stattliche Fabriksgebäude erreicht, in welchem, wie es der Va¬ ter des Bräutigams gewünscht, das eigentliche Hochzeitsfest stattfinden sollte. Eine fröhliche Arbeiterschaar empfing uns, dann traten wir in einen großen, mit Laub- und Blumenge¬ winden reich ausgeschmückten Saal, wo uns ein wohlbesetztes Orchester mit einem lebhaften Tusch bewillkommte. Hierauf gingen wir zur Tafel, welche für die zahlreichen Gäste in einem weitläufigen Nebenraume gedeckt war. Ich hatte meinen Platz zwischen zwei jungen Frauenzimmern erhalten, welchen ich mich nun artig erweisen mußte; aber ich sah doch beständig zu Mariannen hinüber, die in sich versunken an der Seite Dorners neben der Braut saß. Sie berührte fast nichts und nippte nur manchmal von dem perlenden Schaumweine, den man credenzt hatte. Als auf das Wohl der Vermählten ein Toast ausgebracht wurde, fiel sie Emilien convulsivisch weinend an die Brust, und sie hörte es nicht, daß man nun auch das Ehepaar Dorner leben ließ. Darauf aufmerksam gemacht, schrack sie empor und es war, als durchbebe sie ein leiser Schauder, als sie ihr Glas mit dem ihres Gatten zusammen¬ klingen ließ. Inzwischen war es bereits ziemlich dunkel geworden. Im Saale wurden die Lichter angezündet und plötzlich erließ das Orchester mit einigen raschen Takten die Aufforderung zum Tanze. Diese Klänge wirkten elektrisch; Stühle wurden ge¬ rückt, Gewänder rauschten -- und im Nu tanzte ein Paar nach dem andern in den Saal hinaus, wo schon ein beschwin¬
ſtattliche Fabriksgebäude erreicht, in welchem, wie es der Va¬ ter des Bräutigams gewünſcht, das eigentliche Hochzeitsfeſt ſtattfinden ſollte. Eine fröhliche Arbeiterſchaar empfing uns, dann traten wir in einen großen, mit Laub- und Blumenge¬ winden reich ausgeſchmückten Saal, wo uns ein wohlbeſetztes Orcheſter mit einem lebhaften Tuſch bewillkommte. Hierauf gingen wir zur Tafel, welche für die zahlreichen Gäſte in einem weitläufigen Nebenraume gedeckt war. Ich hatte meinen Platz zwiſchen zwei jungen Frauenzimmern erhalten, welchen ich mich nun artig erweiſen mußte; aber ich ſah doch beſtändig zu Mariannen hinüber, die in ſich verſunken an der Seite Dorners neben der Braut ſaß. Sie berührte faſt nichts und nippte nur manchmal von dem perlenden Schaumweine, den man credenzt hatte. Als auf das Wohl der Vermählten ein Toaſt ausgebracht wurde, fiel ſie Emilien convulſiviſch weinend an die Bruſt, und ſie hörte es nicht, daß man nun auch das Ehepaar Dorner leben ließ. Darauf aufmerkſam gemacht, ſchrack ſie empor und es war, als durchbebe ſie ein leiſer Schauder, als ſie ihr Glas mit dem ihres Gatten zuſammen¬ klingen ließ. Inzwiſchen war es bereits ziemlich dunkel geworden. Im Saale wurden die Lichter angezündet und plötzlich erließ das Orcheſter mit einigen raſchen Takten die Aufforderung zum Tanze. Dieſe Klänge wirkten elektriſch; Stühle wurden ge¬ rückt, Gewänder rauſchten — und im Nu tanzte ein Paar nach dem andern in den Saal hinaus, wo ſchon ein beſchwin¬
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ſtattliche Fabriksgebäude erreicht, in welchem, wie es der Va¬
ter des Bräutigams gewünſcht, das eigentliche Hochzeitsfeſt
ſtattfinden ſollte. Eine fröhliche Arbeiterſchaar empfing uns,
dann traten wir in einen großen, mit Laub- und Blumenge¬
winden reich ausgeſchmückten Saal, wo uns ein wohlbeſetztes
Orcheſter mit einem lebhaften Tuſch bewillkommte. Hierauf
gingen wir zur Tafel, welche für die zahlreichen Gäſte in
einem weitläufigen Nebenraume gedeckt war. Ich hatte meinen
Platz zwiſchen zwei jungen Frauenzimmern erhalten, welchen
ich mich nun artig erweiſen mußte; aber ich ſah doch beſtändig
zu Mariannen hinüber, die in ſich verſunken an der Seite
Dorners neben der Braut ſaß. Sie berührte faſt nichts und
nippte nur manchmal von dem perlenden Schaumweine, den
man credenzt hatte. Als auf das Wohl der Vermählten ein
Toaſt ausgebracht wurde, fiel ſie Emilien convulſiviſch weinend
an die Bruſt, und ſie hörte es nicht, daß man nun auch das
Ehepaar Dorner leben ließ. Darauf aufmerkſam gemacht,
ſchrack ſie empor und es war, als durchbebe ſie ein leiſer
Schauder, als ſie ihr Glas mit dem ihres Gatten zuſammen¬
klingen ließ. Inzwiſchen war es bereits ziemlich dunkel geworden.
Im Saale wurden die Lichter angezündet und plötzlich erließ
das Orcheſter mit einigen raſchen Takten die Aufforderung zum
Tanze. Dieſe Klänge wirkten elektriſch; Stühle wurden ge¬
rückt, Gewänder rauſchten — und im Nu tanzte ein Paar
nach dem andern in den Saal hinaus, wo ſchon ein beſchwin¬
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Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/saar_novellen_1877/134>, abgerufen am 24.11.2024.
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