sammten Leben des Volkes an den Tag zu legen. Wie ganz anders mußte sich die Kunst schon unter den macedonischen Herrschern gestalten. Gewiß trug sie den Aufdruck jener phan- tastischen Trunkenheit des Sieges und der Herrschermacht, jenes Schwelgens in Ruhm und Genuß, des Erbtheils, welches Alexander seinen Nachfolgern zurückgelassen. Deutet doch Alles, was wir über die Kunst des macedonischen Zeitalters wissen, auf Pracht und Glanz; und im Geleite der Münzen dürften unter den Trümmern Roms noch immer Beyspiele dieser Kunstrichtung (Ueberreste der Beute des macedonischen Krieges) aufzufinden seyn, wenn künftig einmal, wie Unbe- fangenheit für das Kennzeichen ächter altgriechischer Kunst, so anspruchvoll Mächtiges für das Merkmal griechisch-macedo- nischer gelten wird. -- In Rom aber, wo das Bedürfniß zu herrschen aus dem Geiste des Ordnens und bürgerlichen Ge- staltens hervorging; wo von den ältesten Zeiten, bis auf späte Cäsarn das Gemeinwesen stets mit einer wunderbaren Feyer und Ruhe aufgetreten, verherrlichte die Kunst die Würde des Staates, die Bedeutung des persönlichen, oder politischen Cha- rakters. Obwohl höchst ungriechisch, sind die Bildnereyen am Bogen des Titus, vom Forum Trajans, mit vielem Anderen bewundernswerth, ja, weil sie so ganz von dem Leben durch- drungen sind, aus welchem sie hervorgegangen, auch wahr- haft ergreifend.
könnten, weil bekanntlich in der Bildnerey die täuschendste Nach- ahmung, oder Nachbildung des bloß Formellen statt findet. Da- hingegen scheint es, daß der Aufdruck des Geistes einzelner Künst- ler und ganzer Genossenschaften nimmer irre leiten könne, mithin bey historischen, wie bey ästhetischen Forschungen stets das sicherste Kennzeichen abgeben müsse.
ſammten Leben des Volkes an den Tag zu legen. Wie ganz anders mußte ſich die Kunſt ſchon unter den macedoniſchen Herrſchern geſtalten. Gewiß trug ſie den Aufdruck jener phan- taſtiſchen Trunkenheit des Sieges und der Herrſchermacht, jenes Schwelgens in Ruhm und Genuß, des Erbtheils, welches Alexander ſeinen Nachfolgern zuruͤckgelaſſen. Deutet doch Alles, was wir uͤber die Kunſt des macedoniſchen Zeitalters wiſſen, auf Pracht und Glanz; und im Geleite der Muͤnzen duͤrften unter den Truͤmmern Roms noch immer Beyſpiele dieſer Kunſtrichtung (Ueberreſte der Beute des macedoniſchen Krieges) aufzufinden ſeyn, wenn kuͤnftig einmal, wie Unbe- fangenheit fuͤr das Kennzeichen aͤchter altgriechiſcher Kunſt, ſo anſpruchvoll Maͤchtiges fuͤr das Merkmal griechiſch-macedo- niſcher gelten wird. — In Rom aber, wo das Beduͤrfniß zu herrſchen aus dem Geiſte des Ordnens und buͤrgerlichen Ge- ſtaltens hervorging; wo von den aͤlteſten Zeiten, bis auf ſpaͤte Caͤſarn das Gemeinweſen ſtets mit einer wunderbaren Feyer und Ruhe aufgetreten, verherrlichte die Kunſt die Wuͤrde des Staates, die Bedeutung des perſoͤnlichen, oder politiſchen Cha- rakters. Obwohl hoͤchſt ungriechiſch, ſind die Bildnereyen am Bogen des Titus, vom Forum Trajans, mit vielem Anderen bewundernswerth, ja, weil ſie ſo ganz von dem Leben durch- drungen ſind, aus welchem ſie hervorgegangen, auch wahr- haft ergreifend.
koͤnnten, weil bekanntlich in der Bildnerey die taͤuſchendſte Nach- ahmung, oder Nachbildung des bloß Formellen ſtatt findet. Da- hingegen ſcheint es, daß der Aufdruck des Geiſtes einzelner Kuͤnſt- ler und ganzer Genoſſenſchaften nimmer irre leiten koͤnne, mithin bey hiſtoriſchen, wie bey aͤſthetiſchen Forſchungen ſtets das ſicherſte Kennzeichen abgeben muͤſſe.
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ſammten Leben des Volkes an den Tag zu legen. Wie ganz
anders mußte ſich die Kunſt ſchon unter den macedoniſchen
Herrſchern geſtalten. Gewiß trug ſie den Aufdruck jener phan-
taſtiſchen Trunkenheit des Sieges und der Herrſchermacht, jenes
Schwelgens in Ruhm und Genuß, des Erbtheils, welches
Alexander ſeinen Nachfolgern zuruͤckgelaſſen. Deutet doch
Alles, was wir uͤber die Kunſt des macedoniſchen Zeitalters
wiſſen, auf Pracht und Glanz; und im Geleite der Muͤnzen
duͤrften unter den Truͤmmern Roms noch immer Beyſpiele
dieſer Kunſtrichtung (Ueberreſte der Beute des macedoniſchen
Krieges) aufzufinden ſeyn, wenn kuͤnftig einmal, wie Unbe-
fangenheit fuͤr das Kennzeichen aͤchter altgriechiſcher Kunſt, ſo
anſpruchvoll Maͤchtiges fuͤr das Merkmal griechiſch-macedo-
niſcher gelten wird. — In Rom aber, wo das Beduͤrfniß zu
herrſchen aus dem Geiſte des Ordnens und buͤrgerlichen Ge-
ſtaltens hervorging; wo von den aͤlteſten Zeiten, bis auf ſpaͤte
Caͤſarn das Gemeinweſen ſtets mit einer wunderbaren Feyer
und Ruhe aufgetreten, verherrlichte die Kunſt die Wuͤrde des
Staates, die Bedeutung des perſoͤnlichen, oder politiſchen Cha-
rakters. Obwohl hoͤchſt ungriechiſch, ſind die Bildnereyen am
Bogen des Titus, vom Forum Trajans, mit vielem Anderen
bewundernswerth, ja, weil ſie ſo ganz von dem Leben durch-
drungen ſind, aus welchem ſie hervorgegangen, auch wahr-
haft ergreifend.
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*) koͤnnten, weil bekanntlich in der Bildnerey die taͤuſchendſte Nach-
ahmung, oder Nachbildung des bloß Formellen ſtatt findet. Da-
hingegen ſcheint es, daß der Aufdruck des Geiſtes einzelner Kuͤnſt-
ler und ganzer Genoſſenſchaften nimmer irre leiten koͤnne, mithin
bey hiſtoriſchen, wie bey aͤſthetiſchen Forſchungen ſtets das ſicherſte
Kennzeichen abgeben muͤſſe.
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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen01_1827/129>, abgerufen am 18.07.2024.
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