befriedigend zu machen, als die Umstände nur gestatteten. Diese so wohlgelungene und, in Bezug auf ihren Gegenstand, unübertroffene Darstellung ist die einzige, in welcher Domenico die Charakteristik des einzelnen Seyns den Foderungen seiner Aufgabe untergeordnet hat. Selbst in solchen Bildern dersel- ben Kappelle, deren Aufgabe (wie jenes Wunder über dem Altare) die Aufforderung einschloß, die Handlung hervorzuhe- ben, kehrte er zu seiner üblichen Ruhe und Stille zurück.
Indeß sollte Domenico in der Darstellung wirklichen Seyns, in dem Reize der malerischen Behandlung eine noch höhere Stufe erreichen, wie die Chorkappelle in sta Maria novella, zu Florenz, bezeugt, welche nicht, wie Vasari und nach ihm Baldinucci mit gewohnter Flüchtigkeit angiebt, im Jahre 1485., sondern wieder um fünf Jahre später gemalt worden, als jene andere Kappelle. Denn in einem dieser Ge- mälde ist folgende Aufschrift angebracht:
A. D. M CCCC LXXXX QVO PVLCHERRIMA CIVITAS OPIBVS VICTORIIS ARTIBVS AEDI- FICIISQVE NOBILIS COPIA SALVBRITATE PACE PERFRVEBATVR. Allerdings ist die vorletzte Ziffer der Jahreszahl etwas ver- letzt; doch liest man sie in der Nähe vollkommen, wie man denn auch von unten her wenigstens den ihr zukommenden Raum ganz deutlich wahrnimmt; zudem findet sie sich in einer sehr alten Copie der betreffenden Gemälde in der Sa- cristey der Kirche; obwohl der neueste Commentator des Va- sari in seiner Schlußbemerkung zum Leben des Domenico Ghir- landajo behauptet, daß Vasari's Angabe nach eben jener Co- pie in: 1480. zu berichtigen sey, was indeß ein Schreib- oder Druckfehler seyn könnte, da er an dieser Stelle sich römischer
befriedigend zu machen, als die Umſtaͤnde nur geſtatteten. Dieſe ſo wohlgelungene und, in Bezug auf ihren Gegenſtand, unuͤbertroffene Darſtellung iſt die einzige, in welcher Domenico die Charakteriſtik des einzelnen Seyns den Foderungen ſeiner Aufgabe untergeordnet hat. Selbſt in ſolchen Bildern derſel- ben Kappelle, deren Aufgabe (wie jenes Wunder uͤber dem Altare) die Aufforderung einſchloß, die Handlung hervorzuhe- ben, kehrte er zu ſeiner uͤblichen Ruhe und Stille zuruͤck.
Indeß ſollte Domenico in der Darſtellung wirklichen Seyns, in dem Reize der maleriſchen Behandlung eine noch hoͤhere Stufe erreichen, wie die Chorkappelle in ſta Maria novella, zu Florenz, bezeugt, welche nicht, wie Vaſari und nach ihm Baldinucci mit gewohnter Fluͤchtigkeit angiebt, im Jahre 1485., ſondern wieder um fuͤnf Jahre ſpaͤter gemalt worden, als jene andere Kappelle. Denn in einem dieſer Ge- maͤlde iſt folgende Aufſchrift angebracht:
A. D. M CCCC LXXXX QVO PVLCHERRIMA CIVITAS OPIBVS VICTORIIS ARTIBVS AEDI- FICIISQVE NOBILIS COPIA SALVBRITATE PACE PERFRVEBATVR. Allerdings iſt die vorletzte Ziffer der Jahreszahl etwas ver- letzt; doch lieſt man ſie in der Naͤhe vollkommen, wie man denn auch von unten her wenigſtens den ihr zukommenden Raum ganz deutlich wahrnimmt; zudem findet ſie ſich in einer ſehr alten Copie der betreffenden Gemaͤlde in der Sa- criſtey der Kirche; obwohl der neueſte Commentator des Va- ſari in ſeiner Schlußbemerkung zum Leben des Domenico Ghir- landajo behauptet, daß Vaſari’s Angabe nach eben jener Co- pie in: 1480. zu berichtigen ſey, was indeß ein Schreib- oder Druckfehler ſeyn koͤnnte, da er an dieſer Stelle ſich roͤmiſcher
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befriedigend zu machen, als die Umſtaͤnde nur geſtatteten.
Dieſe ſo wohlgelungene und, in Bezug auf ihren Gegenſtand,
unuͤbertroffene Darſtellung iſt die einzige, in welcher Domenico
die Charakteriſtik des einzelnen Seyns den Foderungen ſeiner
Aufgabe untergeordnet hat. Selbſt in ſolchen Bildern derſel-
ben Kappelle, deren Aufgabe (wie jenes Wunder uͤber dem
Altare) die Aufforderung einſchloß, die Handlung hervorzuhe-
ben, kehrte er zu ſeiner uͤblichen Ruhe und Stille zuruͤck.
Indeß ſollte Domenico in der Darſtellung wirklichen
Seyns, in dem Reize der maleriſchen Behandlung eine noch
hoͤhere Stufe erreichen, wie die Chorkappelle in ſta Maria
novella, zu Florenz, bezeugt, welche nicht, wie Vaſari und
nach ihm Baldinucci mit gewohnter Fluͤchtigkeit angiebt, im
Jahre 1485., ſondern wieder um fuͤnf Jahre ſpaͤter gemalt
worden, als jene andere Kappelle. Denn in einem dieſer Ge-
maͤlde iſt folgende Aufſchrift angebracht:
A. D. M CCCC LXXXX QVO PVLCHERRIMA
CIVITAS OPIBVS VICTORIIS ARTIBVS AEDI-
FICIISQVE NOBILIS COPIA SALVBRITATE
PACE PERFRVEBATVR.
Allerdings iſt die vorletzte Ziffer der Jahreszahl etwas ver-
letzt; doch lieſt man ſie in der Naͤhe vollkommen, wie man
denn auch von unten her wenigſtens den ihr zukommenden
Raum ganz deutlich wahrnimmt; zudem findet ſie ſich in
einer ſehr alten Copie der betreffenden Gemaͤlde in der Sa-
criſtey der Kirche; obwohl der neueſte Commentator des Va-
ſari in ſeiner Schlußbemerkung zum Leben des Domenico Ghir-
landajo behauptet, daß Vaſari’s Angabe nach eben jener Co-
pie in: 1480. zu berichtigen ſey, was indeß ein Schreib- oder
Druckfehler ſeyn koͤnnte, da er an dieſer Stelle ſich roͤmiſcher
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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/299>, abgerufen am 22.11.2024.
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