gelangen nun schon an die Grenze der ganz modernen Zeit, da mehr und mehr die Ansicht aufkam, daß man, bey Dar- stellung von Ideen, diese mit jeder an sich beyfälligen, wenn auch ganz fremdartigen Form bekleiden dürfe. Bis dahin ließ man, auch ohne des Grundes sich bewußt zu werden, die Formen aus der Idee sich ergeben, organisch sich hervor- bilden, wie es jedesmal die Nothwendigkeit gebot.
Noch fällt in die Epoche, deren Uebersicht ich hier be- schließe, die Ausführung der heil. Cäcilia, sonst in der Kirche S. Giovanni a Monte unweit Bologna, jetzt, aus Paris zu- rückgekehrt, in der bolognesischen Gallerie. Bestellt ward dieses schöne Gemälde wahrscheinlich schon im J. 1510, gelegentlich der Einrichtung der Kappelle der heil. Cäcilia, doch, nach Malvasia*), um einiges später vollendet und aufgestellt. Aus der Verzögerung erklärt sich das Zusammentreffen einer fast alterthümlichen Einfalt der Anordnung mit später, male- rischer Manier des Vortrages und nicht undeutlichen Spuren häufiger Theilnahme der Gehülfen und Schüler. Gegenwär- tig ist freylich dieses Werk (zu Bologna und einige Jahre nach seiner Rückkehr aus Paris) so durchhin von einem Re- staurator besudelt, daß es mehr einer Copie, als noch sich selbst gleicht.
*)Felsina pitt. l. c. -- Quatrem. sagt, dieses Gemälde sey erst 1513 bestellt worden, was auf einem Mißverständniß des Malvasia zu beruhen scheint.
gelangen nun ſchon an die Grenze der ganz modernen Zeit, da mehr und mehr die Anſicht aufkam, daß man, bey Dar- ſtellung von Ideen, dieſe mit jeder an ſich beyfaͤlligen, wenn auch ganz fremdartigen Form bekleiden duͤrfe. Bis dahin ließ man, auch ohne des Grundes ſich bewußt zu werden, die Formen aus der Idee ſich ergeben, organiſch ſich hervor- bilden, wie es jedesmal die Nothwendigkeit gebot.
Noch faͤllt in die Epoche, deren Ueberſicht ich hier be- ſchließe, die Ausfuͤhrung der heil. Caͤcilia, ſonſt in der Kirche S. Giovanni a Monte unweit Bologna, jetzt, aus Paris zu- ruͤckgekehrt, in der bologneſiſchen Gallerie. Beſtellt ward dieſes ſchoͤne Gemaͤlde wahrſcheinlich ſchon im J. 1510, gelegentlich der Einrichtung der Kappelle der heil. Caͤcilia, doch, nach Malvaſia*), um einiges ſpaͤter vollendet und aufgeſtellt. Aus der Verzoͤgerung erklaͤrt ſich das Zuſammentreffen einer faſt alterthuͤmlichen Einfalt der Anordnung mit ſpaͤter, male- riſcher Manier des Vortrages und nicht undeutlichen Spuren haͤufiger Theilnahme der Gehuͤlfen und Schuͤler. Gegenwaͤr- tig iſt freylich dieſes Werk (zu Bologna und einige Jahre nach ſeiner Ruͤckkehr aus Paris) ſo durchhin von einem Re- ſtaurator beſudelt, daß es mehr einer Copie, als noch ſich ſelbſt gleicht.
*)Felsina pitt. l. c. — Quatrem. ſagt, dieſes Gemälde ſey erſt 1513 beſtellt worden, was auf einem Mißverſtändniß des Malvaſia zu beruhen ſcheint.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0142"n="120"/>
gelangen nun ſchon an die Grenze der ganz modernen Zeit,<lb/>
da mehr und mehr die Anſicht aufkam, daß man, bey Dar-<lb/>ſtellung von Ideen, dieſe mit jeder an ſich beyfaͤlligen, wenn<lb/>
auch ganz fremdartigen Form bekleiden duͤrfe. Bis dahin<lb/>
ließ man, auch ohne des Grundes ſich bewußt zu werden,<lb/>
die Formen aus der Idee ſich ergeben, organiſch ſich hervor-<lb/>
bilden, wie es jedesmal die Nothwendigkeit gebot.</p><lb/><p>Noch faͤllt in die Epoche, deren Ueberſicht ich hier be-<lb/>ſchließe, die Ausfuͤhrung der heil. <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118666479">Caͤcilia</persName>, ſonſt in der Kirche<lb/>
S. Giovanni a Monte unweit <placeName>Bologna</placeName>, jetzt, aus <placeName>Paris</placeName> zu-<lb/>
ruͤckgekehrt, in der bologneſiſchen Gallerie. Beſtellt ward dieſes<lb/>ſchoͤne Gemaͤlde wahrſcheinlich ſchon im J. 1510, gelegentlich<lb/>
der Einrichtung der Kappelle der heil. Caͤcilia, doch, nach<lb/><persNameref="http://d-nb.info/gnd/122440676">Malvaſia</persName><noteplace="foot"n="*)"><hirendition="#aq">Felsina pitt. l. c. —<persNameref="http://d-nb.info/gnd/118866737">Quatrem.</persName></hi>ſagt, dieſes Gemälde ſey erſt<lb/>
1513 beſtellt worden, was auf einem Mißverſtändniß des <persNameref="http://d-nb.info/gnd/122440676">Malvaſia</persName> zu<lb/>
beruhen ſcheint.</note>, um einiges ſpaͤter vollendet und aufgeſtellt.<lb/>
Aus der Verzoͤgerung erklaͤrt ſich das Zuſammentreffen einer<lb/>
faſt alterthuͤmlichen Einfalt der Anordnung mit ſpaͤter, male-<lb/>
riſcher Manier des Vortrages und nicht undeutlichen Spuren<lb/>
haͤufiger Theilnahme der Gehuͤlfen und Schuͤler. Gegenwaͤr-<lb/>
tig iſt freylich dieſes Werk (zu <placeName>Bologna</placeName> und einige Jahre<lb/>
nach ſeiner Ruͤckkehr aus <placeName>Paris</placeName>) ſo durchhin von einem Re-<lb/>ſtaurator beſudelt, daß es mehr einer Copie, als noch ſich<lb/>ſelbſt gleicht.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/></div></div></body></text></TEI>
[120/0142]
gelangen nun ſchon an die Grenze der ganz modernen Zeit,
da mehr und mehr die Anſicht aufkam, daß man, bey Dar-
ſtellung von Ideen, dieſe mit jeder an ſich beyfaͤlligen, wenn
auch ganz fremdartigen Form bekleiden duͤrfe. Bis dahin
ließ man, auch ohne des Grundes ſich bewußt zu werden,
die Formen aus der Idee ſich ergeben, organiſch ſich hervor-
bilden, wie es jedesmal die Nothwendigkeit gebot.
Noch faͤllt in die Epoche, deren Ueberſicht ich hier be-
ſchließe, die Ausfuͤhrung der heil. Caͤcilia, ſonſt in der Kirche
S. Giovanni a Monte unweit Bologna, jetzt, aus Paris zu-
ruͤckgekehrt, in der bologneſiſchen Gallerie. Beſtellt ward dieſes
ſchoͤne Gemaͤlde wahrſcheinlich ſchon im J. 1510, gelegentlich
der Einrichtung der Kappelle der heil. Caͤcilia, doch, nach
Malvaſia *), um einiges ſpaͤter vollendet und aufgeſtellt.
Aus der Verzoͤgerung erklaͤrt ſich das Zuſammentreffen einer
faſt alterthuͤmlichen Einfalt der Anordnung mit ſpaͤter, male-
riſcher Manier des Vortrages und nicht undeutlichen Spuren
haͤufiger Theilnahme der Gehuͤlfen und Schuͤler. Gegenwaͤr-
tig iſt freylich dieſes Werk (zu Bologna und einige Jahre
nach ſeiner Ruͤckkehr aus Paris) ſo durchhin von einem Re-
ſtaurator beſudelt, daß es mehr einer Copie, als noch ſich
ſelbſt gleicht.
*) Felsina pitt. l. c. — Quatrem. ſagt, dieſes Gemälde ſey erſt
1513 beſtellt worden, was auf einem Mißverſtändniß des Malvaſia zu
beruhen ſcheint.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen03_1831/142>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.