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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

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Gewebeform, Molecularstruktur der organischen Gewebe.
Fällen die gehöften Tüpfel ebensoviele offene Löcher darstellen,
durch welche die benachbarten Zellen und Gefäße communiciren.
Zugleich ergab sich die Erklärung einer anderen bis dahin un-
erklärlichen Erscheinung. Wie schon Malpighi und die Phy-
totomen am Anfang unseres Jahrhunderts bemerkt hatten, füllen
sich nicht selten die großen Gefäßröhren des Holzes mit parenchy-
matischem Zellgewebe an, über dessen Ursprung man natürlich
nicht in's Reine kam. Nach Schacht's Entdeckung aber konnte
die Erscheinung nunmehr ganz einfach erklärt werden: die Tüllen-
bildung findet nur dann in den Gefäßen statt, wenn diese an
geschlossene Holzparenchymzellen angrenzen; in diesem Fall wird
die sehr dünne, die gehöften Tüpfel von der Nachbarzelle ab-
schließende Haut nicht resorbirt, vielmehr wölbt sie sich unter
dem Saftdruck der benachbarten Parenchymzelle in den Gefäß-
raum hinein, schwillt daselbst blasenförmig an und kann durch
Auftreten von Scheidewänden zur Bildung von parenchymatischen
Zellen Anlaß geben, die nun aus zahlreicheren Tüpfeln hervor-
tretend die Höhlung des Gefäßes erfüllen.

3. Entwicklungsgeschichte und Classification der Gewebeformen.

Es wurde früher schon hervorgehoben, wie der erste Anfang
zu einer sachlichen Orientirung im Gesammtbau der höheren
Pflanzen von Moldenhawer dadurch gemacht wurde, daß er
von den Monocotylen ausgehend das Gefäßbündel als ein
Ganzes, als ein aus verschiedenen Gewebeformen bestehendes Ge-
webesystem auffaßte und diese Vorstellung auch bei der Beur-
theilung des Stammes der Dicotylen festhielt, wodurch zu-
nächst die alte Malpighi'sche Theorie vom Dickenwachsthum
der Stämme beseitigt wurde. Auch darauf wurde schon hinge-
wiesen, daß Mohl in diesem Sinne fortschreitend auch die Epi-
dermis und die übrigen Hautgewebeformen näher charakterisirte und
classificirte d. h. eine auf sachliche Erwägung begründete Nomen-
klatur einführte, ohne in dieser Beziehung jedoch zu einem genügen-
den Abschluß zu gelangen, der in der That auch nur durch die

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Gewebeform, Molecularſtruktur der organiſchen Gewebe.
Fällen die gehöften Tüpfel ebenſoviele offene Löcher darſtellen,
durch welche die benachbarten Zellen und Gefäße communiciren.
Zugleich ergab ſich die Erklärung einer anderen bis dahin un-
erklärlichen Erſcheinung. Wie ſchon Malpighi und die Phy-
totomen am Anfang unſeres Jahrhunderts bemerkt hatten, füllen
ſich nicht ſelten die großen Gefäßröhren des Holzes mit parenchy-
matiſchem Zellgewebe an, über deſſen Urſprung man natürlich
nicht in's Reine kam. Nach Schacht's Entdeckung aber konnte
die Erſcheinung nunmehr ganz einfach erklärt werden: die Tüllen-
bildung findet nur dann in den Gefäßen ſtatt, wenn dieſe an
geſchloſſene Holzparenchymzellen angrenzen; in dieſem Fall wird
die ſehr dünne, die gehöften Tüpfel von der Nachbarzelle ab-
ſchließende Haut nicht reſorbirt, vielmehr wölbt ſie ſich unter
dem Saftdruck der benachbarten Parenchymzelle in den Gefäß-
raum hinein, ſchwillt daſelbſt blaſenförmig an und kann durch
Auftreten von Scheidewänden zur Bildung von parenchymatiſchen
Zellen Anlaß geben, die nun aus zahlreicheren Tüpfeln hervor-
tretend die Höhlung des Gefäßes erfüllen.

3. Entwicklungsgeſchichte und Claſſification der Gewebeformen.

Es wurde früher ſchon hervorgehoben, wie der erſte Anfang
zu einer ſachlichen Orientirung im Geſammtbau der höheren
Pflanzen von Moldenhawer dadurch gemacht wurde, daß er
von den Monocotylen ausgehend das Gefäßbündel als ein
Ganzes, als ein aus verſchiedenen Gewebeformen beſtehendes Ge-
webeſyſtem auffaßte und dieſe Vorſtellung auch bei der Beur-
theilung des Stammes der Dicotylen feſthielt, wodurch zu-
nächſt die alte Malpighi'ſche Theorie vom Dickenwachsthum
der Stämme beſeitigt wurde. Auch darauf wurde ſchon hinge-
wieſen, daß Mohl in dieſem Sinne fortſchreitend auch die Epi-
dermis und die übrigen Hautgewebeformen näher charakteriſirte und
claſſificirte d. h. eine auf ſachliche Erwägung begründete Nomen-
klatur einführte, ohne in dieſer Beziehung jedoch zu einem genügen-
den Abſchluß zu gelangen, der in der That auch nur durch die

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[371/0383] Gewebeform, Molecularſtruktur der organiſchen Gewebe. Fällen die gehöften Tüpfel ebenſoviele offene Löcher darſtellen, durch welche die benachbarten Zellen und Gefäße communiciren. Zugleich ergab ſich die Erklärung einer anderen bis dahin un- erklärlichen Erſcheinung. Wie ſchon Malpighi und die Phy- totomen am Anfang unſeres Jahrhunderts bemerkt hatten, füllen ſich nicht ſelten die großen Gefäßröhren des Holzes mit parenchy- matiſchem Zellgewebe an, über deſſen Urſprung man natürlich nicht in's Reine kam. Nach Schacht's Entdeckung aber konnte die Erſcheinung nunmehr ganz einfach erklärt werden: die Tüllen- bildung findet nur dann in den Gefäßen ſtatt, wenn dieſe an geſchloſſene Holzparenchymzellen angrenzen; in dieſem Fall wird die ſehr dünne, die gehöften Tüpfel von der Nachbarzelle ab- ſchließende Haut nicht reſorbirt, vielmehr wölbt ſie ſich unter dem Saftdruck der benachbarten Parenchymzelle in den Gefäß- raum hinein, ſchwillt daſelbſt blaſenförmig an und kann durch Auftreten von Scheidewänden zur Bildung von parenchymatiſchen Zellen Anlaß geben, die nun aus zahlreicheren Tüpfeln hervor- tretend die Höhlung des Gefäßes erfüllen. 3. Entwicklungsgeſchichte und Claſſification der Gewebeformen. Es wurde früher ſchon hervorgehoben, wie der erſte Anfang zu einer ſachlichen Orientirung im Geſammtbau der höheren Pflanzen von Moldenhawer dadurch gemacht wurde, daß er von den Monocotylen ausgehend das Gefäßbündel als ein Ganzes, als ein aus verſchiedenen Gewebeformen beſtehendes Ge- webeſyſtem auffaßte und dieſe Vorſtellung auch bei der Beur- theilung des Stammes der Dicotylen feſthielt, wodurch zu- nächſt die alte Malpighi'ſche Theorie vom Dickenwachsthum der Stämme beſeitigt wurde. Auch darauf wurde ſchon hinge- wieſen, daß Mohl in dieſem Sinne fortſchreitend auch die Epi- dermis und die übrigen Hautgewebeformen näher charakteriſirte und claſſificirte d. h. eine auf ſachliche Erwägung begründete Nomen- klatur einführte, ohne in dieſer Beziehung jedoch zu einem genügen- den Abſchluß zu gelangen, der in der That auch nur durch die 24*

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Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/383>, abgerufen am 24.11.2024.