Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rumohr, Karl Friedrich: Der letzte Savello. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 125–209. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

auch hier wiederum der Erste zu sein. Bald indeß erhob sich ein allgemeines Gebelle, welches das Brausen des aufgeschreckten Wildes, das Angstgeheul schon verwundeter Hunde verschlang und weit übertönte.

Das Getöse und die Bewegung im Rohre näherte sich der Freiung; Savello saß ab und ergriff den Jagdspieß, indem er die Stelle ins Auge faßte, wo nach seinem Urtheil der Eber hervorbrechen mußte. Die Gefährten folgten seinem Beispiele, hielten doch von den Ausgängen sich weiter entfernt. Savello stand daher von den Uebrigen abgesondert und von naher Hülfe, wenn er deren hätte bedürfen sollen, durchaus entblößt.

Ein Augenblick noch, und es schoß das vielfach verwundete, gereizte Wild schäumend und brausend hervor aus dem Dickicht, zugleich mit ihm zwei machtvolle Hunde. Sie hatten seine Ohren mit den Zähnen gefaßt und suchten es zu lenken, zu schleppen oder aufzuhalten. Doch, unmittelbar nachdem es die Freiung erreicht hatte, riß es dem einen die Brust, dem andern den Leib auf und warf sie beide laut heulend von sich ab auf den Boden hin. Vorwärts rannte es nun ohne Aufenthalt dem Savello entgegen, welcher den Jagdspieß anstemmte und seinen Feind fest in den Augen behielt. Der laute Ruf seiner Jagdgefährten, als sie ihn in Gefahr sahen, verwirrte, entmuthigte ihn nicht. Er hatte nur für seine Beute Sinn, wendete sich, als der Eber ihm nahe gekommen, behend in die Richtung seiner Bahn. Das Thier rannte auf, doch mit so ungeheurer Gewalt,

auch hier wiederum der Erste zu sein. Bald indeß erhob sich ein allgemeines Gebelle, welches das Brausen des aufgeschreckten Wildes, das Angstgeheul schon verwundeter Hunde verschlang und weit übertönte.

Das Getöse und die Bewegung im Rohre näherte sich der Freiung; Savello saß ab und ergriff den Jagdspieß, indem er die Stelle ins Auge faßte, wo nach seinem Urtheil der Eber hervorbrechen mußte. Die Gefährten folgten seinem Beispiele, hielten doch von den Ausgängen sich weiter entfernt. Savello stand daher von den Uebrigen abgesondert und von naher Hülfe, wenn er deren hätte bedürfen sollen, durchaus entblößt.

Ein Augenblick noch, und es schoß das vielfach verwundete, gereizte Wild schäumend und brausend hervor aus dem Dickicht, zugleich mit ihm zwei machtvolle Hunde. Sie hatten seine Ohren mit den Zähnen gefaßt und suchten es zu lenken, zu schleppen oder aufzuhalten. Doch, unmittelbar nachdem es die Freiung erreicht hatte, riß es dem einen die Brust, dem andern den Leib auf und warf sie beide laut heulend von sich ab auf den Boden hin. Vorwärts rannte es nun ohne Aufenthalt dem Savello entgegen, welcher den Jagdspieß anstemmte und seinen Feind fest in den Augen behielt. Der laute Ruf seiner Jagdgefährten, als sie ihn in Gefahr sahen, verwirrte, entmuthigte ihn nicht. Er hatte nur für seine Beute Sinn, wendete sich, als der Eber ihm nahe gekommen, behend in die Richtung seiner Bahn. Das Thier rannte auf, doch mit so ungeheurer Gewalt,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0061"/>
auch hier wiederum der Erste zu sein. Bald indeß erhob sich ein                allgemeines Gebelle, welches das Brausen des aufgeschreckten Wildes, das Angstgeheul                schon verwundeter Hunde verschlang und weit übertönte.</p><lb/>
        <p>Das Getöse und die Bewegung im Rohre näherte sich der Freiung; Savello saß ab und                ergriff den Jagdspieß, indem er die Stelle ins Auge faßte, wo nach seinem Urtheil der                Eber hervorbrechen mußte. Die Gefährten folgten seinem Beispiele, hielten doch von                den Ausgängen sich weiter entfernt. Savello stand daher von den Uebrigen abgesondert                und von naher Hülfe, wenn er deren hätte bedürfen sollen, durchaus entblößt.</p><lb/>
        <p>Ein Augenblick noch, und es schoß das vielfach verwundete, gereizte Wild schäumend                und brausend hervor aus dem Dickicht, zugleich mit ihm zwei machtvolle Hunde. Sie                hatten seine Ohren mit den Zähnen gefaßt und suchten es zu lenken, zu schleppen oder                aufzuhalten. Doch, unmittelbar nachdem es die Freiung erreicht hatte, riß es dem                einen die Brust, dem andern den Leib auf und warf sie beide laut heulend von sich ab                auf den Boden hin. Vorwärts rannte es nun ohne Aufenthalt dem Savello entgegen,                welcher den Jagdspieß anstemmte und seinen Feind fest in den Augen behielt. Der laute                Ruf seiner Jagdgefährten, als sie ihn in Gefahr sahen, verwirrte, entmuthigte ihn                nicht. Er hatte nur für seine Beute Sinn, wendete sich, als der Eber ihm nahe                gekommen, behend in die Richtung seiner Bahn. Das Thier rannte auf, doch mit so                ungeheurer Gewalt,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0061] auch hier wiederum der Erste zu sein. Bald indeß erhob sich ein allgemeines Gebelle, welches das Brausen des aufgeschreckten Wildes, das Angstgeheul schon verwundeter Hunde verschlang und weit übertönte. Das Getöse und die Bewegung im Rohre näherte sich der Freiung; Savello saß ab und ergriff den Jagdspieß, indem er die Stelle ins Auge faßte, wo nach seinem Urtheil der Eber hervorbrechen mußte. Die Gefährten folgten seinem Beispiele, hielten doch von den Ausgängen sich weiter entfernt. Savello stand daher von den Uebrigen abgesondert und von naher Hülfe, wenn er deren hätte bedürfen sollen, durchaus entblößt. Ein Augenblick noch, und es schoß das vielfach verwundete, gereizte Wild schäumend und brausend hervor aus dem Dickicht, zugleich mit ihm zwei machtvolle Hunde. Sie hatten seine Ohren mit den Zähnen gefaßt und suchten es zu lenken, zu schleppen oder aufzuhalten. Doch, unmittelbar nachdem es die Freiung erreicht hatte, riß es dem einen die Brust, dem andern den Leib auf und warf sie beide laut heulend von sich ab auf den Boden hin. Vorwärts rannte es nun ohne Aufenthalt dem Savello entgegen, welcher den Jagdspieß anstemmte und seinen Feind fest in den Augen behielt. Der laute Ruf seiner Jagdgefährten, als sie ihn in Gefahr sahen, verwirrte, entmuthigte ihn nicht. Er hatte nur für seine Beute Sinn, wendete sich, als der Eber ihm nahe gekommen, behend in die Richtung seiner Bahn. Das Thier rannte auf, doch mit so ungeheurer Gewalt,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T10:26:17Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T10:26:17Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_savello_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_savello_1910/61
Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich: Der letzte Savello. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 125–209. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_savello_1910/61>, abgerufen am 02.05.2024.