Doch nachdem unerträglicher Druck der Longobarden auf die ohnmächtige, hülflose Provinz, oder auch Ehrgeiz und Herrschsucht unternehmender Päpste veranlaßt hatte, sich mit Erfolg um fränkischen Schutz zu bewerben; nachdem Rom zu- nächst an Sicherheit und Ruhe gewonnen, endlich sogar über seine italienischen Feinde und Nebenbuhler, Longobarden und Ravennaten, gesiegt, von allen Seiten Ansehen und neue Hülfsquellen erworben hatte, da erwachte, im Angesicht der noch wohlerhaltenen Trümmer der herrlichen Weltstadt, die alte römische Prachtliebe, und mit ihr der Trieb, sowohl Al- tes zu erhalten, als wie Neues zu gründen. Zu Rom dem- nach, und nicht mehr in Ravenna, welches bis dahin, wie es bürgerlich der That nach die Hauptstadt der griechischen Provinz gewesen, so auch kirchlich, obwohl vergebens, nach Unabhängigkeit gestrebt hatte, haben wir nunmehr für einige Zeit den Mittelpunct italienischer Kunstbestrebungen aufzusu- chen; wenn anders mechanische Fortpflanzung überlieferter Fer- tigkeiten, knechtische, und dennoch mißverstandene Nachahmung alter Vorbilder überall noch Kunst zu heißen verdient.
Der vorangegangene Zeitraum vereinigte gegenwärtige Bedrängnisse, welche alle Kräfte erschöpfen mußten, da die Landschaft wiederholt verwüstet, der Friede häufig durch schwere Opfer erkauft wurde, mit ungemessenen Hoffnungen auf die Zukunft. Diese Hoffnungen, wenigstens die näher liegenden,
druck ihrer Quellen in den ihrigen hinübergeflossen. -- Ich führe hier und in der Folge das sogen. liber pontificalis stets unter dem Namen des Anastasius auf, weil es überall unter demselben ab- gedruckt worden. S. über die verschiedenen Verfasser dieses Wer- kes, Blanchini, Diss. etc. c. VIII. bey Muratori, scriptt. T. III. p. 24. sq.
Doch nachdem unertraͤglicher Druck der Longobarden auf die ohnmaͤchtige, huͤlfloſe Provinz, oder auch Ehrgeiz und Herrſchſucht unternehmender Paͤpſte veranlaßt hatte, ſich mit Erfolg um fraͤnkiſchen Schutz zu bewerben; nachdem Rom zu- naͤchſt an Sicherheit und Ruhe gewonnen, endlich ſogar uͤber ſeine italieniſchen Feinde und Nebenbuhler, Longobarden und Ravennaten, geſiegt, von allen Seiten Anſehen und neue Huͤlfsquellen erworben hatte, da erwachte, im Angeſicht der noch wohlerhaltenen Truͤmmer der herrlichen Weltſtadt, die alte roͤmiſche Prachtliebe, und mit ihr der Trieb, ſowohl Al- tes zu erhalten, als wie Neues zu gruͤnden. Zu Rom dem- nach, und nicht mehr in Ravenna, welches bis dahin, wie es buͤrgerlich der That nach die Hauptſtadt der griechiſchen Provinz geweſen, ſo auch kirchlich, obwohl vergebens, nach Unabhaͤngigkeit geſtrebt hatte, haben wir nunmehr fuͤr einige Zeit den Mittelpunct italieniſcher Kunſtbeſtrebungen aufzuſu- chen; wenn anders mechaniſche Fortpflanzung uͤberlieferter Fer- tigkeiten, knechtiſche, und dennoch mißverſtandene Nachahmung alter Vorbilder uͤberall noch Kunſt zu heißen verdient.
Der vorangegangene Zeitraum vereinigte gegenwaͤrtige Bedraͤngniſſe, welche alle Kraͤfte erſchoͤpfen mußten, da die Landſchaft wiederholt verwuͤſtet, der Friede haͤufig durch ſchwere Opfer erkauft wurde, mit ungemeſſenen Hoffnungen auf die Zukunft. Dieſe Hoffnungen, wenigſtens die naͤher liegenden,
druck ihrer Quellen in den ihrigen hinuͤbergefloſſen. — Ich fuͤhre hier und in der Folge das ſogen. liber pontificalis ſtets unter dem Namen des Anaſtaſius auf, weil es uͤberall unter demſelben ab- gedruckt worden. S. uͤber die verſchiedenen Verfaſſer dieſes Wer- kes, Blanchini, Diss. etc. c. VIII. bey Muratori, scriptt. T. III. p. 24. sq.
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Erfolg um fraͤnkiſchen Schutz zu bewerben; nachdem Rom zu-
naͤchſt an Sicherheit und Ruhe gewonnen, endlich ſogar uͤber
ſeine italieniſchen Feinde und Nebenbuhler, Longobarden und
Ravennaten, geſiegt, von allen Seiten Anſehen und neue
Huͤlfsquellen erworben hatte, da erwachte, im Angeſicht der
noch wohlerhaltenen Truͤmmer der herrlichen Weltſtadt, die
alte roͤmiſche Prachtliebe, und mit ihr der Trieb, ſowohl Al-
tes zu erhalten, als wie Neues zu gruͤnden. Zu Rom dem-
nach, und nicht mehr in Ravenna, welches bis dahin, wie
es buͤrgerlich der That nach die Hauptſtadt der griechiſchen
Provinz geweſen, ſo auch kirchlich, obwohl vergebens, nach
Unabhaͤngigkeit geſtrebt hatte, haben wir nunmehr fuͤr einige
Zeit den Mittelpunct italieniſcher Kunſtbeſtrebungen aufzuſu-
chen; wenn anders mechaniſche Fortpflanzung uͤberlieferter Fer-
tigkeiten, knechtiſche, und dennoch mißverſtandene Nachahmung
alter Vorbilder uͤberall noch Kunſt zu heißen verdient.
Der vorangegangene Zeitraum vereinigte gegenwaͤrtige
Bedraͤngniſſe, welche alle Kraͤfte erſchoͤpfen mußten, da die
Landſchaft wiederholt verwuͤſtet, der Friede haͤufig durch ſchwere
Opfer erkauft wurde, mit ungemeſſenen Hoffnungen auf die
Zukunft. Dieſe Hoffnungen, wenigſtens die naͤher liegenden,
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*) druck ihrer Quellen in den ihrigen hinuͤbergefloſſen. — Ich fuͤhre
hier und in der Folge das ſogen. liber pontificalis ſtets unter dem
Namen des Anaſtaſius auf, weil es uͤberall unter demſelben ab-
gedruckt worden. S. uͤber die verſchiedenen Verfaſſer dieſes Wer-
kes, Blanchini, Diss. etc. c. VIII. bey Muratori, scriptt. T.
III. p. 24. sq.
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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen01_1827/215>, abgerufen am 16.07.2024.
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