1. Creator T. O. in primordio vestiit Vegetabile me- dullare principiis constitutivis diversi corticalis, unde tot difformia individua, quot ordines naturales, prognata.
2. Classicas has plantas Omnipotens miscuit inter se, unde tot genera ordinum, quot inde plantae.
3. Genericas has miscuit natura, unde tot species congeneres, quot hodie existunt.
4. Species hos miscuit casus, unde totidem quot passim occurrunt varietates.
Mit Recht hat Hugo Mohl die Annahme Heufler's, als ob in diesen Sätzen eine der neueren Descendenztheorie ähnliche Ansicht enthalten sei, zurückgewiesen. Für den, welcher die Ansichten des Aristoteles, Theophrast und Caesalpin kennt, in denen sich hier Linne bewegt, kann es nicht zweifel- haft sein, was er unter seinem Vegetabile medullare und corticale versteht; daß mit jenem in keiner Weise etwa eine Pflanze von einfachster Organisation gemeint sei; vielmehr be- deuten die beiden Ausdrücke nur die Urprincipien der Vegetation, welche nach Linne der Schöpfer mit einander zuerst vereinigt hat. Nach Linne's Annahme wurden ursprünglich gleichzeitig und nebeneinander Pflanzen von der höchsten, wie von der niedersten Organisationsstufe geschaffen, neue Klassenpflanzen wurden später nicht mehr geschaffen aber durch die von dem Schöpfer herbei- geführte Vermischung der Klassenpflanzen entstanden die generisch verschiedenen Formen, durch natürliche Vermischung dieser die Species und durch bloße zufällige Abweichungen die Varietäten. Bei diesen Vermischungen oder Hybridationen aber, das ist zu beachten, verbindet sich nach Linne jedesmal die Holzsubstanz der einen Form, welche den Pollen liefert, mit der Marksubsanz der andern Form, deren Pistill von jener befruchtet wird und so sind es bei den angenommenen Kreuzungen immer die beiden Urelemente der Pflanze, das medullare und das cortikale, die sich da vermischen.
Die künſtlichen Syſteme und die Nomenclatur
1. Creator T. O. in primordio vestiit Vegetabile me- dullare principiis constitutivis diversi corticalis, unde tot difformia individua, quot ordines naturales, prognata.
2. Classicas has plantas Omnipotens miscuit inter se, unde tot genera ordinum, quot inde plantae.
3. Genericas has miscuit natura, unde tot species congeneres, quot hodie existunt.
4. Species hos miscuit casus, unde totidem quot passim occurrunt varietates.
Mit Recht hat Hugo Mohl die Annahme Heufler's, als ob in dieſen Sätzen eine der neueren Deſcendenztheorie ähnliche Anſicht enthalten ſei, zurückgewieſen. Für den, welcher die Anſichten des Ariſtoteles, Theophraſt und Caeſalpin kennt, in denen ſich hier Linné bewegt, kann es nicht zweifel- haft ſein, was er unter ſeinem Vegetabile medullare und corticale verſteht; daß mit jenem in keiner Weiſe etwa eine Pflanze von einfachſter Organiſation gemeint ſei; vielmehr be- deuten die beiden Ausdrücke nur die Urprincipien der Vegetation, welche nach Linné der Schöpfer mit einander zuerſt vereinigt hat. Nach Linné's Annahme wurden urſprünglich gleichzeitig und nebeneinander Pflanzen von der höchſten, wie von der niederſten Organiſationsſtufe geſchaffen, neue Klaſſenpflanzen wurden ſpäter nicht mehr geſchaffen aber durch die von dem Schöpfer herbei- geführte Vermiſchung der Klaſſenpflanzen entſtanden die generiſch verſchiedenen Formen, durch natürliche Vermiſchung dieſer die Species und durch bloße zufällige Abweichungen die Varietäten. Bei dieſen Vermiſchungen oder Hybridationen aber, das iſt zu beachten, verbindet ſich nach Linné jedesmal die Holzſubſtanz der einen Form, welche den Pollen liefert, mit der Markſubſanz der andern Form, deren Piſtill von jener befruchtet wird und ſo ſind es bei den angenommenen Kreuzungen immer die beiden Urelemente der Pflanze, das medullare und das cortikale, die ſich da vermiſchen.
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Die künſtlichen Syſteme und die Nomenclatur
1. Creator T. O. in primordio vestiit Vegetabile me-
dullare principiis constitutivis diversi corticalis,
unde tot difformia individua, quot ordines naturales,
prognata.
2. Classicas has plantas Omnipotens miscuit inter se,
unde tot genera ordinum, quot inde plantae.
3. Genericas has miscuit natura, unde tot species
congeneres, quot hodie existunt.
4. Species hos miscuit casus, unde totidem quot
passim occurrunt varietates.
Mit Recht hat Hugo Mohl die Annahme Heufler's,
als ob in dieſen Sätzen eine der neueren Deſcendenztheorie
ähnliche Anſicht enthalten ſei, zurückgewieſen. Für den, welcher die
Anſichten des Ariſtoteles, Theophraſt und Caeſalpin
kennt, in denen ſich hier Linné bewegt, kann es nicht zweifel-
haft ſein, was er unter ſeinem Vegetabile medullare und
corticale verſteht; daß mit jenem in keiner Weiſe etwa eine
Pflanze von einfachſter Organiſation gemeint ſei; vielmehr be-
deuten die beiden Ausdrücke nur die Urprincipien der Vegetation,
welche nach Linné der Schöpfer mit einander zuerſt vereinigt
hat. Nach Linné's Annahme wurden urſprünglich gleichzeitig und
nebeneinander Pflanzen von der höchſten, wie von der niederſten
Organiſationsſtufe geſchaffen, neue Klaſſenpflanzen wurden ſpäter
nicht mehr geſchaffen aber durch die von dem Schöpfer herbei-
geführte Vermiſchung der Klaſſenpflanzen entſtanden die generiſch
verſchiedenen Formen, durch natürliche Vermiſchung dieſer die
Species und durch bloße zufällige Abweichungen die Varietäten.
Bei dieſen Vermiſchungen oder Hybridationen aber, das iſt zu
beachten, verbindet ſich nach Linné jedesmal die Holzſubſtanz der
einen Form, welche den Pollen liefert, mit der Markſubſanz
der andern Form, deren Piſtill von jener befruchtet wird und
ſo ſind es bei den angenommenen Kreuzungen immer die beiden
Urelemente der Pflanze, das medullare und das cortikale, die
ſich da vermiſchen.
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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/126>, abgerufen am 21.11.2024.
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