie mittenin.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Und ferner, na&#x0364;her, i&#x017F;t &#x017F;ie ihm auf keinem Schritte,</l><lb/>
              <l>Der wie am Anfang und am End' i&#x017F;t in der Mitte.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Du &#x017F;ag&#x017F;t: des Go&#x0364;ttlichen, das &#x017F;ie zuer&#x017F;t empfangen,</l><lb/>
              <l>I&#x017F;t im Verlauf der Zeit ihr mehr und mehr entgangen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>Verlodert i&#x017F;t der Gei&#x017F;t, gleich Du&#x0364;ften die zer&#x017F;tieben,</l><lb/>
              <l>Und immer todter i&#x017F;t der Stoff zuru&#x0364;ckgeblieben.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="7">
              <l>Ich aber &#x017F;age dir: Kein Seelendu&#x0364;ftchen gieng</l><lb/>
              <l>Ihr aus, dafu&#x0364;r &#x017F;ie nicht ein anderes empfieng.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="8">
              <l>Der Othem Gottes wirkt nicht nur der Blum' Entfaltung,</l><lb/>
              <l>Ihre Erhaltung auch und ew'ge Umge&#x017F;taltung.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[244/0254] 28. Du ſagſt, es iſt die Welt geartet zum Entarten, Und weiter ſtets von Gott abfuͤhren ihre Fahrten. Ich aber ſage dir: Sie iſt alswie ſie war, Dieſelbige, wie Gott derſelb' iſt immerdar. Von wannen kommt ſie denn? Von Gott. Wo geht ſie hin? Zu Gott zuruͤck. So ſchwebt in Gott ſie mittenin. Und ferner, naͤher, iſt ſie ihm auf keinem Schritte, Der wie am Anfang und am End' iſt in der Mitte. Du ſagſt: des Goͤttlichen, das ſie zuerſt empfangen, Iſt im Verlauf der Zeit ihr mehr und mehr entgangen. Verlodert iſt der Geiſt, gleich Duͤften die zerſtieben, Und immer todter iſt der Stoff zuruͤckgeblieben. Ich aber ſage dir: Kein Seelenduͤftchen gieng Ihr aus, dafuͤr ſie nicht ein anderes empfieng. Der Othem Gottes wirkt nicht nur der Blum' Entfaltung, Ihre Erhaltung auch und ew'ge Umgeſtaltung.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839/254
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839/254>, abgerufen am 23.11.2024.