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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

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Entwicklungsgeschichte der Zelle, Entstehung der

Nicht weniger wichtige Resultate als das Studium des Pro-
toplasmas ergab auch das der übrigen organisirten Inhaltstheile
der Zellen: Mohl zeigte, daß die Chorophyllkörner, die wichtigsten
Ernährungsorgane der Pflanze, aus dem Protoplasma entstehen,
Theodor Hartig erwarb sich trotz seiner verfehlten Zelltheorie
ein namhaftes Verdienst durch die Entdeckung der sog. Aleuron-
körner in den Samen und der in ihnen zuweilen vorkommenden
crystallähnlichen Einschlüsse, Gebilde, welche ebenfalls aus dem
Protoplasma entstehen und deren Substanz zur Neubildung von
solchen verwendet wird; Radlkofer, Nägeli u. A. förderten
die Kenntniß der Aleuronkörner, bezüglich ihrer Form und
chemischen Zusammensetzung. Zu ganz besonderen Ergebnissen
aber führte eine ebenso umfassende, als tief eindringende Unter-
suchung, welche Nägeli den schon so oft, zumal von Payen
untersuchten Stärkekörnern widmete; das Resultat derselben war
ein umfangreiches, nicht nur in der Phytotomie, sondern für die
Kenntniß der organisirten Körper überhaupt epochemachendes
Werk, welches 1858 unter dem Titel "die Stärkekörner" erschien.
Unter Anwendung von Untersuchungsmethoden, welche bis dahin
der gesammten Mikroskopie fremd waren, gelangte Nägeli zu
bestimmten Vorstellungen über die Molekularstruktur der Stärke-
körner und über ihr Wachsthum durch Einlagerung neuer Mo-
lekule zwischen die vorhandenen. Diese an den Stärkekörnern
ausgebildete Intussusceptionstheorie war aber deshalb von so
großer Wichtigkeit, weil sie sich unmittelbar auch zur Erklärung
des Wachsthums der Zellhaut benutzen, überhaupt auf die
Molekularvorgänge bei der Entstehung und Veränderung organi-
sirter Gebilde übertragen ließ, während sie zugleich Rechenschaft
gab von einer langen Reihe merkwürdiger Erscheinungen, zumal
von dem Verhalten der organisirten Körper im polarisirten Licht.
Nägeli's Molekulartheorie ist der erste glückliche Versuch, die
mechanisch-physikalische Betrachtung auch auf das organische Leben
anzuwenden und ohne Zweifel die tiefste Gedankenarbeit, welche
bis jetzt die gesammte Botanik aufzuweisen hat.

Indem sich die besten Kräfte der Lösung so schwieriger

Entwicklungsgeſchichte der Zelle, Entſtehung der

Nicht weniger wichtige Reſultate als das Studium des Pro-
toplasmas ergab auch das der übrigen organiſirten Inhaltstheile
der Zellen: Mohl zeigte, daß die Chorophyllkörner, die wichtigſten
Ernährungsorgane der Pflanze, aus dem Protoplasma entſtehen,
Theodor Hartig erwarb ſich trotz ſeiner verfehlten Zelltheorie
ein namhaftes Verdienſt durch die Entdeckung der ſog. Aleuron-
körner in den Samen und der in ihnen zuweilen vorkommenden
cryſtallähnlichen Einſchlüſſe, Gebilde, welche ebenfalls aus dem
Protoplasma entſtehen und deren Subſtanz zur Neubildung von
ſolchen verwendet wird; Radlkofer, Nägeli u. A. förderten
die Kenntniß der Aleuronkörner, bezüglich ihrer Form und
chemiſchen Zuſammenſetzung. Zu ganz beſonderen Ergebniſſen
aber führte eine ebenſo umfaſſende, als tief eindringende Unter-
ſuchung, welche Nägeli den ſchon ſo oft, zumal von Payen
unterſuchten Stärkekörnern widmete; das Reſultat derſelben war
ein umfangreiches, nicht nur in der Phytotomie, ſondern für die
Kenntniß der organiſirten Körper überhaupt epochemachendes
Werk, welches 1858 unter dem Titel „die Stärkekörner“ erſchien.
Unter Anwendung von Unterſuchungsmethoden, welche bis dahin
der geſammten Mikroſkopie fremd waren, gelangte Nägeli zu
beſtimmten Vorſtellungen über die Molekularſtruktur der Stärke-
körner und über ihr Wachsthum durch Einlagerung neuer Mo-
lekule zwiſchen die vorhandenen. Dieſe an den Stärkekörnern
ausgebildete Intuſſuſceptionstheorie war aber deshalb von ſo
großer Wichtigkeit, weil ſie ſich unmittelbar auch zur Erklärung
des Wachsthums der Zellhaut benutzen, überhaupt auf die
Molekularvorgänge bei der Entſtehung und Veränderung organi-
ſirter Gebilde übertragen ließ, während ſie zugleich Rechenſchaft
gab von einer langen Reihe merkwürdiger Erſcheinungen, zumal
von dem Verhalten der organiſirten Körper im polariſirten Licht.
Nägeli's Molekulartheorie iſt der erſte glückliche Verſuch, die
mechaniſch-phyſikaliſche Betrachtung auch auf das organiſche Leben
anzuwenden und ohne Zweifel die tiefſte Gedankenarbeit, welche
bis jetzt die geſammte Botanik aufzuweiſen hat.

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[340/0352] Entwicklungsgeſchichte der Zelle, Entſtehung der Nicht weniger wichtige Reſultate als das Studium des Pro- toplasmas ergab auch das der übrigen organiſirten Inhaltstheile der Zellen: Mohl zeigte, daß die Chorophyllkörner, die wichtigſten Ernährungsorgane der Pflanze, aus dem Protoplasma entſtehen, Theodor Hartig erwarb ſich trotz ſeiner verfehlten Zelltheorie ein namhaftes Verdienſt durch die Entdeckung der ſog. Aleuron- körner in den Samen und der in ihnen zuweilen vorkommenden cryſtallähnlichen Einſchlüſſe, Gebilde, welche ebenfalls aus dem Protoplasma entſtehen und deren Subſtanz zur Neubildung von ſolchen verwendet wird; Radlkofer, Nägeli u. A. förderten die Kenntniß der Aleuronkörner, bezüglich ihrer Form und chemiſchen Zuſammenſetzung. Zu ganz beſonderen Ergebniſſen aber führte eine ebenſo umfaſſende, als tief eindringende Unter- ſuchung, welche Nägeli den ſchon ſo oft, zumal von Payen unterſuchten Stärkekörnern widmete; das Reſultat derſelben war ein umfangreiches, nicht nur in der Phytotomie, ſondern für die Kenntniß der organiſirten Körper überhaupt epochemachendes Werk, welches 1858 unter dem Titel „die Stärkekörner“ erſchien. Unter Anwendung von Unterſuchungsmethoden, welche bis dahin der geſammten Mikroſkopie fremd waren, gelangte Nägeli zu beſtimmten Vorſtellungen über die Molekularſtruktur der Stärke- körner und über ihr Wachsthum durch Einlagerung neuer Mo- lekule zwiſchen die vorhandenen. Dieſe an den Stärkekörnern ausgebildete Intuſſuſceptionstheorie war aber deshalb von ſo großer Wichtigkeit, weil ſie ſich unmittelbar auch zur Erklärung des Wachsthums der Zellhaut benutzen, überhaupt auf die Molekularvorgänge bei der Entſtehung und Veränderung organi- ſirter Gebilde übertragen ließ, während ſie zugleich Rechenſchaft gab von einer langen Reihe merkwürdiger Erſcheinungen, zumal von dem Verhalten der organiſirten Körper im polariſirten Licht. Nägeli's Molekulartheorie iſt der erſte glückliche Verſuch, die mechaniſch-phyſikaliſche Betrachtung auch auf das organiſche Leben anzuwenden und ohne Zweifel die tiefſte Gedankenarbeit, welche bis jetzt die geſammte Botanik aufzuweiſen hat. Indem ſich die beſten Kräfte der Löſung ſo ſchwieriger

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Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/352>, abgerufen am 22.11.2024.