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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827.

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daß jene, dem Vasari erst spät, nach seiner ersten Ausgabe,
zugeflossene Kunde nur höchst unbestimmt und verworren war.
Vornehmlich hätten sie davon abstehn müssen, diesem Maler,
dessen Werke selbst der bereitwillige Vasari mit Stillschweigen
übergeht, willkührlich Arbeiten unterzuschieben, welche er sicher
nie berührt hat. Es mag eine Schwäche seyn, doch kann ich
nie ohne inneren Verdruß die Stelle ansehn, wo Lanzi, dem
kein einziges sicheres Werk des Ingegno bekannt war, in
seiner bequemen Manier erzählt: "man darf ihn als den er-
sten bezeichnen, welcher in jener Schule die Manier vergrö-
ßert und das Colorit verlieblicht hat, wie einige (?) sei-
ner Werke
darlegen, besonders die Sibyllen und Propheten,
welche er zu Asisi a fresco gemalt; wenn sie (setzt er hinzu)
von seiner Hand sind, wie man glaubt." Diese Sibyllen
sind mit der übrigen Kappelle von einem Zeitgenossen des
Vasari, dem Adone Doni gemalt, welcher noch um 1580. im
Geschmacke der späteren Nachfolger des Buonaruota arbeitete.
Contract und Zahlungen sind noch vorhanden; so daß ich
nicht begreife, wie man selbst in Asisi noch immer an jener
unbegründeten und widerstrebenden Meinung haften könne. --
Fiorillo endlich hat, die Verwirrung zu vollenden, diese Si-
byllen mit jenen älteren im Cambio zu Perugia verwechselt
und dieses letzte nach Asisi verlegt, wo keine solche Anstalt
vorhanden ist.

Nach dieser unverhältnißmäßig langen, doch unumgäng-
lichen Abschweifung, wenden wir uns zum Pinturicchio zurück,
welcher, eben weil sein Leben, seine Wirksamkeit, wie deren
Richtung umständlich bekannt sind, uns weniger aufhalten wird.

Dieser Künstler ist seit Vasari nicht selten mit Ungerech-
tigkeit behandelt worden, was darin seinen Grund zu haben

daß jene, dem Vaſari erſt ſpaͤt, nach ſeiner erſten Ausgabe,
zugefloſſene Kunde nur hoͤchſt unbeſtimmt und verworren war.
Vornehmlich haͤtten ſie davon abſtehn muͤſſen, dieſem Maler,
deſſen Werke ſelbſt der bereitwillige Vaſari mit Stillſchweigen
uͤbergeht, willkuͤhrlich Arbeiten unterzuſchieben, welche er ſicher
nie beruͤhrt hat. Es mag eine Schwaͤche ſeyn, doch kann ich
nie ohne inneren Verdruß die Stelle anſehn, wo Lanzi, dem
kein einziges ſicheres Werk des Ingegno bekannt war, in
ſeiner bequemen Manier erzaͤhlt: „man darf ihn als den er-
ſten bezeichnen, welcher in jener Schule die Manier vergroͤ-
ßert und das Colorit verlieblicht hat, wie einige (?) ſei-
ner Werke
darlegen, beſonders die Sibyllen und Propheten,
welche er zu Aſiſi a fresco gemalt; wenn ſie (ſetzt er hinzu)
von ſeiner Hand ſind, wie man glaubt.“ Dieſe Sibyllen
ſind mit der uͤbrigen Kappelle von einem Zeitgenoſſen des
Vaſari, dem Adone Doni gemalt, welcher noch um 1580. im
Geſchmacke der ſpaͤteren Nachfolger des Buonaruota arbeitete.
Contract und Zahlungen ſind noch vorhanden; ſo daß ich
nicht begreife, wie man ſelbſt in Aſiſi noch immer an jener
unbegruͤndeten und widerſtrebenden Meinung haften koͤnne. —
Fiorillo endlich hat, die Verwirrung zu vollenden, dieſe Si-
byllen mit jenen aͤlteren im Cambio zu Perugia verwechſelt
und dieſes letzte nach Aſiſi verlegt, wo keine ſolche Anſtalt
vorhanden iſt.

Nach dieſer unverhaͤltnißmaͤßig langen, doch unumgaͤng-
lichen Abſchweifung, wenden wir uns zum Pinturicchio zuruͤck,
welcher, eben weil ſein Leben, ſeine Wirkſamkeit, wie deren
Richtung umſtaͤndlich bekannt ſind, uns weniger aufhalten wird.

Dieſer Kuͤnſtler iſt ſeit Vaſari nicht ſelten mit Ungerech-
tigkeit behandelt worden, was darin ſeinen Grund zu haben

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[330/0348] daß jene, dem Vaſari erſt ſpaͤt, nach ſeiner erſten Ausgabe, zugefloſſene Kunde nur hoͤchſt unbeſtimmt und verworren war. Vornehmlich haͤtten ſie davon abſtehn muͤſſen, dieſem Maler, deſſen Werke ſelbſt der bereitwillige Vaſari mit Stillſchweigen uͤbergeht, willkuͤhrlich Arbeiten unterzuſchieben, welche er ſicher nie beruͤhrt hat. Es mag eine Schwaͤche ſeyn, doch kann ich nie ohne inneren Verdruß die Stelle anſehn, wo Lanzi, dem kein einziges ſicheres Werk des Ingegno bekannt war, in ſeiner bequemen Manier erzaͤhlt: „man darf ihn als den er- ſten bezeichnen, welcher in jener Schule die Manier vergroͤ- ßert und das Colorit verlieblicht hat, wie einige (?) ſei- ner Werke darlegen, beſonders die Sibyllen und Propheten, welche er zu Aſiſi a fresco gemalt; wenn ſie (ſetzt er hinzu) von ſeiner Hand ſind, wie man glaubt.“ Dieſe Sibyllen ſind mit der uͤbrigen Kappelle von einem Zeitgenoſſen des Vaſari, dem Adone Doni gemalt, welcher noch um 1580. im Geſchmacke der ſpaͤteren Nachfolger des Buonaruota arbeitete. Contract und Zahlungen ſind noch vorhanden; ſo daß ich nicht begreife, wie man ſelbſt in Aſiſi noch immer an jener unbegruͤndeten und widerſtrebenden Meinung haften koͤnne. — Fiorillo endlich hat, die Verwirrung zu vollenden, dieſe Si- byllen mit jenen aͤlteren im Cambio zu Perugia verwechſelt und dieſes letzte nach Aſiſi verlegt, wo keine ſolche Anſtalt vorhanden iſt. Nach dieſer unverhaͤltnißmaͤßig langen, doch unumgaͤng- lichen Abſchweifung, wenden wir uns zum Pinturicchio zuruͤck, welcher, eben weil ſein Leben, ſeine Wirkſamkeit, wie deren Richtung umſtaͤndlich bekannt ſind, uns weniger aufhalten wird. Dieſer Kuͤnſtler iſt ſeit Vaſari nicht ſelten mit Ungerech- tigkeit behandelt worden, was darin ſeinen Grund zu haben

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/348>, abgerufen am 22.11.2024.