Rumohr, Karl Friedrich: Der letzte Savello. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 125–209. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Der vielbegabte Mann, der sich als Forscher und Kenner um die Begründung der modernen Kunstwissenschaft unvergeßliche Verdienste erwarb, hat es in seinen verschiedenen dichterischen Versuchen, trotz des redlichsten Bemühens, nicht über den Dilettanten gebracht, da ihm reichere Erfindung und die unbewußt gestaltende sinnliche Kraft gebrach, ohne die alle Feinheit des Geschmacks und der künstlerischen Absicht zu kurz kommt. Gleichwohl verdient er unter den Pflegern der Novelle eine ehrenvolle Erwähnung, wäre es auch nur um der eigensinnigen und fast verzweifelten Liebe willen, mit der er der Novelle sein Lebenlang nachgegangen ist und sich bestrebt hat, ihr Wesen zu ergründen, ihren Begriff auf eine handliche Formel zu bringen, ihr Gebiet gegen unberechtigte Erweiterungen oder das Eindringen falscher Tendenzen sicher zu stellen. Seine Studien italienischer Geschichte und Cultur hatten ihn an die Quelle der Novellistik geführt, und ehe noch ein literarhistorisches Interesse sich dieser Schätze bemächtigte, theilte er in seiner 1816 erschienenen "Sammlung für Kunst und Historie" eine Reihe alter Novellen in feinkörniger Uebertragung mit, zunächst um zu zeigen, wie viel werthvolle Zeugnisse für die Sittengeschichte des Mittelalters in diesen Schnurren und Schwänken enthalten seien. Erst in den Jahren 1833 und 1835 veröffentlichte er zwei Bändchen Novellen eigener Erfindung, bei denen uns der Verdacht be- Der vielbegabte Mann, der sich als Forscher und Kenner um die Begründung der modernen Kunstwissenschaft unvergeßliche Verdienste erwarb, hat es in seinen verschiedenen dichterischen Versuchen, trotz des redlichsten Bemühens, nicht über den Dilettanten gebracht, da ihm reichere Erfindung und die unbewußt gestaltende sinnliche Kraft gebrach, ohne die alle Feinheit des Geschmacks und der künstlerischen Absicht zu kurz kommt. Gleichwohl verdient er unter den Pflegern der Novelle eine ehrenvolle Erwähnung, wäre es auch nur um der eigensinnigen und fast verzweifelten Liebe willen, mit der er der Novelle sein Lebenlang nachgegangen ist und sich bestrebt hat, ihr Wesen zu ergründen, ihren Begriff auf eine handliche Formel zu bringen, ihr Gebiet gegen unberechtigte Erweiterungen oder das Eindringen falscher Tendenzen sicher zu stellen. Seine Studien italienischer Geschichte und Cultur hatten ihn an die Quelle der Novellistik geführt, und ehe noch ein literarhistorisches Interesse sich dieser Schätze bemächtigte, theilte er in seiner 1816 erschienenen „Sammlung für Kunst und Historie“ eine Reihe alter Novellen in feinkörniger Uebertragung mit, zunächst um zu zeigen, wie viel werthvolle Zeugnisse für die Sittengeschichte des Mittelalters in diesen Schnurren und Schwänken enthalten seien. Erst in den Jahren 1833 und 1835 veröffentlichte er zwei Bändchen Novellen eigener Erfindung, bei denen uns der Verdacht be- <TEI> <text> <front> <div type="preface"> <pb facs="#f0006"/> <p>Der vielbegabte Mann, der sich als Forscher und Kenner um die Begründung der modernen Kunstwissenschaft unvergeßliche Verdienste erwarb, hat es in seinen verschiedenen dichterischen Versuchen, trotz des redlichsten Bemühens, nicht über den Dilettanten gebracht, da ihm reichere Erfindung und die unbewußt gestaltende sinnliche Kraft gebrach, ohne die alle Feinheit des Geschmacks und der künstlerischen Absicht zu kurz kommt. Gleichwohl verdient er unter den Pflegern der Novelle eine ehrenvolle Erwähnung, wäre es auch nur um der eigensinnigen und fast verzweifelten Liebe willen, mit der er der Novelle sein Lebenlang nachgegangen ist und sich bestrebt hat, ihr Wesen zu ergründen, ihren Begriff auf eine handliche Formel zu bringen, ihr Gebiet gegen unberechtigte Erweiterungen oder das Eindringen falscher Tendenzen sicher zu stellen. Seine Studien italienischer Geschichte und Cultur hatten ihn an die Quelle der Novellistik geführt, und ehe noch ein literarhistorisches Interesse sich dieser Schätze bemächtigte, theilte er in seiner 1816 erschienenen „Sammlung für Kunst und Historie“ eine Reihe alter Novellen in feinkörniger Uebertragung mit, zunächst um zu zeigen, wie viel werthvolle Zeugnisse für die Sittengeschichte des Mittelalters in diesen Schnurren und Schwänken enthalten seien. Erst in den Jahren 1833 und 1835 veröffentlichte er zwei Bändchen Novellen eigener Erfindung, bei denen uns der Verdacht be-<lb/></p> </div> </front> </text> </TEI> [0006]
Der vielbegabte Mann, der sich als Forscher und Kenner um die Begründung der modernen Kunstwissenschaft unvergeßliche Verdienste erwarb, hat es in seinen verschiedenen dichterischen Versuchen, trotz des redlichsten Bemühens, nicht über den Dilettanten gebracht, da ihm reichere Erfindung und die unbewußt gestaltende sinnliche Kraft gebrach, ohne die alle Feinheit des Geschmacks und der künstlerischen Absicht zu kurz kommt. Gleichwohl verdient er unter den Pflegern der Novelle eine ehrenvolle Erwähnung, wäre es auch nur um der eigensinnigen und fast verzweifelten Liebe willen, mit der er der Novelle sein Lebenlang nachgegangen ist und sich bestrebt hat, ihr Wesen zu ergründen, ihren Begriff auf eine handliche Formel zu bringen, ihr Gebiet gegen unberechtigte Erweiterungen oder das Eindringen falscher Tendenzen sicher zu stellen. Seine Studien italienischer Geschichte und Cultur hatten ihn an die Quelle der Novellistik geführt, und ehe noch ein literarhistorisches Interesse sich dieser Schätze bemächtigte, theilte er in seiner 1816 erschienenen „Sammlung für Kunst und Historie“ eine Reihe alter Novellen in feinkörniger Uebertragung mit, zunächst um zu zeigen, wie viel werthvolle Zeugnisse für die Sittengeschichte des Mittelalters in diesen Schnurren und Schwänken enthalten seien. Erst in den Jahren 1833 und 1835 veröffentlichte er zwei Bändchen Novellen eigener Erfindung, bei denen uns der Verdacht be-
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Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
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