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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827.

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oberwärts Christus als Weltlehrer auf einem schwerfälligen,
schon etwas fremdartigen Sessel, dessen reicher Blätterschmuck
indeß noch immer antike Vorbilder verräth. Die linke Hand
ruht auf einem großen Buche, welches bekanntlich schon im
Alterthume christlicher Kunst eine feste Bedeutung erhalten; die
rechte segnend aus dem Pallium hervorgestreckt, woher jene
von Alters her beliebte gerade Falte entsteht, welche wohl aus
den Sitten classischer Zeiten ihren Ursprung genommen. In
so weit ist alles hochalterthümlich; dagegen haben die beiden
erwachsenen Engel hinter dem Throne, mit ihren fein ausge-
schnitzten Flügeln, bereits ein mittelalterliches Ansehen. Zu
beiden Seiten Johannes der Evangelist, hier bärtig, und die
Jungfrau in römischer Matronentracht, doch mit vergoldeten
Troddeln am Saume des Schleiermantels, die mir sonst nir-
gend aufgefallen. Beide Figuren wenden die eine Hand fle-
hend zum Heiland, und in diesen und in anderen Extremitä-
ten des Werkes zeigt sich, ungewöhnlich genug, etwas mehr
Feinheit und Regel, als selbst in den Köpfen. In die-
ser oberen, sich selbst erklärenden Abtheilung finden sich
keine Inschriften.

Hierauf folgt eine Queerleiste, in welcher fünf Büsten in
runden, vorspringenden Einfassungen; die eine hat die Bey-
schrift: ` PhILIPPO. Vier andere Köpfe in derselben
Höhe an den Seitenflügeln. Darauf endlich ein größeres
Feld, in welchem fünf Apostel in typisch-antiker Bekleidung,
unter denen der Charakter der Heil. Peter und Paul sehr
kenntlich. Diese sind an und für sich recht schöne Figu-
ren; ihre Namen stehen im Felde, bey senkrechter Stellung
der Buchstaben.

Ich übergehe die Gegenstände der Flügel und Rückseiten

oberwaͤrts Chriſtus als Weltlehrer auf einem ſchwerfaͤlligen,
ſchon etwas fremdartigen Seſſel, deſſen reicher Blaͤtterſchmuck
indeß noch immer antike Vorbilder verraͤth. Die linke Hand
ruht auf einem großen Buche, welches bekanntlich ſchon im
Alterthume chriſtlicher Kunſt eine feſte Bedeutung erhalten; die
rechte ſegnend aus dem Pallium hervorgeſtreckt, woher jene
von Alters her beliebte gerade Falte entſteht, welche wohl aus
den Sitten claſſiſcher Zeiten ihren Urſprung genommen. In
ſo weit iſt alles hochalterthuͤmlich; dagegen haben die beiden
erwachſenen Engel hinter dem Throne, mit ihren fein ausge-
ſchnitzten Fluͤgeln, bereits ein mittelalterliches Anſehen. Zu
beiden Seiten Johannes der Evangeliſt, hier baͤrtig, und die
Jungfrau in roͤmiſcher Matronentracht, doch mit vergoldeten
Troddeln am Saume des Schleiermantels, die mir ſonſt nir-
gend aufgefallen. Beide Figuren wenden die eine Hand fle-
hend zum Heiland, und in dieſen und in anderen Extremitaͤ-
ten des Werkes zeigt ſich, ungewoͤhnlich genug, etwas mehr
Feinheit und Regel, als ſelbſt in den Koͤpfen. In die-
ſer oberen, ſich ſelbſt erklaͤrenden Abtheilung finden ſich
keine Inſchriften.

Hierauf folgt eine Queerleiſte, in welcher fuͤnf Buͤſten in
runden, vorſpringenden Einfaſſungen; die eine hat die Bey-
ſchrift: ῾Ⓐ ΦΙΛΙΠΠΟϹ. Vier andere Koͤpfe in derſelben
Hoͤhe an den Seitenfluͤgeln. Darauf endlich ein groͤßeres
Feld, in welchem fuͤnf Apoſtel in typiſch-antiker Bekleidung,
unter denen der Charakter der Heil. Peter und Paul ſehr
kenntlich. Dieſe ſind an und fuͤr ſich recht ſchoͤne Figu-
ren; ihre Namen ſtehen im Felde, bey ſenkrechter Stellung
der Buchſtaben.

Ich uͤbergehe die Gegenſtaͤnde der Fluͤgel und Ruͤckſeiten

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[301/0319] oberwaͤrts Chriſtus als Weltlehrer auf einem ſchwerfaͤlligen, ſchon etwas fremdartigen Seſſel, deſſen reicher Blaͤtterſchmuck indeß noch immer antike Vorbilder verraͤth. Die linke Hand ruht auf einem großen Buche, welches bekanntlich ſchon im Alterthume chriſtlicher Kunſt eine feſte Bedeutung erhalten; die rechte ſegnend aus dem Pallium hervorgeſtreckt, woher jene von Alters her beliebte gerade Falte entſteht, welche wohl aus den Sitten claſſiſcher Zeiten ihren Urſprung genommen. In ſo weit iſt alles hochalterthuͤmlich; dagegen haben die beiden erwachſenen Engel hinter dem Throne, mit ihren fein ausge- ſchnitzten Fluͤgeln, bereits ein mittelalterliches Anſehen. Zu beiden Seiten Johannes der Evangeliſt, hier baͤrtig, und die Jungfrau in roͤmiſcher Matronentracht, doch mit vergoldeten Troddeln am Saume des Schleiermantels, die mir ſonſt nir- gend aufgefallen. Beide Figuren wenden die eine Hand fle- hend zum Heiland, und in dieſen und in anderen Extremitaͤ- ten des Werkes zeigt ſich, ungewoͤhnlich genug, etwas mehr Feinheit und Regel, als ſelbſt in den Koͤpfen. In die- ſer oberen, ſich ſelbſt erklaͤrenden Abtheilung finden ſich keine Inſchriften. Hierauf folgt eine Queerleiſte, in welcher fuͤnf Buͤſten in runden, vorſpringenden Einfaſſungen; die eine hat die Bey- ſchrift: ῾Ⓐ ΦΙΛΙΠΠΟϹ. Vier andere Koͤpfe in derſelben Hoͤhe an den Seitenfluͤgeln. Darauf endlich ein groͤßeres Feld, in welchem fuͤnf Apoſtel in typiſch-antiker Bekleidung, unter denen der Charakter der Heil. Peter und Paul ſehr kenntlich. Dieſe ſind an und fuͤr ſich recht ſchoͤne Figu- ren; ihre Namen ſtehen im Felde, bey ſenkrechter Stellung der Buchſtaben. Ich uͤbergehe die Gegenſtaͤnde der Fluͤgel und Ruͤckſeiten

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen01_1827/319>, abgerufen am 02.06.2024.