aus jenen (Mirbel)? Entstehen von den Treppengängen Splint (Alburnum, Aubier) und Holzfasern, oder diese aus ursprünglich eigenthümlichen Gefäßen oder dem röhrigen Gewebe."
Man sieht es dieser Preisfrage, wie mancher anderen, deut- lich genug an, daß sie von Personen aufgestellt wurde, welche von der Sache wenig verstanden und nicht einmal die bereits vorliegende Literatur kritisch zu würdigen wußten, wie hätte man sonst die Aeußerungen eines Mustel und Medicus denen eines Malpighi und Grew entgegenstellen können. Hätte Bern- hardi oder Mirbel die Preisfrage gestellt, sie wäre sicherlich besser gefaßt. Dem entsprach es denn auch, daß die drei ein- gelaufenen Preisschriften, in der Behandlung weniger gut als die erwähnte Arbeit Bernhardi's, obgleich sie einander in den wesentlichsten Puncten widersprachen, doch sämmtlich acceptirt wurden; noch mehr, daß die von Treviranus nur das Accessit erhielt, obgleich sie entschieden besser war, als die beiden anderen, besonders aber besser als die von Rudolphi. Das Beste an der ganzen Preisfrage war, daß sie Leben in die damalige Phyto- tomie brachte, und zumal Mirbel veranlaßte, die drei Preis- schriften, besonders die von Treviranus, welche Mirbel mit dem Scharfblick des Fachmanns sofort als die beste erkannte, einer scharfen Kritik zu unterziehen. Die Preisschrift von Link erschien 1807 unter dem Titel: "Grundlehren der Anatomie und Physiologie der Pflanzen", die von Rudolphi als "Anatomie der Pflanzen", ebenfalls 1807, jede derselben bildet einen statt- lichen Oktavband. Die Schrift von L. C. Treviranus kam schon 1806 mit dem Titel "Vom inwendigen Bau der Ge- wächse" heraus.
Vergleichen wir zunächst die beiden gekrönten Schriften von Link und von Rudolphi1), die sich geradezu wie Lehrbücher der gesammten Phytotomie und Physiologie der Pflanzen aus- nahmen, so vermissen wir in beiden vor Allem eine klare Aus-
1)Karl Asmus Rudolphi geb. zu Stockholm 1771, Professor der Anatomie und Physiologie zu Berlin, starb daselbst 1832.
Unterſuchung des fertigen
aus jenen (Mirbel)? Entſtehen von den Treppengängen Splint (Alburnum, Aubier) und Holzfaſern, oder dieſe aus urſprünglich eigenthümlichen Gefäßen oder dem röhrigen Gewebe.“
Man ſieht es dieſer Preisfrage, wie mancher anderen, deut- lich genug an, daß ſie von Perſonen aufgeſtellt wurde, welche von der Sache wenig verſtanden und nicht einmal die bereits vorliegende Literatur kritiſch zu würdigen wußten, wie hätte man ſonſt die Aeußerungen eines Muſtel und Medicus denen eines Malpighi und Grew entgegenſtellen können. Hätte Bern- hardi oder Mirbel die Preisfrage geſtellt, ſie wäre ſicherlich beſſer gefaßt. Dem entſprach es denn auch, daß die drei ein- gelaufenen Preisſchriften, in der Behandlung weniger gut als die erwähnte Arbeit Bernhardi's, obgleich ſie einander in den weſentlichſten Puncten widerſprachen, doch ſämmtlich acceptirt wurden; noch mehr, daß die von Treviranus nur das Acceſſit erhielt, obgleich ſie entſchieden beſſer war, als die beiden anderen, beſonders aber beſſer als die von Rudolphi. Das Beſte an der ganzen Preisfrage war, daß ſie Leben in die damalige Phyto- tomie brachte, und zumal Mirbel veranlaßte, die drei Preis- ſchriften, beſonders die von Treviranus, welche Mirbel mit dem Scharfblick des Fachmanns ſofort als die beſte erkannte, einer ſcharfen Kritik zu unterziehen. Die Preisſchrift von Link erſchien 1807 unter dem Titel: „Grundlehren der Anatomie und Phyſiologie der Pflanzen“, die von Rudolphi als „Anatomie der Pflanzen“, ebenfalls 1807, jede derſelben bildet einen ſtatt- lichen Oktavband. Die Schrift von L. C. Treviranus kam ſchon 1806 mit dem Titel „Vom inwendigen Bau der Ge- wächſe“ heraus.
Vergleichen wir zunächſt die beiden gekrönten Schriften von Link und von Rudolphi1), die ſich geradezu wie Lehrbücher der geſammten Phytotomie und Phyſiologie der Pflanzen aus- nahmen, ſo vermiſſen wir in beiden vor Allem eine klare Aus-
1)Karl Asmus Rudolphi geb. zu Stockholm 1771, Profeſſor der Anatomie und Phyſiologie zu Berlin, ſtarb daſelbſt 1832.
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[288/0300]
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eigenthümlichen Gefäßen oder dem röhrigen Gewebe.“
Man ſieht es dieſer Preisfrage, wie mancher anderen, deut-
lich genug an, daß ſie von Perſonen aufgeſtellt wurde, welche
von der Sache wenig verſtanden und nicht einmal die bereits
vorliegende Literatur kritiſch zu würdigen wußten, wie hätte man
ſonſt die Aeußerungen eines Muſtel und Medicus denen eines
Malpighi und Grew entgegenſtellen können. Hätte Bern-
hardi oder Mirbel die Preisfrage geſtellt, ſie wäre ſicherlich
beſſer gefaßt. Dem entſprach es denn auch, daß die drei ein-
gelaufenen Preisſchriften, in der Behandlung weniger gut als
die erwähnte Arbeit Bernhardi's, obgleich ſie einander in
den weſentlichſten Puncten widerſprachen, doch ſämmtlich acceptirt
wurden; noch mehr, daß die von Treviranus nur das Acceſſit
erhielt, obgleich ſie entſchieden beſſer war, als die beiden anderen,
beſonders aber beſſer als die von Rudolphi. Das Beſte an der
ganzen Preisfrage war, daß ſie Leben in die damalige Phyto-
tomie brachte, und zumal Mirbel veranlaßte, die drei Preis-
ſchriften, beſonders die von Treviranus, welche Mirbel mit
dem Scharfblick des Fachmanns ſofort als die beſte erkannte,
einer ſcharfen Kritik zu unterziehen. Die Preisſchrift von Link
erſchien 1807 unter dem Titel: „Grundlehren der Anatomie und
Phyſiologie der Pflanzen“, die von Rudolphi als „Anatomie
der Pflanzen“, ebenfalls 1807, jede derſelben bildet einen ſtatt-
lichen Oktavband. Die Schrift von L. C. Treviranus kam
ſchon 1806 mit dem Titel „Vom inwendigen Bau der Ge-
wächſe“ heraus.
Vergleichen wir zunächſt die beiden gekrönten Schriften von
Link und von Rudolphi 1), die ſich geradezu wie Lehrbücher
der geſammten Phytotomie und Phyſiologie der Pflanzen aus-
nahmen, ſo vermiſſen wir in beiden vor Allem eine klare Aus-
1) Karl Asmus Rudolphi geb. zu Stockholm 1771, Profeſſor
der Anatomie und Phyſiologie zu Berlin, ſtarb daſelbſt 1832.
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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/300>, abgerufen am 22.11.2024.
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