Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 6. Leipzig, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite
53.
Die Welt ist immer ganz, die du in Theile brachtest;
Ein Ganzes wird der Theil, den du für sich betrachtest:
Wie einen Blumenstraus aus einem Kranz heraus
Du nehmen kannst und dann ein Blümchen aus dem Straus;
Und alle Blumen kannst in Sträuße wieder fügen,
Und immer neu den Kranz erschaffen zum Vergnügen.
Wirst mit einander du Unähnlichstes verbinden,
Wird sich die Aehnlichkeit von selbst dazwischen finden.
Von jedem Dinge geht zu jedem eine Brücke,
Und augenblicklich füllt Einbildungskraft die Lücke.
Doch das Gefühl, womit du sie auf dich beziehst,
Macht daß du schön um dich die Welt geordnet siehst.

53.
Die Welt iſt immer ganz, die du in Theile brachteſt;
Ein Ganzes wird der Theil, den du fuͤr ſich betrachteſt:
Wie einen Blumenſtraus aus einem Kranz heraus
Du nehmen kannſt und dann ein Bluͤmchen aus dem Straus;
Und alle Blumen kannſt in Straͤuße wieder fuͤgen,
Und immer neu den Kranz erſchaffen zum Vergnuͤgen.
Wirſt mit einander du Unaͤhnlichſtes verbinden,
Wird ſich die Aehnlichkeit von ſelbſt dazwiſchen finden.
Von jedem Dinge geht zu jedem eine Bruͤcke,
Und augenblicklich fuͤllt Einbildungskraft die Luͤcke.
Doch das Gefuͤhl, womit du ſie auf dich beziehſt,
Macht daß du ſchoͤn um dich die Welt geordnet ſiehſt.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0153" n="143"/>
        <div n="2">
          <head>53.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l/>
            <lg n="1">
              <l>Die Welt i&#x017F;t immer ganz, die du in Theile brachte&#x017F;t;</l><lb/>
              <l>Ein Ganzes wird der Theil, den du fu&#x0364;r &#x017F;ich betrachte&#x017F;t:</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Wie einen Blumen&#x017F;traus aus einem Kranz heraus</l><lb/>
              <l>Du nehmen kann&#x017F;t und dann ein Blu&#x0364;mchen aus dem Straus;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Und alle Blumen kann&#x017F;t in Stra&#x0364;uße wieder fu&#x0364;gen,</l><lb/>
              <l>Und immer neu den Kranz er&#x017F;chaffen zum Vergnu&#x0364;gen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Wir&#x017F;t mit einander du Una&#x0364;hnlich&#x017F;tes verbinden,</l><lb/>
              <l>Wird &#x017F;ich die Aehnlichkeit von &#x017F;elb&#x017F;t dazwi&#x017F;chen finden.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Von jedem Dinge geht zu jedem eine Bru&#x0364;cke,</l><lb/>
              <l>Und augenblicklich fu&#x0364;llt Einbildungskraft die Lu&#x0364;cke.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>Doch das Gefu&#x0364;hl, womit du &#x017F;ie auf dich bezieh&#x017F;t,</l><lb/>
              <l>Macht daß du &#x017F;cho&#x0364;n um dich die Welt geordnet &#x017F;ieh&#x017F;t.</l>
            </lg><lb/>
            <l/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[143/0153] 53. Die Welt iſt immer ganz, die du in Theile brachteſt; Ein Ganzes wird der Theil, den du fuͤr ſich betrachteſt: Wie einen Blumenſtraus aus einem Kranz heraus Du nehmen kannſt und dann ein Bluͤmchen aus dem Straus; Und alle Blumen kannſt in Straͤuße wieder fuͤgen, Und immer neu den Kranz erſchaffen zum Vergnuͤgen. Wirſt mit einander du Unaͤhnlichſtes verbinden, Wird ſich die Aehnlichkeit von ſelbſt dazwiſchen finden. Von jedem Dinge geht zu jedem eine Bruͤcke, Und augenblicklich fuͤllt Einbildungskraft die Luͤcke. Doch das Gefuͤhl, womit du ſie auf dich beziehſt, Macht daß du ſchoͤn um dich die Welt geordnet ſiehſt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane06_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane06_1839/153
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 6. Leipzig, 1839, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane06_1839/153>, abgerufen am 24.11.2024.