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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827.

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sen Peter von Perugia. Selbst, was im Ghirlandajo Ma-
nier ist, eine gewisse Derbheit in den fleischigen und knorpeli-
gen Gesichtsformen, widerstrebte jenem Ausdruck, den wir ge-
neigt sind, in christlichen Heiligen vorauszusetzen.

Doch gelang es einem Maler seiner Schule, dem Ba-
stiano Mainardi von san Gimignano
, dem er, wie Vasari
berichtet, seine Schwester zur Ehe gegeben, die Manier und
den Naturalismus des Ghirlandajo mit einer zarteren Auffas-
sung des Charakters christlicher Heiligung zu verschmelzen;
wenn anders die Malereyen in der Kappelle der beata Fina
der Pfarrkirche des Städtchens s. Gimignano von seiner Hand
sind *), worüber das Archiv der Kirche vielleicht einmal Auf-
schluß geben wird. Daß Bastiano in diesem Orte zu Hause
war, vermehrt die Wahrscheinlichkeit seines Antheils an jener
Arbeit, welche unter allen Umständen die bekannteren Male-
reyen des Domenico hinsichtlich der Zierlichkeit ihrer beseelten
Gesichtsbildungen weit übertreffen, der Rundung und des Auf-
trages ihnen nachstehn. Gegenüber, in der Kappelle des Hl.
Johannes Baptista, giebt es eine Tafel von geringerem Ver-
dienste, doch ähnlicher Manier, deren Aufschrift: hoc opus
fieri fecit Juliana quondam Martini Cetii de sco Ge-
miniano MCCCC.LXXXII.;
wahrscheinlich ward jene Kap-
pelle um dieselbe Zeit gemalt, was die Vermuthung abschnei-
det, daß solche ein zarteres Jugendwerk des Domenico sey,

*) Vasari vita di Dom. Ghirlandajo Ed. c. p. 464. Stette seco
-- a imparare Bastiano Mainardi da s. Gim. il quale in fresco era
divenuto molto pratico maestro; -- per il che andando con Dome-
nico a. s. Gimignano
dipinsero in compagnia la cappella di s. Fina,
la quale e cosa bella. --

ſen Peter von Perugia. Selbſt, was im Ghirlandajo Ma-
nier iſt, eine gewiſſe Derbheit in den fleiſchigen und knorpeli-
gen Geſichtsformen, widerſtrebte jenem Ausdruck, den wir ge-
neigt ſind, in chriſtlichen Heiligen vorauszuſetzen.

Doch gelang es einem Maler ſeiner Schule, dem Ba-
ſtiano Mainardi von ſan Gimignano
, dem er, wie Vaſari
berichtet, ſeine Schweſter zur Ehe gegeben, die Manier und
den Naturalismus des Ghirlandajo mit einer zarteren Auffaſ-
ſung des Charakters chriſtlicher Heiligung zu verſchmelzen;
wenn anders die Malereyen in der Kappelle der beata Fina
der Pfarrkirche des Staͤdtchens ſ. Gimignano von ſeiner Hand
ſind *), woruͤber das Archiv der Kirche vielleicht einmal Auf-
ſchluß geben wird. Daß Baſtiano in dieſem Orte zu Hauſe
war, vermehrt die Wahrſcheinlichkeit ſeines Antheils an jener
Arbeit, welche unter allen Umſtaͤnden die bekannteren Male-
reyen des Domenico hinſichtlich der Zierlichkeit ihrer beſeelten
Geſichtsbildungen weit uͤbertreffen, der Rundung und des Auf-
trages ihnen nachſtehn. Gegenuͤber, in der Kappelle des Hl.
Johannes Baptiſta, giebt es eine Tafel von geringerem Ver-
dienſte, doch aͤhnlicher Manier, deren Aufſchrift: hoc opus
fieri fecit Juliana quondam Martini Cetii de sco Ge-
miniano MCCCC.LXXXII.;
wahrſcheinlich ward jene Kap-
pelle um dieſelbe Zeit gemalt, was die Vermuthung abſchnei-
det, daß ſolche ein zarteres Jugendwerk des Domenico ſey,

*) Vasari vita di Dom. Ghirlandajo Ed. c. p. 464. Stette seco
— a imparare Bastiano Mainardi da s. Gim. il quale in fresco era
divenuto molto pratico maestro; — per il che andando con Dome-
nico a. s. Gimignano
dipinsero in compagnia la cappella di s. Fina,
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[286/0304] ſen Peter von Perugia. Selbſt, was im Ghirlandajo Ma- nier iſt, eine gewiſſe Derbheit in den fleiſchigen und knorpeli- gen Geſichtsformen, widerſtrebte jenem Ausdruck, den wir ge- neigt ſind, in chriſtlichen Heiligen vorauszuſetzen. Doch gelang es einem Maler ſeiner Schule, dem Ba- ſtiano Mainardi von ſan Gimignano, dem er, wie Vaſari berichtet, ſeine Schweſter zur Ehe gegeben, die Manier und den Naturalismus des Ghirlandajo mit einer zarteren Auffaſ- ſung des Charakters chriſtlicher Heiligung zu verſchmelzen; wenn anders die Malereyen in der Kappelle der beata Fina der Pfarrkirche des Staͤdtchens ſ. Gimignano von ſeiner Hand ſind *), woruͤber das Archiv der Kirche vielleicht einmal Auf- ſchluß geben wird. Daß Baſtiano in dieſem Orte zu Hauſe war, vermehrt die Wahrſcheinlichkeit ſeines Antheils an jener Arbeit, welche unter allen Umſtaͤnden die bekannteren Male- reyen des Domenico hinſichtlich der Zierlichkeit ihrer beſeelten Geſichtsbildungen weit uͤbertreffen, der Rundung und des Auf- trages ihnen nachſtehn. Gegenuͤber, in der Kappelle des Hl. Johannes Baptiſta, giebt es eine Tafel von geringerem Ver- dienſte, doch aͤhnlicher Manier, deren Aufſchrift: hoc opus fieri fecit Juliana quondam Martini Cetii de sco Ge- miniano MCCCC.LXXXII.; wahrſcheinlich ward jene Kap- pelle um dieſelbe Zeit gemalt, was die Vermuthung abſchnei- det, daß ſolche ein zarteres Jugendwerk des Domenico ſey, *) Vasari vita di Dom. Ghirlandajo Ed. c. p. 464. Stette seco — a imparare Bastiano Mainardi da s. Gim. il quale in fresco era divenuto molto pratico maestro; — per il che andando con Dome- nico a. s. Gimignano dipinsero in compagnia la cappella di s. Fina, la quale é cosa bella. —

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/304>, abgerufen am 27.07.2024.