theil bringen, indem sie, von stets verderblicher Nachahmung abgesehen, auch Sammlungen veranlaßt, welche, nach vorüber- gehender Befriedigung der Curiosität, zuletzt ermüden und ab- schrecken. Es wird daher nöthig seyn, diejenigen unter den Nachfolgern des Giotto, welche über dessen beschränkte und conventionelle Darstellung hinausgestrebt und eben hierin ein eigenthümliches Wollen dargelegt haben, jener sie herabwürdi- genden Gleichstellung mit ihren geistloseren Zeitgenossen zu ent- reißen. Indeß bewahrten die großen toscanischen Malerschu- len dieses Zeitalters, die florentinische und sienesische, eine so ausgesprochene Eigenthümlichkeit der Manier und Geistesart, daß wir das Ausgezeichnete der einen und anderen nicht wohl ge- meinschaftlich, sondern jedes für sich werden betrachten müssen.
Ghiberti*) erwähnt verschiedener Malereyen dieses Künst- lers, welche nicht mehr vorhanden sind; unter diesen bezeichnet er die ehemalige Altartafel der Servitenkirche zu Florenz als eines der besten Gemälde, welche ihm jemals vorgekommen waren. Auch ein Wunder des heiligen Franz an einer Mauer der Minoritenkirche schien ihm voll Handlung und Leben zu seyn. Also ward dieser Kenner, ungeachtet seines allgemeinen Vorurtheiles für den Stifter der neuen italienischen Manier, doch wohl einmal von den Fortschritten und Vorzügen des Schülers zur Bewunderung und Anerkennung hingerissen.
*)Cod. cit. f. 8.
theil bringen, indem ſie, von ſtets verderblicher Nachahmung abgeſehen, auch Sammlungen veranlaßt, welche, nach voruͤber- gehender Befriedigung der Curioſitaͤt, zuletzt ermuͤden und ab- ſchrecken. Es wird daher noͤthig ſeyn, diejenigen unter den Nachfolgern des Giotto, welche uͤber deſſen beſchraͤnkte und conventionelle Darſtellung hinausgeſtrebt und eben hierin ein eigenthuͤmliches Wollen dargelegt haben, jener ſie herabwuͤrdi- genden Gleichſtellung mit ihren geiſtloſeren Zeitgenoſſen zu ent- reißen. Indeß bewahrten die großen toscaniſchen Malerſchu- len dieſes Zeitalters, die florentiniſche und ſieneſiſche, eine ſo ausgeſprochene Eigenthuͤmlichkeit der Manier und Geiſtesart, daß wir das Ausgezeichnete der einen und anderen nicht wohl ge- meinſchaftlich, ſondern jedes fuͤr ſich werden betrachten muͤſſen.
Ghiberti*) erwaͤhnt verſchiedener Malereyen dieſes Kuͤnſt- lers, welche nicht mehr vorhanden ſind; unter dieſen bezeichnet er die ehemalige Altartafel der Servitenkirche zu Florenz als eines der beſten Gemaͤlde, welche ihm jemals vorgekommen waren. Auch ein Wunder des heiligen Franz an einer Mauer der Minoritenkirche ſchien ihm voll Handlung und Leben zu ſeyn. Alſo ward dieſer Kenner, ungeachtet ſeines allgemeinen Vorurtheiles fuͤr den Stifter der neuen italieniſchen Manier, doch wohl einmal von den Fortſchritten und Vorzuͤgen des Schuͤlers zur Bewunderung und Anerkennung hingeriſſen.
*)Cod. cit. f. 8.
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theil bringen, indem ſie, von ſtets verderblicher Nachahmung
abgeſehen, auch Sammlungen veranlaßt, welche, nach voruͤber-
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ſchrecken. Es wird daher noͤthig ſeyn, diejenigen unter den
Nachfolgern des Giotto, welche uͤber deſſen beſchraͤnkte und
conventionelle Darſtellung hinausgeſtrebt und eben hierin ein
eigenthuͤmliches Wollen dargelegt haben, jener ſie herabwuͤrdi-
genden Gleichſtellung mit ihren geiſtloſeren Zeitgenoſſen zu ent-
reißen. Indeß bewahrten die großen toscaniſchen Malerſchu-
len dieſes Zeitalters, die florentiniſche und ſieneſiſche, eine ſo
ausgeſprochene Eigenthuͤmlichkeit der Manier und Geiſtesart,
daß wir das Ausgezeichnete der einen und anderen nicht wohl ge-
meinſchaftlich, ſondern jedes fuͤr ſich werden betrachten muͤſſen.
Florentiner.
Taddeo di Gaddo.
Ghiberti *) erwaͤhnt verſchiedener Malereyen dieſes Kuͤnſt-
lers, welche nicht mehr vorhanden ſind; unter dieſen bezeichnet
er die ehemalige Altartafel der Servitenkirche zu Florenz als
eines der beſten Gemaͤlde, welche ihm jemals vorgekommen
waren. Auch ein Wunder des heiligen Franz an einer Mauer
der Minoritenkirche ſchien ihm voll Handlung und Leben zu
ſeyn. Alſo ward dieſer Kenner, ungeachtet ſeines allgemeinen
Vorurtheiles fuͤr den Stifter der neuen italieniſchen Manier,
doch wohl einmal von den Fortſchritten und Vorzuͤgen des
Schuͤlers zur Bewunderung und Anerkennung hingeriſſen.
*) Cod. cit. f. 8.
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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/96>, abgerufen am 23.11.2024.
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