Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839.68. Die Güter unter'm Werth verächtlich anzuschlagen, Herabzusetzen sie, um leichter zu entsagen, Ist nur ein Kunstgriff, der wo's gilt dich läßt in Stich. Viel anders als du dich gedacht hast, fühlst du dich. Man fühlt, was man gehabt, wann man es lassen muß; Was hilft es, sich zuvor verkümmern den Genuß? Drum laß in ihrem Werth die Güter fein bestehn, Besonnen im Besitz, besonnen im Entgehn. 69. Wer strebte nach dem Ziel, wenn er so fern es sähe, Wie's wirklich ist? der Wunsch sieht alles in der Nähe. Und wenn du näher rückst, und merkst den Augentrug, Treibt weiter dich der Trieb, der einmal ist im Zug. 68. Die Guͤter unter'm Werth veraͤchtlich anzuſchlagen, Herabzuſetzen ſie, um leichter zu entſagen, Iſt nur ein Kunſtgriff, der wo's gilt dich laͤßt in Stich. Viel anders als du dich gedacht haſt, fuͤhlſt du dich. Man fuͤhlt, was man gehabt, wann man es laſſen muß; Was hilft es, ſich zuvor verkuͤmmern den Genuß? Drum laß in ihrem Werth die Guͤter fein beſtehn, Beſonnen im Beſitz, beſonnen im Entgehn. 69. Wer ſtrebte nach dem Ziel, wenn er ſo fern es ſaͤhe, Wie's wirklich iſt? der Wunſch ſieht alles in der Naͤhe. Und wenn du naͤher ruͤckſt, und merkſt den Augentrug, Treibt weiter dich der Trieb, der einmal iſt im Zug. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0283" n="273"/> <div n="2"> <head>68.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Die Guͤter unter'm Werth veraͤchtlich anzuſchlagen,</l><lb/> <l>Herabzuſetzen ſie, um leichter zu entſagen,</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Iſt nur ein Kunſtgriff, der wo's gilt dich laͤßt in Stich.</l><lb/> <l>Viel anders als du dich gedacht haſt, fuͤhlſt du dich.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Man fuͤhlt, was man gehabt, wann man es laſſen muß;</l><lb/> <l>Was hilft es, ſich zuvor verkuͤmmern den Genuß?</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Drum laß in ihrem Werth die Guͤter fein beſtehn,</l><lb/> <l>Beſonnen im Beſitz, beſonnen im Entgehn.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>69.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Wer ſtrebte nach dem Ziel, wenn er ſo fern es ſaͤhe,</l><lb/> <l>Wie's wirklich iſt? der Wunſch ſieht alles in der Naͤhe.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Und wenn du naͤher ruͤckſt, und merkſt den Augentrug,</l><lb/> <l>Treibt weiter dich der Trieb, der einmal iſt im Zug.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [273/0283]
68.
Die Guͤter unter'm Werth veraͤchtlich anzuſchlagen,
Herabzuſetzen ſie, um leichter zu entſagen,
Iſt nur ein Kunſtgriff, der wo's gilt dich laͤßt in Stich.
Viel anders als du dich gedacht haſt, fuͤhlſt du dich.
Man fuͤhlt, was man gehabt, wann man es laſſen muß;
Was hilft es, ſich zuvor verkuͤmmern den Genuß?
Drum laß in ihrem Werth die Guͤter fein beſtehn,
Beſonnen im Beſitz, beſonnen im Entgehn.
69.
Wer ſtrebte nach dem Ziel, wenn er ſo fern es ſaͤhe,
Wie's wirklich iſt? der Wunſch ſieht alles in der Naͤhe.
Und wenn du naͤher ruͤckſt, und merkſt den Augentrug,
Treibt weiter dich der Trieb, der einmal iſt im Zug.
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