sen urkundlicher Art ist freylich nicht viel Hoffnung vorhan- den; die Vorzüge, der Charakter des Bildes, welche beide weit über den Pinturicchio hinausgehn, sind hier die einzigen ganz sicheren Stützpuncte.
Wie in der vorigen Tafel, so sitzt auch hier die Jung- frau unter einem Thronhimmel, den Thron schmücken indeß zierlichere architectonische Theile, deren Weiß sehr rein gehal- ten ist. Ueber dem Throne regelmäßig vertheilte Cherubsköpfe, wie sonst in dem Raphael der Münchener (Düsseldorfer) Gal- lerie; seitwärts umschweben den Thron Engel in jener Bewe- gung und Ansicht, welche keinem der vorangehenden Bilder fehlten. Zu beiden Seiten des Thrones, auf dem Boden, stehen die Heiligen Franciscus, Anton von Padua, Johannes Baptista und Hieronymus. Der landschaftliche Grund von vortrefflichen Linien, die Himmelsbläue nicht peruginesk dun- kel, sondern licht und strahlend, wie Raphael sie liebte. Der Kopf der Madonna nähert sich in den Formen dem Bilde, welches die Madonna del Granduca genannt wird.
Leider ist dieses ausnehmende Bild ganz ungemein ver- waschen; der Kopf des heil. Franz bis auf die Untermalung. Doch nur um so deutlicher sieht man die pastose Helligkeit der Unterlagen. Der Kopf des heil. Hieronymus hat wenig mehr, als die Lasuren eingebüßt; er ist ganz raphaelisch, das ist, colorirt, wie Raphael in der Mitte seiner florentinischen Laufbahn färbte.
Ueber das Ganze ist so viel Schönheit ausgegossen, es zeigt sich, bey gegenwärtigem Zustande, darin so viel technisch Belehrendes, daß es, auch von dem Interesse des Namens abgesehn immer höchst beachtenswerth seyn dürfte.
Für neuer, wie dieses, etwa dem Bilde von Pescia
ſen urkundlicher Art iſt freylich nicht viel Hoffnung vorhan- den; die Vorzuͤge, der Charakter des Bildes, welche beide weit uͤber den Pinturicchio hinausgehn, ſind hier die einzigen ganz ſicheren Stuͤtzpuncte.
Wie in der vorigen Tafel, ſo ſitzt auch hier die Jung- frau unter einem Thronhimmel, den Thron ſchmuͤcken indeß zierlichere architectoniſche Theile, deren Weiß ſehr rein gehal- ten iſt. Ueber dem Throne regelmaͤßig vertheilte Cherubskoͤpfe, wie ſonſt in dem Raphael der Muͤnchener (Duͤſſeldorfer) Gal- lerie; ſeitwaͤrts umſchweben den Thron Engel in jener Bewe- gung und Anſicht, welche keinem der vorangehenden Bilder fehlten. Zu beiden Seiten des Thrones, auf dem Boden, ſtehen die Heiligen Franciscus, Anton von Padua, Johannes Baptiſta und Hieronymus. Der landſchaftliche Grund von vortrefflichen Linien, die Himmelsblaͤue nicht peruginesk dun- kel, ſondern licht und ſtrahlend, wie Raphael ſie liebte. Der Kopf der Madonna naͤhert ſich in den Formen dem Bilde, welches die Madonna del Granduca genannt wird.
Leider iſt dieſes ausnehmende Bild ganz ungemein ver- waſchen; der Kopf des heil. Franz bis auf die Untermalung. Doch nur um ſo deutlicher ſieht man die paſtoſe Helligkeit der Unterlagen. Der Kopf des heil. Hieronymus hat wenig mehr, als die Laſuren eingebuͤßt; er iſt ganz raphaeliſch, das iſt, colorirt, wie Raphael in der Mitte ſeiner florentiniſchen Laufbahn faͤrbte.
Ueber das Ganze iſt ſo viel Schoͤnheit ausgegoſſen, es zeigt ſich, bey gegenwaͤrtigem Zuſtande, darin ſo viel techniſch Belehrendes, daß es, auch von dem Intereſſe des Namens abgeſehn immer hoͤchſt beachtenswerth ſeyn duͤrfte.
Fuͤr neuer, wie dieſes, etwa dem Bilde von Peſcia
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0079"n="57"/>ſen urkundlicher Art iſt freylich nicht viel Hoffnung vorhan-<lb/>
den; die Vorzuͤge, der Charakter des Bildes, welche beide<lb/>
weit uͤber den <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118792261">Pinturicchio</persName> hinausgehn, ſind hier die einzigen<lb/>
ganz ſicheren Stuͤtzpuncte.</p><lb/><p>Wie in der vorigen Tafel, ſo ſitzt auch hier die Jung-<lb/>
frau unter einem Thronhimmel, den Thron ſchmuͤcken indeß<lb/>
zierlichere architectoniſche Theile, deren Weiß ſehr rein gehal-<lb/>
ten iſt. Ueber dem Throne regelmaͤßig vertheilte Cherubskoͤpfe,<lb/>
wie ſonſt in dem <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118597787">Raphael</persName> der Muͤnchener (Duͤſſeldorfer) Gal-<lb/>
lerie; ſeitwaͤrts umſchweben den Thron Engel in jener Bewe-<lb/>
gung und Anſicht, welche keinem der vorangehenden Bilder<lb/>
fehlten. Zu beiden Seiten des Thrones, auf dem Boden,<lb/>ſtehen die Heiligen <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118534963">Franciscus</persName>, <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118503510">Anton von Padua</persName>, <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118557858">Johannes<lb/>
Baptiſta</persName> und <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118550853">Hieronymus</persName>. Der landſchaftliche Grund von<lb/>
vortrefflichen Linien, die Himmelsblaͤue nicht peruginesk dun-<lb/>
kel, ſondern licht und ſtrahlend, wie <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118597787">Raphael</persName>ſie liebte. Der<lb/>
Kopf der Madonna naͤhert ſich in den Formen dem Bilde,<lb/>
welches die Madonna del <placeName>Granduca</placeName> genannt wird.</p><lb/><p>Leider iſt dieſes ausnehmende Bild ganz ungemein ver-<lb/>
waſchen; der Kopf des <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118534963">heil. Franz</persName> bis auf die Untermalung.<lb/>
Doch nur um ſo deutlicher ſieht man die paſtoſe Helligkeit<lb/>
der Unterlagen. Der Kopf des heil. <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118550853">Hieronymus</persName> hat wenig<lb/>
mehr, als die Laſuren eingebuͤßt; er iſt ganz raphaeliſch, das<lb/>
iſt, colorirt, wie <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118597787">Raphael</persName> in der Mitte ſeiner florentiniſchen<lb/>
Laufbahn faͤrbte.</p><lb/><p>Ueber das Ganze iſt ſo viel Schoͤnheit ausgegoſſen, es<lb/>
zeigt ſich, bey gegenwaͤrtigem Zuſtande, darin ſo viel techniſch<lb/>
Belehrendes, daß es, auch von dem Intereſſe des Namens<lb/>
abgeſehn immer hoͤchſt beachtenswerth ſeyn duͤrfte.</p><lb/><p>Fuͤr neuer, wie dieſes, etwa dem Bilde von <placeName>Peſcia</placeName><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[57/0079]
ſen urkundlicher Art iſt freylich nicht viel Hoffnung vorhan-
den; die Vorzuͤge, der Charakter des Bildes, welche beide
weit uͤber den Pinturicchio hinausgehn, ſind hier die einzigen
ganz ſicheren Stuͤtzpuncte.
Wie in der vorigen Tafel, ſo ſitzt auch hier die Jung-
frau unter einem Thronhimmel, den Thron ſchmuͤcken indeß
zierlichere architectoniſche Theile, deren Weiß ſehr rein gehal-
ten iſt. Ueber dem Throne regelmaͤßig vertheilte Cherubskoͤpfe,
wie ſonſt in dem Raphael der Muͤnchener (Duͤſſeldorfer) Gal-
lerie; ſeitwaͤrts umſchweben den Thron Engel in jener Bewe-
gung und Anſicht, welche keinem der vorangehenden Bilder
fehlten. Zu beiden Seiten des Thrones, auf dem Boden,
ſtehen die Heiligen Franciscus, Anton von Padua, Johannes
Baptiſta und Hieronymus. Der landſchaftliche Grund von
vortrefflichen Linien, die Himmelsblaͤue nicht peruginesk dun-
kel, ſondern licht und ſtrahlend, wie Raphael ſie liebte. Der
Kopf der Madonna naͤhert ſich in den Formen dem Bilde,
welches die Madonna del Granduca genannt wird.
Leider iſt dieſes ausnehmende Bild ganz ungemein ver-
waſchen; der Kopf des heil. Franz bis auf die Untermalung.
Doch nur um ſo deutlicher ſieht man die paſtoſe Helligkeit
der Unterlagen. Der Kopf des heil. Hieronymus hat wenig
mehr, als die Laſuren eingebuͤßt; er iſt ganz raphaeliſch, das
iſt, colorirt, wie Raphael in der Mitte ſeiner florentiniſchen
Laufbahn faͤrbte.
Ueber das Ganze iſt ſo viel Schoͤnheit ausgegoſſen, es
zeigt ſich, bey gegenwaͤrtigem Zuſtande, darin ſo viel techniſch
Belehrendes, daß es, auch von dem Intereſſe des Namens
abgeſehn immer hoͤchſt beachtenswerth ſeyn duͤrfte.
Fuͤr neuer, wie dieſes, etwa dem Bilde von Peſcia
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen03_1831/79>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.