Wer hat dir, Menschengeist, die Wunder offenbart Des Laufs der Sternenwelt? Du hast sie selbst gewahrt.
Durch tausendjährige Beobachtung des Scheins Gelangte dein Begriff zum Mittelpunkt des Seins.
Durch Schlüsse fandest du, und prüftest durch Erfahrung; Bedarfst du, Menschengeist, wol andrer Offenbarung?
87.
Wozu sind all die Stern' am Himmel nur gemacht? Mit goldnem Flitter wol zu schmücken unsre Nacht?
Dazu sind sie gemacht, doch nur dem Kindersinn. Was hat des Manns Verstand von ihnen für Gewinn?
Er hätte, scheints, genug an Sonn' und Mond allein, Zum Licht im Erdenhaus, und brauchte nicht den Schein.
Statt müßig aufzuschaun in zahllos fremde Welten, Wär' es nicht besser daß die eigne wir bestellten?
86.
Wer hat dir, Menſchengeiſt, die Wunder offenbart Des Laufs der Sternenwelt? Du haſt ſie ſelbſt gewahrt.
Durch tauſendjaͤhrige Beobachtung des Scheins Gelangte dein Begriff zum Mittelpunkt des Seins.
Durch Schluͤſſe fandeſt du, und pruͤfteſt durch Erfahrung; Bedarfſt du, Menſchengeiſt, wol andrer Offenbarung?
87.
Wozu ſind all die Stern' am Himmel nur gemacht? Mit goldnem Flitter wol zu ſchmuͤcken unſre Nacht?
Dazu ſind ſie gemacht, doch nur dem Kinderſinn. Was hat des Manns Verſtand von ihnen fuͤr Gewinn?
Er haͤtte, ſcheints, genug an Sonn' und Mond allein, Zum Licht im Erdenhaus, und brauchte nicht den Schein.
Statt muͤßig aufzuſchaun in zahllos fremde Welten, Waͤr' es nicht beſſer daß die eigne wir beſtellten?
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0176"n="166"/><divn="2"><head>86.</head><lb/><lgtype="poem"><l/><lgn="1"><l>Wer hat dir, Menſchengeiſt, die Wunder offenbart</l><lb/><l>Des Laufs der Sternenwelt? Du haſt ſie ſelbſt gewahrt.</l></lg><lb/><lgn="2"><l>Durch tauſendjaͤhrige Beobachtung des Scheins</l><lb/><l>Gelangte dein Begriff zum Mittelpunkt des Seins.</l></lg><lb/><lgn="3"><l>Durch Schluͤſſe fandeſt du, und pruͤfteſt durch Erfahrung;</l><lb/><l>Bedarfſt du, Menſchengeiſt, wol andrer Offenbarung?</l></lg><lb/><l/></lg></div><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><head>87.</head><lb/><lgtype="poem"><l/><lgn="1"><l>Wozu ſind all die Stern' am Himmel nur gemacht?</l><lb/><l>Mit goldnem Flitter wol zu ſchmuͤcken unſre Nacht?</l></lg><lb/><lgn="2"><l>Dazu ſind ſie gemacht, doch nur dem Kinderſinn.</l><lb/><l>Was hat des Manns Verſtand von ihnen fuͤr Gewinn?</l></lg><lb/><lgn="3"><l>Er haͤtte, ſcheints, genug an Sonn' und Mond allein,</l><lb/><l>Zum Licht im Erdenhaus, und brauchte nicht den Schein.</l></lg><lb/><lgn="4"><l>Statt muͤßig aufzuſchaun in zahllos fremde Welten,</l><lb/><l>Waͤr' es nicht beſſer daß die eigne wir beſtellten?</l></lg><lb/><l></l></lg></div></div></body></text></TEI>
[166/0176]
86.
Wer hat dir, Menſchengeiſt, die Wunder offenbart
Des Laufs der Sternenwelt? Du haſt ſie ſelbſt gewahrt.
Durch tauſendjaͤhrige Beobachtung des Scheins
Gelangte dein Begriff zum Mittelpunkt des Seins.
Durch Schluͤſſe fandeſt du, und pruͤfteſt durch Erfahrung;
Bedarfſt du, Menſchengeiſt, wol andrer Offenbarung?
87.
Wozu ſind all die Stern' am Himmel nur gemacht?
Mit goldnem Flitter wol zu ſchmuͤcken unſre Nacht?
Dazu ſind ſie gemacht, doch nur dem Kinderſinn.
Was hat des Manns Verſtand von ihnen fuͤr Gewinn?
Er haͤtte, ſcheints, genug an Sonn' und Mond allein,
Zum Licht im Erdenhaus, und brauchte nicht den Schein.
Statt muͤßig aufzuſchaun in zahllos fremde Welten,
Waͤr' es nicht beſſer daß die eigne wir beſtellten?
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 6. Leipzig, 1839, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane06_1839/176>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.