und wenn man so will, im modernen Verstande, alle Eigen- schaften der Dinge in sich begreift, welche entweder, den Ge- sichtssinn befriedigend anregen, oder durch ihn die Seele stimmen und den Geist erfreuen; daß aber eben diese Eigen- schaften in drey durchaus verschiedene Arten zerfallen, deren eine nur auf das sinnliche Auge, deren andere nur auf den eigenen, voraussetzlich dem Menschen eingebornen, Sinn für räumliche Verhältnisse, deren dritte zunächst auf den Verstand wirkt, dann erst durch die Erkenntniß auch auf das Gefühl.
Wo nun alle Arten der Schönheit in einem Gegenstande, gleich wie in ihrem Brennpuncte, sich vereinigen, ein Fall, der schon den schöngesinnten Alten mehr wünschenswerth, als durchhin erreichbar zu seyn schien, da würde ohne Zweifel ein ausnehmend Schönes entstehen. In den sichtbaren Dingen pflegt indeß bald die eine, bald die andere Schönheit vorzu- herrschen, oft sogar die übrigen durchaus zu verdrängen; da- her ist es schon für die Auffassung und für den Genuß des Schönen von großem Vortheil, in jeglichem Schönen die sol- chem eben beywohnende Art der Schönheit deutlich zu erken- nen, und diese von anderen genau zu unterscheiden. Denn wollten wir etwa, gleich den ästhetischen Neulingen, da, wo eben nur sinnliche Annehmlichkeiten vorhanden, zugleich auch die Anregung edler und erhebender Vorstellungen des Geistes begehren, oder bey diesen letzteren wiederum nach sinnlichem Reize gelüsten, so würden wir uns durch ein fruchtloses Seh- nen gewiß um gegenwärtige Freude bringen. Freilich wird ein gesunder, von Vorbegriffen unbestochener, Sinn wohl auch ohne jene Begriffsspaltung das Schöne empfinden und genie- ßen lernen; und es ist daher vornehmlich nur für die Kunst- lehre, und in so fern diese auf die Ausübung der Kunst ein-
und wenn man ſo will, im modernen Verſtande, alle Eigen- ſchaften der Dinge in ſich begreift, welche entweder, den Ge- ſichtsſinn befriedigend anregen, oder durch ihn die Seele ſtimmen und den Geiſt erfreuen; daß aber eben dieſe Eigen- ſchaften in drey durchaus verſchiedene Arten zerfallen, deren eine nur auf das ſinnliche Auge, deren andere nur auf den eigenen, vorausſetzlich dem Menſchen eingebornen, Sinn fuͤr raͤumliche Verhaͤltniſſe, deren dritte zunaͤchſt auf den Verſtand wirkt, dann erſt durch die Erkenntniß auch auf das Gefuͤhl.
Wo nun alle Arten der Schoͤnheit in einem Gegenſtande, gleich wie in ihrem Brennpuncte, ſich vereinigen, ein Fall, der ſchon den ſchoͤngeſinnten Alten mehr wuͤnſchenswerth, als durchhin erreichbar zu ſeyn ſchien, da wuͤrde ohne Zweifel ein ausnehmend Schoͤnes entſtehen. In den ſichtbaren Dingen pflegt indeß bald die eine, bald die andere Schoͤnheit vorzu- herrſchen, oft ſogar die uͤbrigen durchaus zu verdraͤngen; da- her iſt es ſchon fuͤr die Auffaſſung und fuͤr den Genuß des Schoͤnen von großem Vortheil, in jeglichem Schoͤnen die ſol- chem eben beywohnende Art der Schoͤnheit deutlich zu erken- nen, und dieſe von anderen genau zu unterſcheiden. Denn wollten wir etwa, gleich den aͤſthetiſchen Neulingen, da, wo eben nur ſinnliche Annehmlichkeiten vorhanden, zugleich auch die Anregung edler und erhebender Vorſtellungen des Geiſtes begehren, oder bey dieſen letzteren wiederum nach ſinnlichem Reize geluͤſten, ſo wuͤrden wir uns durch ein fruchtloſes Seh- nen gewiß um gegenwaͤrtige Freude bringen. Freilich wird ein geſunder, von Vorbegriffen unbeſtochener, Sinn wohl auch ohne jene Begriffsſpaltung das Schoͤne empfinden und genie- ßen lernen; und es iſt daher vornehmlich nur fuͤr die Kunſt- lehre, und in ſo fern dieſe auf die Ausuͤbung der Kunſt ein-
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und wenn man ſo will, im modernen Verſtande, alle Eigen-
ſchaften der Dinge in ſich begreift, welche entweder, den Ge-
ſichtsſinn befriedigend anregen, oder durch ihn die Seele
ſtimmen und den Geiſt erfreuen; daß aber eben dieſe Eigen-
ſchaften in drey durchaus verſchiedene Arten zerfallen, deren
eine nur auf das ſinnliche Auge, deren andere nur auf den
eigenen, vorausſetzlich dem Menſchen eingebornen, Sinn fuͤr
raͤumliche Verhaͤltniſſe, deren dritte zunaͤchſt auf den Verſtand
wirkt, dann erſt durch die Erkenntniß auch auf das Gefuͤhl.
Wo nun alle Arten der Schoͤnheit in einem Gegenſtande,
gleich wie in ihrem Brennpuncte, ſich vereinigen, ein Fall,
der ſchon den ſchoͤngeſinnten Alten mehr wuͤnſchenswerth, als
durchhin erreichbar zu ſeyn ſchien, da wuͤrde ohne Zweifel ein
ausnehmend Schoͤnes entſtehen. In den ſichtbaren Dingen
pflegt indeß bald die eine, bald die andere Schoͤnheit vorzu-
herrſchen, oft ſogar die uͤbrigen durchaus zu verdraͤngen; da-
her iſt es ſchon fuͤr die Auffaſſung und fuͤr den Genuß des
Schoͤnen von großem Vortheil, in jeglichem Schoͤnen die ſol-
chem eben beywohnende Art der Schoͤnheit deutlich zu erken-
nen, und dieſe von anderen genau zu unterſcheiden. Denn
wollten wir etwa, gleich den aͤſthetiſchen Neulingen, da, wo
eben nur ſinnliche Annehmlichkeiten vorhanden, zugleich auch
die Anregung edler und erhebender Vorſtellungen des Geiſtes
begehren, oder bey dieſen letzteren wiederum nach ſinnlichem
Reize geluͤſten, ſo wuͤrden wir uns durch ein fruchtloſes Seh-
nen gewiß um gegenwaͤrtige Freude bringen. Freilich wird
ein geſunder, von Vorbegriffen unbeſtochener, Sinn wohl auch
ohne jene Begriffsſpaltung das Schoͤne empfinden und genie-
ßen lernen; und es iſt daher vornehmlich nur fuͤr die Kunſt-
lehre, und in ſo fern dieſe auf die Ausuͤbung der Kunſt ein-
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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen01_1827/164>, abgerufen am 21.11.2024.
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