Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839.6. Warum läßt Volksmundart von Frauenlippen sich So lieblich hören, als von Männern widerlich? Wie rein der Reinheit, ist der Schönheit alles schön; Du hörest, auch wenn sie's nicht spräch', ein Wohlgetön, Die Anmuth ist es, die, alswie die Landestracht, Auch Landesart und Sprach' am Weib anmuthig macht. Das Weib natürlich mag in der Natur verharren; Der Mann wird, wenn ers will, zum Tölpel oder Narren. Ein leichter Anflug nur von Mundart steht ihm gut, Alswie ein Erdgeschmack der Reben edlem Blut. 7. Ich saß am Baum und schrieb, und weil ich stille war, Wagte sich scheu heran ein Thierlein hie und dar. Vorsichtig spähend schlich ein Eichhorn über'n Zaun; Als ich die Hand erhob, wich es zurück mit Graun. 6. Warum laͤßt Volksmundart von Frauenlippen ſich So lieblich hoͤren, als von Maͤnnern widerlich? Wie rein der Reinheit, iſt der Schoͤnheit alles ſchoͤn; Du hoͤreſt, auch wenn ſie's nicht ſpraͤch', ein Wohlgetoͤn, Die Anmuth iſt es, die, alswie die Landestracht, Auch Landesart und Sprach' am Weib anmuthig macht. Das Weib natuͤrlich mag in der Natur verharren; Der Mann wird, wenn ers will, zum Toͤlpel oder Narren. Ein leichter Anflug nur von Mundart ſteht ihm gut, Alswie ein Erdgeſchmack der Reben edlem Blut. 7. Ich ſaß am Baum und ſchrieb, und weil ich ſtille war, Wagte ſich ſcheu heran ein Thierlein hie und dar. Vorſichtig ſpaͤhend ſchlich ein Eichhorn uͤber'n Zaun; Als ich die Hand erhob, wich es zuruͤck mit Graun. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0315" n="305"/> <div n="2"> <head>6.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Warum laͤßt Volksmundart von Frauenlippen ſich</l><lb/> <l>So lieblich hoͤren, als von Maͤnnern widerlich?</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Wie rein der Reinheit, iſt der Schoͤnheit alles ſchoͤn;</l><lb/> <l>Du hoͤreſt, auch wenn ſie's nicht ſpraͤch', ein Wohlgetoͤn,</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Die Anmuth iſt es, die, alswie die Landestracht,</l><lb/> <l>Auch Landesart und Sprach' am Weib anmuthig macht.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Das Weib natuͤrlich mag in der Natur verharren;</l><lb/> <l>Der Mann wird, wenn ers will, zum Toͤlpel oder Narren.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Ein leichter Anflug nur von Mundart ſteht ihm gut,</l><lb/> <l>Alswie ein Erdgeſchmack der Reben edlem Blut.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>7.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Ich ſaß am Baum und ſchrieb, und weil ich ſtille war,</l><lb/> <l>Wagte ſich ſcheu heran ein Thierlein hie und dar.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Vorſichtig ſpaͤhend ſchlich ein Eichhorn uͤber'n Zaun;</l><lb/> <l>Als ich die Hand erhob, wich es zuruͤck mit Graun.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [305/0315]
6.
Warum laͤßt Volksmundart von Frauenlippen ſich
So lieblich hoͤren, als von Maͤnnern widerlich?
Wie rein der Reinheit, iſt der Schoͤnheit alles ſchoͤn;
Du hoͤreſt, auch wenn ſie's nicht ſpraͤch', ein Wohlgetoͤn,
Die Anmuth iſt es, die, alswie die Landestracht,
Auch Landesart und Sprach' am Weib anmuthig macht.
Das Weib natuͤrlich mag in der Natur verharren;
Der Mann wird, wenn ers will, zum Toͤlpel oder Narren.
Ein leichter Anflug nur von Mundart ſteht ihm gut,
Alswie ein Erdgeſchmack der Reben edlem Blut.
7.
Ich ſaß am Baum und ſchrieb, und weil ich ſtille war,
Wagte ſich ſcheu heran ein Thierlein hie und dar.
Vorſichtig ſpaͤhend ſchlich ein Eichhorn uͤber'n Zaun;
Als ich die Hand erhob, wich es zuruͤck mit Graun.
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