Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 6. Leipzig, 1839.Doch übersetz' aus ihr, so findest du sie reich; So findest du zuletzt die zwei ungleichsten gleich; Verschiednen Blumen gleich, in ihrer Art vollkommen, Daß nichts hinzugethan kann seyn noch weggenommen. Es wäre doch, beim Lenz! ein seltsames Ergetzen, Rosen in Mohn und Mohn in Rosen übersetzen. In fremder Sprache sieht befremdlich Alles aus, Wie alles ungewohnt im unbekannten Haus. Doch willst du dir daselbst gefallen als ein Gast, Mußt du vergessen daß zu Haus du's anders hast. Dann von dem fremden Schmuck, soviel dir mag behagen, Magst du in deinem Sinn mit dir nach Hause tragen, Und dort anbringen, was du dir hast eingeprägt, Soweit es sich mit Hausbequemlichkeit verträgt. Dazu nützt der Verkehr der Sprachen und Gedanken, Daß man erweitert, wenn schon auf nicht hebt, die Schranken. Beschränktheit nur ist arm, Beschränkung aber reich; Wer etwas seyn will, kann nicht alles seyn zugleich. Doch uͤberſetz' aus ihr, ſo findeſt du ſie reich; So findeſt du zuletzt die zwei ungleichſten gleich; Verſchiednen Blumen gleich, in ihrer Art vollkommen, Daß nichts hinzugethan kann ſeyn noch weggenommen. Es waͤre doch, beim Lenz! ein ſeltſames Ergetzen, Roſen in Mohn und Mohn in Roſen uͤberſetzen. In fremder Sprache ſieht befremdlich Alles aus, Wie alles ungewohnt im unbekannten Haus. Doch willſt du dir daſelbſt gefallen als ein Gaſt, Mußt du vergeſſen daß zu Haus du's anders haſt. Dann von dem fremden Schmuck, ſoviel dir mag behagen, Magſt du in deinem Sinn mit dir nach Hauſe tragen, Und dort anbringen, was du dir haſt eingepraͤgt, Soweit es ſich mit Hausbequemlichkeit vertraͤgt. Dazu nuͤtzt der Verkehr der Sprachen und Gedanken, Daß man erweitert, wenn ſchon auf nicht hebt, die Schranken. Beſchraͤnktheit nur iſt arm, Beſchraͤnkung aber reich; Wer etwas ſeyn will, kann nicht alles ſeyn zugleich. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <l> <pb facs="#f0269" n="259"/> </l> <lg n="4"> <l>Doch uͤberſetz' aus ihr, ſo findeſt du ſie reich;</l><lb/> <l>So findeſt du zuletzt die zwei ungleichſten gleich;</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Verſchiednen Blumen gleich, in ihrer Art vollkommen,</l><lb/> <l>Daß nichts hinzugethan kann ſeyn noch weggenommen.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Es waͤre doch, beim Lenz! ein ſeltſames Ergetzen,</l><lb/> <l>Roſen in Mohn und Mohn in Roſen uͤberſetzen.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>In fremder Sprache ſieht befremdlich Alles aus,</l><lb/> <l>Wie alles ungewohnt im unbekannten Haus.</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l>Doch willſt du dir daſelbſt gefallen als ein Gaſt,</l><lb/> <l>Mußt du vergeſſen daß zu Haus du's anders haſt.</l> </lg><lb/> <lg n="9"> <l>Dann von dem fremden Schmuck, ſoviel dir mag behagen,</l><lb/> <l>Magſt du in deinem Sinn mit dir nach Hauſe tragen,</l> </lg><lb/> <lg n="10"> <l>Und dort anbringen, was du dir haſt eingepraͤgt,</l><lb/> <l>Soweit es ſich mit Hausbequemlichkeit vertraͤgt.</l> </lg><lb/> <lg n="11"> <l>Dazu nuͤtzt der Verkehr der Sprachen und Gedanken,</l><lb/> <l>Daß man erweitert, wenn ſchon auf nicht hebt, die Schranken.</l> </lg><lb/> <lg n="12"> <l>Beſchraͤnktheit nur iſt arm, Beſchraͤnkung aber reich;</l><lb/> <l>Wer etwas ſeyn will, kann nicht alles ſeyn zugleich.</l> </lg><lb/> <l/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [259/0269]
Doch uͤberſetz' aus ihr, ſo findeſt du ſie reich;
So findeſt du zuletzt die zwei ungleichſten gleich;
Verſchiednen Blumen gleich, in ihrer Art vollkommen,
Daß nichts hinzugethan kann ſeyn noch weggenommen.
Es waͤre doch, beim Lenz! ein ſeltſames Ergetzen,
Roſen in Mohn und Mohn in Roſen uͤberſetzen.
In fremder Sprache ſieht befremdlich Alles aus,
Wie alles ungewohnt im unbekannten Haus.
Doch willſt du dir daſelbſt gefallen als ein Gaſt,
Mußt du vergeſſen daß zu Haus du's anders haſt.
Dann von dem fremden Schmuck, ſoviel dir mag behagen,
Magſt du in deinem Sinn mit dir nach Hauſe tragen,
Und dort anbringen, was du dir haſt eingepraͤgt,
Soweit es ſich mit Hausbequemlichkeit vertraͤgt.
Dazu nuͤtzt der Verkehr der Sprachen und Gedanken,
Daß man erweitert, wenn ſchon auf nicht hebt, die Schranken.
Beſchraͤnktheit nur iſt arm, Beſchraͤnkung aber reich;
Wer etwas ſeyn will, kann nicht alles ſeyn zugleich.
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