Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite
Und die unheimlichen Nachtgeister trieben wieder
Mich zu der Welt Getös, dem ich entflohn war, nieder.
O Herz, das zwischen Welt und der Natur du schwebst,
Der einen scheu entstrebst, und vor der andern bebst!

9.
Ein heiteres Gemüt ist gleich in jeder Lage,
Doch lieblich wechselnd, wie der See am schönen Tage;
Der amethysten scheint, smaragden und saffieren,
In Farben spielend, die in Farben sich verlieren.
Wie ihn die Sonn' anregt, wie ihn ein Hauch bewegt,
Ist er mit anderen Juwelen überlegt.
Nach der Verschiedenheit vom Ufer und vom Grund,
Thut dir sein flüssiges Gestein sich anders kund.
Und jedes Wellchen, das der Flut von Edelsteinen
Entsteigt, läßt auf der Stirn ein Demantflämmchen scheinen.
Doch wo des Ruders Schlag den Spiegel bricht, erfreut
Dich eine Demantsaat, verschwendrisch ausgestreut.

Und die unheimlichen Nachtgeiſter trieben wieder
Mich zu der Welt Getoͤs, dem ich entflohn war, nieder.
O Herz, das zwiſchen Welt und der Natur du ſchwebſt,
Der einen ſcheu entſtrebſt, und vor der andern bebſt!

9.
Ein heiteres Gemuͤt iſt gleich in jeder Lage,
Doch lieblich wechſelnd, wie der See am ſchoͤnen Tage;
Der amethyſten ſcheint, ſmaragden und ſaffieren,
In Farben ſpielend, die in Farben ſich verlieren.
Wie ihn die Sonn' anregt, wie ihn ein Hauch bewegt,
Iſt er mit anderen Juwelen uͤberlegt.
Nach der Verſchiedenheit vom Ufer und vom Grund,
Thut dir ſein fluͤſſiges Geſtein ſich anders kund.
Und jedes Wellchen, das der Flut von Edelſteinen
Entſteigt, laͤßt auf der Stirn ein Demantflaͤmmchen ſcheinen.
Doch wo des Ruders Schlag den Spiegel bricht, erfreut
Dich eine Demantſaat, verſchwendriſch ausgeſtreut.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0317" n="307"/>
            <lg n="5">
              <l>Und die unheimlichen Nachtgei&#x017F;ter trieben wieder</l><lb/>
              <l>Mich zu der Welt Geto&#x0364;s, dem ich entflohn war, nieder.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>O Herz, das zwi&#x017F;chen Welt und der Natur du &#x017F;chweb&#x017F;t,</l><lb/>
              <l>Der einen &#x017F;cheu ent&#x017F;treb&#x017F;t, und vor der andern beb&#x017F;t!</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>9.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Ein heiteres Gemu&#x0364;t i&#x017F;t gleich in jeder Lage,</l><lb/>
              <l>Doch lieblich wech&#x017F;elnd, wie der See am &#x017F;cho&#x0364;nen Tage;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Der amethy&#x017F;ten &#x017F;cheint, &#x017F;maragden und &#x017F;affieren,</l><lb/>
              <l>In Farben &#x017F;pielend, die in Farben &#x017F;ich verlieren.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Wie ihn die Sonn' anregt, wie ihn ein Hauch bewegt,</l><lb/>
              <l>I&#x017F;t er mit anderen Juwelen u&#x0364;berlegt.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Nach der Ver&#x017F;chiedenheit vom Ufer und vom Grund,</l><lb/>
              <l>Thut dir &#x017F;ein flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;iges Ge&#x017F;tein &#x017F;ich anders kund.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Und jedes Wellchen, das der Flut von Edel&#x017F;teinen</l><lb/>
              <l>Ent&#x017F;teigt, la&#x0364;ßt auf der Stirn ein Demantfla&#x0364;mmchen &#x017F;cheinen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>Doch wo des Ruders Schlag den Spiegel bricht, erfreut</l><lb/>
              <l>Dich eine Demant&#x017F;aat, ver&#x017F;chwendri&#x017F;ch ausge&#x017F;treut.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[307/0317] Und die unheimlichen Nachtgeiſter trieben wieder Mich zu der Welt Getoͤs, dem ich entflohn war, nieder. O Herz, das zwiſchen Welt und der Natur du ſchwebſt, Der einen ſcheu entſtrebſt, und vor der andern bebſt! 9. Ein heiteres Gemuͤt iſt gleich in jeder Lage, Doch lieblich wechſelnd, wie der See am ſchoͤnen Tage; Der amethyſten ſcheint, ſmaragden und ſaffieren, In Farben ſpielend, die in Farben ſich verlieren. Wie ihn die Sonn' anregt, wie ihn ein Hauch bewegt, Iſt er mit anderen Juwelen uͤberlegt. Nach der Verſchiedenheit vom Ufer und vom Grund, Thut dir ſein fluͤſſiges Geſtein ſich anders kund. Und jedes Wellchen, das der Flut von Edelſteinen Entſteigt, laͤßt auf der Stirn ein Demantflaͤmmchen ſcheinen. Doch wo des Ruders Schlag den Spiegel bricht, erfreut Dich eine Demantſaat, verſchwendriſch ausgeſtreut.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839/317
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839/317>, abgerufen am 23.11.2024.