Sacher-Masoch, Leopold von: Don Juan von Kolomea. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 197–279. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Aber, Hochwürden, Herr Wohlthäter, sollen wir so leben? Das geht doch nicht. Oho! Fegefeuer! Freilich, das geht nicht. Wofür wäre denn die Kirche da? Wissen Sie, verehrter, verirrter Freund, was das ist, Christenthum? Allenfalls, wenn Sie so mit einem Frauenzimmer sich erlustigen, ohne sie zu lieben -- was wird man sagen? -- Der Wüstling! -- In der christlichen Ehe versteht sich das von selbst. Allenfalls, wenn Sie so ein Frauenzimmer zahlen oder geben ihr was, ein Tuch, was weiß ich, da spuckt Jeder aus. Die Dirne da verkauft sich. -- In der christlichen Ehe, mein verirrter Freund, versteht sich das von selbst. Wovon spricht denn so die brave, christliche Ehefrau? Etwa von solchen Lüsten? Fegefeuer! Von ihrer Morgengabe spricht sie, und wie der brave, christtiche Ehegatte sie kleidet und nährt. Hab' ich Recht? Liebe? -- Da heißt es: Sorge für dein Weib, ernähre deine Kinder. Basta! Das ist eine christliche Ehe. Fegefeuer! Das will ich meinen. Heirathet man der Liebe wegen, frage ich, oder des priesterlichen Segens wegen? Nun? Wenn man der Liebe wegen heirathen würde, brauchte man den priesterlichen Segen gar nicht. Ergo! Das will ich meinen. -- So der Pfarrer. Es wird mir immer einsamer zu Hause, es treibt mich fort. Nun bleibe ich auf dem Felde draußen, Aber, Hochwürden, Herr Wohlthäter, sollen wir so leben? Das geht doch nicht. Oho! Fegefeuer! Freilich, das geht nicht. Wofür wäre denn die Kirche da? Wissen Sie, verehrter, verirrter Freund, was das ist, Christenthum? Allenfalls, wenn Sie so mit einem Frauenzimmer sich erlustigen, ohne sie zu lieben — was wird man sagen? — Der Wüstling! — In der christlichen Ehe versteht sich das von selbst. Allenfalls, wenn Sie so ein Frauenzimmer zahlen oder geben ihr was, ein Tuch, was weiß ich, da spuckt Jeder aus. Die Dirne da verkauft sich. — In der christlichen Ehe, mein verirrter Freund, versteht sich das von selbst. Wovon spricht denn so die brave, christliche Ehefrau? Etwa von solchen Lüsten? Fegefeuer! Von ihrer Morgengabe spricht sie, und wie der brave, christtiche Ehegatte sie kleidet und nährt. Hab' ich Recht? Liebe? — Da heißt es: Sorge für dein Weib, ernähre deine Kinder. Basta! Das ist eine christliche Ehe. Fegefeuer! Das will ich meinen. Heirathet man der Liebe wegen, frage ich, oder des priesterlichen Segens wegen? Nun? Wenn man der Liebe wegen heirathen würde, brauchte man den priesterlichen Segen gar nicht. Ergo! Das will ich meinen. — So der Pfarrer. Es wird mir immer einsamer zu Hause, es treibt mich fort. Nun bleibe ich auf dem Felde draußen, <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0069"/> <p>Aber, Hochwürden, Herr Wohlthäter, sollen wir so leben? Das geht doch nicht.</p><lb/> <p>Oho! Fegefeuer! Freilich, das geht nicht. Wofür wäre denn die Kirche da? Wissen Sie, verehrter, verirrter Freund, was das ist, Christenthum?</p><lb/> <p>Allenfalls, wenn Sie so mit einem Frauenzimmer sich erlustigen, ohne sie zu lieben — was wird man sagen? — Der Wüstling! — In der christlichen Ehe versteht sich das von selbst.</p><lb/> <p>Allenfalls, wenn Sie so ein Frauenzimmer zahlen oder geben ihr was, ein Tuch, was weiß ich, da spuckt Jeder aus. Die Dirne da verkauft sich. — In der christlichen Ehe, mein verirrter Freund, versteht sich das von selbst.</p><lb/> <p>Wovon spricht denn so die brave, christliche Ehefrau? Etwa von solchen Lüsten? Fegefeuer! Von ihrer Morgengabe spricht sie, und wie der brave, christtiche Ehegatte sie kleidet und nährt. Hab' ich Recht?</p><lb/> <p>Liebe? — Da heißt es: Sorge für dein Weib, ernähre deine Kinder. Basta! Das ist eine christliche Ehe. Fegefeuer! Das will ich meinen.</p><lb/> <p>Heirathet man der Liebe wegen, frage ich, oder des priesterlichen Segens wegen? Nun? Wenn man der Liebe wegen heirathen würde, brauchte man den priesterlichen Segen gar nicht. Ergo! Das will ich meinen. — So der Pfarrer.</p><lb/> <p>Es wird mir immer einsamer zu Hause, es treibt mich fort. Nun bleibe ich auf dem Felde draußen,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0069]
Aber, Hochwürden, Herr Wohlthäter, sollen wir so leben? Das geht doch nicht.
Oho! Fegefeuer! Freilich, das geht nicht. Wofür wäre denn die Kirche da? Wissen Sie, verehrter, verirrter Freund, was das ist, Christenthum?
Allenfalls, wenn Sie so mit einem Frauenzimmer sich erlustigen, ohne sie zu lieben — was wird man sagen? — Der Wüstling! — In der christlichen Ehe versteht sich das von selbst.
Allenfalls, wenn Sie so ein Frauenzimmer zahlen oder geben ihr was, ein Tuch, was weiß ich, da spuckt Jeder aus. Die Dirne da verkauft sich. — In der christlichen Ehe, mein verirrter Freund, versteht sich das von selbst.
Wovon spricht denn so die brave, christliche Ehefrau? Etwa von solchen Lüsten? Fegefeuer! Von ihrer Morgengabe spricht sie, und wie der brave, christtiche Ehegatte sie kleidet und nährt. Hab' ich Recht?
Liebe? — Da heißt es: Sorge für dein Weib, ernähre deine Kinder. Basta! Das ist eine christliche Ehe. Fegefeuer! Das will ich meinen.
Heirathet man der Liebe wegen, frage ich, oder des priesterlichen Segens wegen? Nun? Wenn man der Liebe wegen heirathen würde, brauchte man den priesterlichen Segen gar nicht. Ergo! Das will ich meinen. — So der Pfarrer.
Es wird mir immer einsamer zu Hause, es treibt mich fort. Nun bleibe ich auf dem Felde draußen,
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Zitationshilfe: | Sacher-Masoch, Leopold von: Don Juan von Kolomea. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 197–279. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sacher_kolomea_1910/69>, abgerufen am 16.07.2024. |