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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

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Rudolph Jacob Camerarius.
kultivirt, dennoch fruchtbare Samen brachten, was er durch ver-
schiedene Annahmen über unbemerkte Bestäubung zu erklären sucht.
Auch dieß veranlaßte ihn zu einem neuen Versuch; im nächsten
Jahr brachte er nämlich einen Topf mit Hanfkeimpflanzen in
einen abgeschlossenen Raum; es entstanden drei männliche und
drei weibliche Pflanzen; die drei männlichen wurden (nicht von
ihm selbst) bevor sie ihre Blüthen öffneten, abgeschnitten; es
entstanden zwar sehr viele taube Samen, aber auch ziemlich viel
fruchtbare. Wie es zu gehen pflegt, klammerten sich die Neider
und diejenigen, welche sich selbst das Verdienst des Came-
rarius anzueignen suchten, an diese mißlungenen Versuche,
ohne freilich irgend eine Erklärung der gelungenen Versuche geben
zu können. Für uns ist die Angabe seiner mißlungenen Ver-
suche vielmehr der Beweis der Genauigkeit seiner Beobachtungen,
denn wir kennen jetzt die Ursache des Mißlingen, die Came-
rarius selbst eigentlich schon beobachtet, aber nicht zur Er-
klärung benutzt hatte. Man darf wohl annehmen, daß er
in ruhigerer Zeit seine ohnehin ausgezeichnete Untersuchung
auch in dieser Beziehung abgerundet haben würde, denn am
Schluß des Briefes beklagte er sich über die Unbill des herr-
schenden Krieges; es war die Zeit der Raubzüge Ludwig's XIV.
Am Schluß des Briefes findet sich eine aus 26 vierzeiligen
Strophen bestehende lateinische Ode, welche von einem Unbe-
kannten, wahrscheinlich einem Schüler des Camerarius, ge-
dichtet worden ist; ähnlich wie Goethe's bekanntes Gedicht den
Inhalt seiner Metamorphosenlehre, so enthält diese, allerdings
nicht göthische Ode im Wesentlichen den Inhalt der epistola
de sexu plantarum
; sie beginnt mit den Worten:

Novi canamus regna cupidinis,
Novos amores, gaudia non prius
Audita plantarum, latentes
Igniculos, veneremque miram.

Rudolph Jacob Camerarius.
kultivirt, dennoch fruchtbare Samen brachten, was er durch ver-
ſchiedene Annahmen über unbemerkte Beſtäubung zu erklären ſucht.
Auch dieß veranlaßte ihn zu einem neuen Verſuch; im nächſten
Jahr brachte er nämlich einen Topf mit Hanfkeimpflanzen in
einen abgeſchloſſenen Raum; es entſtanden drei männliche und
drei weibliche Pflanzen; die drei männlichen wurden (nicht von
ihm ſelbſt) bevor ſie ihre Blüthen öffneten, abgeſchnitten; es
entſtanden zwar ſehr viele taube Samen, aber auch ziemlich viel
fruchtbare. Wie es zu gehen pflegt, klammerten ſich die Neider
und diejenigen, welche ſich ſelbſt das Verdienſt des Came-
rarius anzueignen ſuchten, an dieſe mißlungenen Verſuche,
ohne freilich irgend eine Erklärung der gelungenen Verſuche geben
zu können. Für uns iſt die Angabe ſeiner mißlungenen Ver-
ſuche vielmehr der Beweis der Genauigkeit ſeiner Beobachtungen,
denn wir kennen jetzt die Urſache des Mißlingen, die Came-
rarius ſelbſt eigentlich ſchon beobachtet, aber nicht zur Er-
klärung benutzt hatte. Man darf wohl annehmen, daß er
in ruhigerer Zeit ſeine ohnehin ausgezeichnete Unterſuchung
auch in dieſer Beziehung abgerundet haben würde, denn am
Schluß des Briefes beklagte er ſich über die Unbill des herr-
ſchenden Krieges; es war die Zeit der Raubzüge Ludwig's XIV.
Am Schluß des Briefes findet ſich eine aus 26 vierzeiligen
Strophen beſtehende lateiniſche Ode, welche von einem Unbe-
kannten, wahrſcheinlich einem Schüler des Camerarius, ge-
dichtet worden iſt; ähnlich wie Goethe's bekanntes Gedicht den
Inhalt ſeiner Metamorphoſenlehre, ſo enthält dieſe, allerdings
nicht göthiſche Ode im Weſentlichen den Inhalt der epistola
de sexu plantarum
; ſie beginnt mit den Worten:

Novi canamus regna cupidinis,
Novos amores, gaudia non prius
Audita plantarum, latentes
Igniculos, veneremque miram.
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[421/0433] Rudolph Jacob Camerarius. kultivirt, dennoch fruchtbare Samen brachten, was er durch ver- ſchiedene Annahmen über unbemerkte Beſtäubung zu erklären ſucht. Auch dieß veranlaßte ihn zu einem neuen Verſuch; im nächſten Jahr brachte er nämlich einen Topf mit Hanfkeimpflanzen in einen abgeſchloſſenen Raum; es entſtanden drei männliche und drei weibliche Pflanzen; die drei männlichen wurden (nicht von ihm ſelbſt) bevor ſie ihre Blüthen öffneten, abgeſchnitten; es entſtanden zwar ſehr viele taube Samen, aber auch ziemlich viel fruchtbare. Wie es zu gehen pflegt, klammerten ſich die Neider und diejenigen, welche ſich ſelbſt das Verdienſt des Came- rarius anzueignen ſuchten, an dieſe mißlungenen Verſuche, ohne freilich irgend eine Erklärung der gelungenen Verſuche geben zu können. Für uns iſt die Angabe ſeiner mißlungenen Ver- ſuche vielmehr der Beweis der Genauigkeit ſeiner Beobachtungen, denn wir kennen jetzt die Urſache des Mißlingen, die Came- rarius ſelbſt eigentlich ſchon beobachtet, aber nicht zur Er- klärung benutzt hatte. Man darf wohl annehmen, daß er in ruhigerer Zeit ſeine ohnehin ausgezeichnete Unterſuchung auch in dieſer Beziehung abgerundet haben würde, denn am Schluß des Briefes beklagte er ſich über die Unbill des herr- ſchenden Krieges; es war die Zeit der Raubzüge Ludwig's XIV. Am Schluß des Briefes findet ſich eine aus 26 vierzeiligen Strophen beſtehende lateiniſche Ode, welche von einem Unbe- kannten, wahrſcheinlich einem Schüler des Camerarius, ge- dichtet worden iſt; ähnlich wie Goethe's bekanntes Gedicht den Inhalt ſeiner Metamorphoſenlehre, ſo enthält dieſe, allerdings nicht göthiſche Ode im Weſentlichen den Inhalt der epistola de sexu plantarum; ſie beginnt mit den Worten: Novi canamus regna cupidinis, Novos amores, gaudia non prius Audita plantarum, latentes Igniculos, veneremque miram.

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Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/433>, abgerufen am 27.11.2024.