Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite
Der alte Brei wird umgerührt im neuen Topf;
Was auf den Füßen stand, das steht nun auf dem Kopf.
Laß diesem Chaos uns der Meinungen entfliehn,
Zurück ins heitere Gebiet der Kunst uns ziehn.
Ihr Frühlingschöpferhauch entfaltet bunte Welten,
Die rund und ruh'nd in sich, einander lassen gelten.
Gleich Blumen blühen sie, und welken Blumen-gleich,
Auslebend Glanz und Duft, und sterbend samenreich.
Was hat ein Denker denn ergründet und begründet,
Das nicht ein Sehermund in Ahnung vorverkündet?
Und welches Wissen ist nicht blasengleich zerronnen,
Das nicht in Kunstkristall Gediegenheit gewonnen?
O Schönheit, bring es doch der Schwester Weisheit bei,
Daß ohne dich ein Bild sie ohn' Erscheinung sei.

Der alte Brei wird umgeruͤhrt im neuen Topf;
Was auf den Fuͤßen ſtand, das ſteht nun auf dem Kopf.
Laß dieſem Chaos uns der Meinungen entfliehn,
Zuruͤck ins heitere Gebiet der Kunſt uns ziehn.
Ihr Fruͤhlingſchoͤpferhauch entfaltet bunte Welten,
Die rund und ruh'nd in ſich, einander laſſen gelten.
Gleich Blumen bluͤhen ſie, und welken Blumen-gleich,
Auslebend Glanz und Duft, und ſterbend ſamenreich.
Was hat ein Denker denn ergruͤndet und begruͤndet,
Das nicht ein Sehermund in Ahnung vorverkuͤndet?
Und welches Wiſſen iſt nicht blaſengleich zerronnen,
Das nicht in Kunſtkriſtall Gediegenheit gewonnen?
O Schoͤnheit, bring es doch der Schweſter Weisheit bei,
Daß ohne dich ein Bild ſie ohn' Erſcheinung ſei.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0296" n="286"/>
            <lg n="5">
              <l>Der alte Brei wird umgeru&#x0364;hrt im neuen Topf;</l><lb/>
              <l>Was auf den Fu&#x0364;ßen &#x017F;tand, das &#x017F;teht nun auf dem Kopf.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>Laß die&#x017F;em Chaos uns der Meinungen entfliehn,</l><lb/>
              <l>Zuru&#x0364;ck ins heitere Gebiet der Kun&#x017F;t uns ziehn.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="7">
              <l>Ihr Fru&#x0364;hling&#x017F;cho&#x0364;pferhauch entfaltet bunte Welten,</l><lb/>
              <l>Die rund und ruh'nd in &#x017F;ich, einander la&#x017F;&#x017F;en gelten.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="8">
              <l>Gleich Blumen blu&#x0364;hen &#x017F;ie, und welken Blumen-gleich,</l><lb/>
              <l>Auslebend Glanz und Duft, und &#x017F;terbend &#x017F;amenreich.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="9">
              <l>Was hat ein Denker denn ergru&#x0364;ndet und begru&#x0364;ndet,</l><lb/>
              <l>Das nicht ein Sehermund in Ahnung vorverku&#x0364;ndet?</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="10">
              <l>Und welches Wi&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t nicht bla&#x017F;engleich zerronnen,</l><lb/>
              <l>Das nicht in Kun&#x017F;tkri&#x017F;tall Gediegenheit gewonnen?</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="11">
              <l>O Scho&#x0364;nheit, bring es doch der Schwe&#x017F;ter Weisheit bei,</l><lb/>
              <l>Daß ohne dich ein Bild &#x017F;ie ohn' Er&#x017F;cheinung &#x017F;ei.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[286/0296] Der alte Brei wird umgeruͤhrt im neuen Topf; Was auf den Fuͤßen ſtand, das ſteht nun auf dem Kopf. Laß dieſem Chaos uns der Meinungen entfliehn, Zuruͤck ins heitere Gebiet der Kunſt uns ziehn. Ihr Fruͤhlingſchoͤpferhauch entfaltet bunte Welten, Die rund und ruh'nd in ſich, einander laſſen gelten. Gleich Blumen bluͤhen ſie, und welken Blumen-gleich, Auslebend Glanz und Duft, und ſterbend ſamenreich. Was hat ein Denker denn ergruͤndet und begruͤndet, Das nicht ein Sehermund in Ahnung vorverkuͤndet? Und welches Wiſſen iſt nicht blaſengleich zerronnen, Das nicht in Kunſtkriſtall Gediegenheit gewonnen? O Schoͤnheit, bring es doch der Schweſter Weisheit bei, Daß ohne dich ein Bild ſie ohn' Erſcheinung ſei.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839/296
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839/296>, abgerufen am 27.11.2024.