Andere Spuren einer den Römern eigenthümlichen Schule der Malerey übergehe ich für jetzt, weil sie schon weiter in das dreyzehnte Jahrhundert hinüberreichen, dem wir eine eigene Betrachtung widmen wollen, wo einige mir sichere toscanische Malereyen des zwölften oder des Anbeginnes des dreyzehnten Jahrhunderts ebenfalls ihre Stelle finden werden. Doch, ehe wir uns von den minder unerfreulichen Kunstarbeiten dieses Zeitraumes trennen, wird es nöthig seyn, eines umbrischen Malers zu erwähnen, dessen Name auf einem Bilde des Ge- kreuzigten in den Gewölben der Kirche S. Giovanni e Paolo zu Spoleto sich erhalten hat.
Die Darstellung dieses Gegenstandes war, obwohl, wie es bekannt ist, eben so wenig, als Darstellungen aus dem Jugendleben des Heilandes, von den früheren Christen gebil- ligt und geduldet, doch endlich nicht lange vor Eintritt des Bildersturmes überall zugelassen worden. Wie eben diese Bilder alsdann binnen Kurzem Gegenstände der Verehrung der einen, des Hasses der anderen christlichen Partheyung geworden, ist aus vortrefflichen Bearbeitungen auch in weiteren Kreisen be- kannt *). Allein, eben weil diese Vorstellungen erst damals, als Italien bereits mehr und minder vom östlichen Reiche ab- gesondert war, in den christlichen Bilderkreis aufgenommen worden, gestalteten sie sich in den beiden Hälften der christli- chen Welt auf verschiedene Weise. Hier wie dort ohne Zwei- fel höchst unvollkommen; zierlicher indeß bey den Griechen, wenn man gleich, sowohl der Madonna als dem Gekreuzigten,
*) Ergänze Gibbons unläugbar geistreiche Auffassung (hist. of the Decline etc. Chapt. XLIX.) durch: Schlosser, Friedr. Christ., Gesch. der bilderstürmenden Kaiser des oströmischen Rei- ches. Frankf. 1812. 8.
Andere Spuren einer den Roͤmern eigenthuͤmlichen Schule der Malerey uͤbergehe ich fuͤr jetzt, weil ſie ſchon weiter in das dreyzehnte Jahrhundert hinuͤberreichen, dem wir eine eigene Betrachtung widmen wollen, wo einige mir ſichere toscaniſche Malereyen des zwoͤlften oder des Anbeginnes des dreyzehnten Jahrhunderts ebenfalls ihre Stelle finden werden. Doch, ehe wir uns von den minder unerfreulichen Kunſtarbeiten dieſes Zeitraumes trennen, wird es noͤthig ſeyn, eines umbriſchen Malers zu erwaͤhnen, deſſen Name auf einem Bilde des Ge- kreuzigten in den Gewoͤlben der Kirche S. Giovanni e Paolo zu Spoleto ſich erhalten hat.
Die Darſtellung dieſes Gegenſtandes war, obwohl, wie es bekannt iſt, eben ſo wenig, als Darſtellungen aus dem Jugendleben des Heilandes, von den fruͤheren Chriſten gebil- ligt und geduldet, doch endlich nicht lange vor Eintritt des Bilderſturmes uͤberall zugelaſſen worden. Wie eben dieſe Bilder alsdann binnen Kurzem Gegenſtaͤnde der Verehrung der einen, des Haſſes der anderen chriſtlichen Partheyung geworden, iſt aus vortrefflichen Bearbeitungen auch in weiteren Kreiſen be- kannt *). Allein, eben weil dieſe Vorſtellungen erſt damals, als Italien bereits mehr und minder vom oͤſtlichen Reiche ab- geſondert war, in den chriſtlichen Bilderkreis aufgenommen worden, geſtalteten ſie ſich in den beiden Haͤlften der chriſtli- chen Welt auf verſchiedene Weiſe. Hier wie dort ohne Zwei- fel hoͤchſt unvollkommen; zierlicher indeß bey den Griechen, wenn man gleich, ſowohl der Madonna als dem Gekreuzigten,
*) Ergaͤnze Gibbons unlaͤugbar geiſtreiche Auffaſſung (hist. of the Decline etc. Chapt. XLIX.) durch: Schloſſer, Friedr. Chriſt., Geſch. der bilderſtuͤrmenden Kaiſer des oſtroͤmiſchen Rei- ches. Frankf. 1812. 8.
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Andere Spuren einer den Roͤmern eigenthuͤmlichen Schule
der Malerey uͤbergehe ich fuͤr jetzt, weil ſie ſchon weiter in
das dreyzehnte Jahrhundert hinuͤberreichen, dem wir eine eigene
Betrachtung widmen wollen, wo einige mir ſichere toscaniſche
Malereyen des zwoͤlften oder des Anbeginnes des dreyzehnten
Jahrhunderts ebenfalls ihre Stelle finden werden. Doch, ehe
wir uns von den minder unerfreulichen Kunſtarbeiten dieſes
Zeitraumes trennen, wird es noͤthig ſeyn, eines umbriſchen
Malers zu erwaͤhnen, deſſen Name auf einem Bilde des Ge-
kreuzigten in den Gewoͤlben der Kirche S. Giovanni e Paolo
zu Spoleto ſich erhalten hat.
Die Darſtellung dieſes Gegenſtandes war, obwohl, wie
es bekannt iſt, eben ſo wenig, als Darſtellungen aus dem
Jugendleben des Heilandes, von den fruͤheren Chriſten gebil-
ligt und geduldet, doch endlich nicht lange vor Eintritt des
Bilderſturmes uͤberall zugelaſſen worden. Wie eben dieſe Bilder
alsdann binnen Kurzem Gegenſtaͤnde der Verehrung der einen,
des Haſſes der anderen chriſtlichen Partheyung geworden, iſt
aus vortrefflichen Bearbeitungen auch in weiteren Kreiſen be-
kannt *). Allein, eben weil dieſe Vorſtellungen erſt damals,
als Italien bereits mehr und minder vom oͤſtlichen Reiche ab-
geſondert war, in den chriſtlichen Bilderkreis aufgenommen
worden, geſtalteten ſie ſich in den beiden Haͤlften der chriſtli-
chen Welt auf verſchiedene Weiſe. Hier wie dort ohne Zwei-
fel hoͤchſt unvollkommen; zierlicher indeß bey den Griechen,
wenn man gleich, ſowohl der Madonna als dem Gekreuzigten,
*) Ergaͤnze Gibbons unlaͤugbar geiſtreiche Auffaſſung (hist.
of the Decline etc. Chapt. XLIX.) durch: Schloſſer, Friedr.
Chriſt., Geſch. der bilderſtuͤrmenden Kaiſer des oſtroͤmiſchen Rei-
ches. Frankf. 1812. 8.
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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen01_1827/296>, abgerufen am 26.06.2024.
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