Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831.zu viel Dunkelheit oder Helle, Zusammenhängendes durchschnei- Das Resultat der eben beschlossenen Bemerkungen könnte zu viel Dunkelheit oder Helle, Zuſammenhaͤngendes durchſchnei- Das Reſultat der eben beſchloſſenen Bemerkungen koͤnnte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0043" n="21"/> zu viel Dunkelheit oder Helle, Zuſammenhaͤngendes durchſchnei-<lb/> den, alſo, was als Form erſcheinen ſoll, in Flecke verwan-<lb/> deln. Dieſes Geſetzes gewaͤrtig ſuchte <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118597787">Raphael</persName> den Localton<lb/> des Haares durch deſſen Helligkeit mit dem Hauptlichte der<lb/> Stirne in Zuſammenhang zu bringen, die Lichtparthieen ſeiner<lb/> Gewaͤnder, ohne lineariſche Schoͤnheiten zu vernichten, mit<lb/> Anmuth in breitere Flaͤchen zu vereinigen, Eindruͤcke und Ver-<lb/> tiefungen durch ſanfte Uebergaͤnge in die anſtoßenden Lichter<lb/> zu verſchmelzen.</p><lb/> <p>Das Reſultat der eben beſchloſſenen Bemerkungen koͤnnte<lb/> den Einwurf herbeyfuͤhren: daß <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118597787">Raphael</persName>, da ſein reiner Ge-<lb/> ſchmack in Dingen der Anordnung und maleriſchen Behand-<lb/> lung nie ſchwankt, nie ganz ſich verlaͤugnet, den Styl, den<lb/> ich als ein Allgemeines auffaſſe, in ſein Eigenthuͤmliches ver-<lb/> wandelt habe, nach welchem ſein maleriſcher Charakter nun<lb/> eben ſo ſicher ſich beſtimmen laſſe, als nach der Objectivitaͤt,<lb/> welche ich oben hervorgehoben. Indeß kann der Styl, als<lb/> etwas dem Handwerke der Kunſt Gehoͤrendes, erlernt, durch<lb/> reflectirende Beobachtung und practiſche Nachahmung erwor-<lb/> ben werden; <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118597787">Raphael dal Colle</persName>, <persName ref="http://d-nb.info/gnd/129899364">Domenico Alfani</persName>, <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118639242">Giulio<lb/> Romano</persName> und andere ſind dem von <placeName>Urbino</placeName> in dieſem Kunſt-<lb/> vortheile oft ſehr nahe gekommen. Hingegen vermochten ſie<lb/> nicht, die Objectivitaͤt ihres Meiſters und Vorbildes zu errei-<lb/> chen, weil deſſen gluͤcklichſte Einigung liebevoller Hingebung<lb/> und deutlicher Verſtaͤndigung auf Anlagen und bildenden Le-<lb/> bensereigniſſen beruht, welche nicht wohl ſich abſichtlich her-<lb/> beyfuͤhren laſſen. Das ganz Unvergleichbare in <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118597787">Raphaels</persName><lb/> kuͤnſtleriſchem Weſen bleibt alſo, was ich bereits bezeichnet<lb/> habe und nunmehr durch die verſchiedenen Epochen ſeiner<lb/> thaͤtigen Laufbahn verfolgen will.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [21/0043]
zu viel Dunkelheit oder Helle, Zuſammenhaͤngendes durchſchnei-
den, alſo, was als Form erſcheinen ſoll, in Flecke verwan-
deln. Dieſes Geſetzes gewaͤrtig ſuchte Raphael den Localton
des Haares durch deſſen Helligkeit mit dem Hauptlichte der
Stirne in Zuſammenhang zu bringen, die Lichtparthieen ſeiner
Gewaͤnder, ohne lineariſche Schoͤnheiten zu vernichten, mit
Anmuth in breitere Flaͤchen zu vereinigen, Eindruͤcke und Ver-
tiefungen durch ſanfte Uebergaͤnge in die anſtoßenden Lichter
zu verſchmelzen.
Das Reſultat der eben beſchloſſenen Bemerkungen koͤnnte
den Einwurf herbeyfuͤhren: daß Raphael, da ſein reiner Ge-
ſchmack in Dingen der Anordnung und maleriſchen Behand-
lung nie ſchwankt, nie ganz ſich verlaͤugnet, den Styl, den
ich als ein Allgemeines auffaſſe, in ſein Eigenthuͤmliches ver-
wandelt habe, nach welchem ſein maleriſcher Charakter nun
eben ſo ſicher ſich beſtimmen laſſe, als nach der Objectivitaͤt,
welche ich oben hervorgehoben. Indeß kann der Styl, als
etwas dem Handwerke der Kunſt Gehoͤrendes, erlernt, durch
reflectirende Beobachtung und practiſche Nachahmung erwor-
ben werden; Raphael dal Colle, Domenico Alfani, Giulio
Romano und andere ſind dem von Urbino in dieſem Kunſt-
vortheile oft ſehr nahe gekommen. Hingegen vermochten ſie
nicht, die Objectivitaͤt ihres Meiſters und Vorbildes zu errei-
chen, weil deſſen gluͤcklichſte Einigung liebevoller Hingebung
und deutlicher Verſtaͤndigung auf Anlagen und bildenden Le-
bensereigniſſen beruht, welche nicht wohl ſich abſichtlich her-
beyfuͤhren laſſen. Das ganz Unvergleichbare in Raphaels
kuͤnſtleriſchem Weſen bleibt alſo, was ich bereits bezeichnet
habe und nunmehr durch die verſchiedenen Epochen ſeiner
thaͤtigen Laufbahn verfolgen will.
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