In viel höherem Grade als bei Jussieu und De Can- dolle tritt bei Robert Brown das natürliche System in seiner Eigenartigkeit jedem künstlichen System gegenüber hervor und besser als irgend Jemand vor ihm verstand es Brown die systematisch werthvollen rein morphologischen Organi- sationsverhältnisse von den physiologischen Anpassungen der Organe abzusondern. Während die meisten anderen Systematiker bei der Auffindung von Verwandtschaften sich von einem dunklen Gefühl leiten ließen, mehr durch unbewußte Verstandesoperationen instinctiv das Richtige gelegentlich trafen, suchte Brown sich jedesmals Rechenschaft zu geben, warum er bestimmte Verwandt- schaftsverhältnisse so oder anders auffaßte; aus dem bereits Fest- stehenden und Unzweifelhaften leitete er den Werth gewisser Merkmale ab, um dadurch Regeln zur Bestimmung unbekannter Verwandtschaftsverhältnisse zu gewinnen. Auf diesem Wege fand er auch, daß Merkmale, welche innerhalb gewisser Verwandtschafts- kreise von großem classificatorischen Werth sind, sich in anderen Abtheilungen als werthlos erweisen können. So lieferte Robert Brown in seinen zahlreichen monographischen Arbeiten zugleich die Muster, nach welchen Andere die Methode des natürlichen Systems weiter anwenden und ausbilden konnten, und in dieser Beziehung brachten ihm die deutschen Botaniker den besten Willen und das tiefste Verständniß entgegen, wie schon die Thatsache zeigt, daß eine Sammlung von Brown's botanischen Schriften von verschiedenen deutschen Botanikern übersetzt, durch Rees von Esenbeck schon in den Jahren 1825-1834 in fünf Bän- den herausgegeben wurde. Durch Brown und De Can- dolle wurde das natürliche System in Deutschland heimisch, zu dessen richtiger Würdigung dem Linne'schen Sexualsystem gegenüber ein 1829 erschienenes Buch von Carl Fuhlrott beitrug, in welchem Jussieu's und De Candolle's Systeme mit denen von Agardh, Batsch und Linne verglichen, die Vorzüge des natürlichen Systems hervorgehoben wurden. Wirk- samer war in dieser Hinsicht jedoch das Erscheinen der Ordines naturales plantarum von Bartling 1830, einer selbststän-
Bearbeitung des natürlichen Syſtems unter dem
In viel höherem Grade als bei Juſſieu und De Can- dolle tritt bei Robert Brown das natürliche Syſtem in ſeiner Eigenartigkeit jedem künſtlichen Syſtem gegenüber hervor und beſſer als irgend Jemand vor ihm verſtand es Brown die ſyſtematiſch werthvollen rein morphologiſchen Organi- ſationsverhältniſſe von den phyſiologiſchen Anpaſſungen der Organe abzuſondern. Während die meiſten anderen Syſtematiker bei der Auffindung von Verwandtſchaften ſich von einem dunklen Gefühl leiten ließen, mehr durch unbewußte Verſtandesoperationen inſtinctiv das Richtige gelegentlich trafen, ſuchte Brown ſich jedesmals Rechenſchaft zu geben, warum er beſtimmte Verwandt- ſchaftsverhältniſſe ſo oder anders auffaßte; aus dem bereits Feſt- ſtehenden und Unzweifelhaften leitete er den Werth gewiſſer Merkmale ab, um dadurch Regeln zur Beſtimmung unbekannter Verwandtſchaftsverhältniſſe zu gewinnen. Auf dieſem Wege fand er auch, daß Merkmale, welche innerhalb gewiſſer Verwandtſchafts- kreiſe von großem claſſificatoriſchen Werth ſind, ſich in anderen Abtheilungen als werthlos erweiſen können. So lieferte Robert Brown in ſeinen zahlreichen monographiſchen Arbeiten zugleich die Muſter, nach welchen Andere die Methode des natürlichen Syſtems weiter anwenden und ausbilden konnten, und in dieſer Beziehung brachten ihm die deutſchen Botaniker den beſten Willen und das tiefſte Verſtändniß entgegen, wie ſchon die Thatſache zeigt, daß eine Sammlung von Brown's botaniſchen Schriften von verſchiedenen deutſchen Botanikern überſetzt, durch Rees von Eſenbeck ſchon in den Jahren 1825-1834 in fünf Bän- den herausgegeben wurde. Durch Brown und De Can- dolle wurde das natürliche Syſtem in Deutſchland heimiſch, zu deſſen richtiger Würdigung dem Linné'ſchen Sexualſyſtem gegenüber ein 1829 erſchienenes Buch von Carl Fuhlrott beitrug, in welchem Juſſieu's und De Candolle's Syſteme mit denen von Agardh, Batſch und Linné verglichen, die Vorzüge des natürlichen Syſtems hervorgehoben wurden. Wirk- ſamer war in dieſer Hinſicht jedoch das Erſcheinen der Ordines naturales plantarum von Bartling 1830, einer ſelbſtſtän-
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Bearbeitung des natürlichen Syſtems unter dem
In viel höherem Grade als bei Juſſieu und De Can-
dolle tritt bei Robert Brown das natürliche Syſtem in
ſeiner Eigenartigkeit jedem künſtlichen Syſtem gegenüber hervor
und beſſer als irgend Jemand vor ihm verſtand es Brown
die ſyſtematiſch werthvollen rein morphologiſchen Organi-
ſationsverhältniſſe von den phyſiologiſchen Anpaſſungen der
Organe abzuſondern. Während die meiſten anderen Syſtematiker
bei der Auffindung von Verwandtſchaften ſich von einem dunklen
Gefühl leiten ließen, mehr durch unbewußte Verſtandesoperationen
inſtinctiv das Richtige gelegentlich trafen, ſuchte Brown ſich
jedesmals Rechenſchaft zu geben, warum er beſtimmte Verwandt-
ſchaftsverhältniſſe ſo oder anders auffaßte; aus dem bereits Feſt-
ſtehenden und Unzweifelhaften leitete er den Werth gewiſſer
Merkmale ab, um dadurch Regeln zur Beſtimmung unbekannter
Verwandtſchaftsverhältniſſe zu gewinnen. Auf dieſem Wege fand
er auch, daß Merkmale, welche innerhalb gewiſſer Verwandtſchafts-
kreiſe von großem claſſificatoriſchen Werth ſind, ſich in anderen
Abtheilungen als werthlos erweiſen können. So lieferte Robert
Brown in ſeinen zahlreichen monographiſchen Arbeiten zugleich
die Muſter, nach welchen Andere die Methode des natürlichen
Syſtems weiter anwenden und ausbilden konnten, und in dieſer
Beziehung brachten ihm die deutſchen Botaniker den beſten Willen
und das tiefſte Verſtändniß entgegen, wie ſchon die Thatſache
zeigt, daß eine Sammlung von Brown's botaniſchen Schriften
von verſchiedenen deutſchen Botanikern überſetzt, durch Rees
von Eſenbeck ſchon in den Jahren 1825-1834 in fünf Bän-
den herausgegeben wurde. Durch Brown und De Can-
dolle wurde das natürliche Syſtem in Deutſchland heimiſch,
zu deſſen richtiger Würdigung dem Linné'ſchen Sexualſyſtem
gegenüber ein 1829 erſchienenes Buch von Carl Fuhlrott
beitrug, in welchem Juſſieu's und De Candolle's Syſteme
mit denen von Agardh, Batſch und Linné verglichen, die
Vorzüge des natürlichen Syſtems hervorgehoben wurden. Wirk-
ſamer war in dieſer Hinſicht jedoch das Erſcheinen der Ordines
naturales plantarum von Bartling 1830, einer ſelbſtſtän-
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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/166>, abgerufen am 24.11.2024.
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