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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

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Geschichte der Sexualtheorie.
wird, sowie ein Schweißtropfen, welcher von der Stirn des
Menschen herabgeflossen ist, von den Augenbrauen und Augen-
wimpern aufgehalten und verhindert wird, in das Auge hinein-
zufließen. Ein Insect wird durch diese Haare keineswegs ver-
hindert, zu den Safttröpfchen zu gelangen. Ich untersuchte
hierauf andere Blumen und fand, daß verschiedene von denselben
Etwas in ihrer Struktur hatten, welches zu eben diesem End-
zweck zu dienen schien. Je länger ich diese Untersuchung fort-
setzte, desto mehr sah ich ein, daß diejenigen Blumen, welche
Saft enthalten, so eingerichtet sind, daß zwar die Insecten sehr
leicht zu demselben gelangen können, der Regen aber ihn nicht
verderben kann; sich schloß aber hieraus, daß der Saft dieser
Blumen, wenigstens zunächst um der Insecten Willen abgesondert
werde, und damit sie denselben rein und unverdorben genießen
können, gegen den Regen gesichert sei." Im folgenden Jahr
fand er, veranlaßt durch die Blüthen des Vergißmeinnicht (Myo-
sotis palustris
), daß verschiedenfarbige Flecken auf den Blumen-
kronen in ihrer Lage gewisse Beziehungen zu dem Ort der Saft-
absonderung darbieten und mit derselben schlagfertigen Logik wie
oben folgerte er nun weiter: "Wenn die Krone der Insecten
wegen an einer besonderen Stelle besonders gefärbt ist, so ist sie
überhaupt der Insecten wegen gefärbt; und wenn jene besondere
Farbe eines Theils der Krone dazu dient, daß ein Insect, wel-
ches sich auf die Blume gesetzt hat, den rechten Weg zum Saft
leicht finden könne, so dient die Farbe der Krone dazu, daß die
mit einer solchen Krone versehenen Blumen den ihrer Nahrung
wegen in der Luft umherschwärmenden Insecten als Saftbehält-
nisse schon von weitem in die Augen fallen."

Später fand er, daß die Narben einer Iris-Art schlechterdings
nicht anders befruchtet werden können, als durch Insekten und seine
weiteren Untersuchungen überzeugten ihn immer mehr, "daß viele,
ja vielleicht alle Blumen, welche Saft haben, von den Insekten, die
sich von diesem Saft ernähren, befruchtet werden, und daß folg-
lich diese Ernährung der Insekten zwar in Ansehung ihrer selbst End-
zweck, in Ansehung der Blumen aber nur ein Mittel, und zwar das

Geſchichte der Sexualtheorie.
wird, ſowie ein Schweißtropfen, welcher von der Stirn des
Menſchen herabgefloſſen iſt, von den Augenbrauen und Augen-
wimpern aufgehalten und verhindert wird, in das Auge hinein-
zufließen. Ein Inſect wird durch dieſe Haare keineswegs ver-
hindert, zu den Safttröpfchen zu gelangen. Ich unterſuchte
hierauf andere Blumen und fand, daß verſchiedene von denſelben
Etwas in ihrer Struktur hatten, welches zu eben dieſem End-
zweck zu dienen ſchien. Je länger ich dieſe Unterſuchung fort-
ſetzte, deſto mehr ſah ich ein, daß diejenigen Blumen, welche
Saft enthalten, ſo eingerichtet ſind, daß zwar die Inſecten ſehr
leicht zu demſelben gelangen können, der Regen aber ihn nicht
verderben kann; ſich ſchloß aber hieraus, daß der Saft dieſer
Blumen, wenigſtens zunächſt um der Inſecten Willen abgeſondert
werde, und damit ſie denſelben rein und unverdorben genießen
können, gegen den Regen geſichert ſei.“ Im folgenden Jahr
fand er, veranlaßt durch die Blüthen des Vergißmeinnicht (Myo-
sotis palustris
), daß verſchiedenfarbige Flecken auf den Blumen-
kronen in ihrer Lage gewiſſe Beziehungen zu dem Ort der Saft-
abſonderung darbieten und mit derſelben ſchlagfertigen Logik wie
oben folgerte er nun weiter: „Wenn die Krone der Inſecten
wegen an einer beſonderen Stelle beſonders gefärbt iſt, ſo iſt ſie
überhaupt der Inſecten wegen gefärbt; und wenn jene beſondere
Farbe eines Theils der Krone dazu dient, daß ein Inſect, wel-
ches ſich auf die Blume geſetzt hat, den rechten Weg zum Saft
leicht finden könne, ſo dient die Farbe der Krone dazu, daß die
mit einer ſolchen Krone verſehenen Blumen den ihrer Nahrung
wegen in der Luft umherſchwärmenden Inſecten als Saftbehält-
niſſe ſchon von weitem in die Augen fallen.“

Später fand er, daß die Narben einer Iris-Art ſchlechterdings
nicht anders befruchtet werden können, als durch Inſekten und ſeine
weiteren Unterſuchungen überzeugten ihn immer mehr, „daß viele,
ja vielleicht alle Blumen, welche Saft haben, von den Inſekten, die
ſich von dieſem Saft ernähren, befruchtet werden, und daß folg-
lich dieſe Ernährung der Inſekten zwar in Anſehung ihrer ſelbſt End-
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[450/0462] Geſchichte der Sexualtheorie. wird, ſowie ein Schweißtropfen, welcher von der Stirn des Menſchen herabgefloſſen iſt, von den Augenbrauen und Augen- wimpern aufgehalten und verhindert wird, in das Auge hinein- zufließen. Ein Inſect wird durch dieſe Haare keineswegs ver- hindert, zu den Safttröpfchen zu gelangen. Ich unterſuchte hierauf andere Blumen und fand, daß verſchiedene von denſelben Etwas in ihrer Struktur hatten, welches zu eben dieſem End- zweck zu dienen ſchien. Je länger ich dieſe Unterſuchung fort- ſetzte, deſto mehr ſah ich ein, daß diejenigen Blumen, welche Saft enthalten, ſo eingerichtet ſind, daß zwar die Inſecten ſehr leicht zu demſelben gelangen können, der Regen aber ihn nicht verderben kann; ſich ſchloß aber hieraus, daß der Saft dieſer Blumen, wenigſtens zunächſt um der Inſecten Willen abgeſondert werde, und damit ſie denſelben rein und unverdorben genießen können, gegen den Regen geſichert ſei.“ Im folgenden Jahr fand er, veranlaßt durch die Blüthen des Vergißmeinnicht (Myo- sotis palustris), daß verſchiedenfarbige Flecken auf den Blumen- kronen in ihrer Lage gewiſſe Beziehungen zu dem Ort der Saft- abſonderung darbieten und mit derſelben ſchlagfertigen Logik wie oben folgerte er nun weiter: „Wenn die Krone der Inſecten wegen an einer beſonderen Stelle beſonders gefärbt iſt, ſo iſt ſie überhaupt der Inſecten wegen gefärbt; und wenn jene beſondere Farbe eines Theils der Krone dazu dient, daß ein Inſect, wel- ches ſich auf die Blume geſetzt hat, den rechten Weg zum Saft leicht finden könne, ſo dient die Farbe der Krone dazu, daß die mit einer ſolchen Krone verſehenen Blumen den ihrer Nahrung wegen in der Luft umherſchwärmenden Inſecten als Saftbehält- niſſe ſchon von weitem in die Augen fallen.“ Später fand er, daß die Narben einer Iris-Art ſchlechterdings nicht anders befruchtet werden können, als durch Inſekten und ſeine weiteren Unterſuchungen überzeugten ihn immer mehr, „daß viele, ja vielleicht alle Blumen, welche Saft haben, von den Inſekten, die ſich von dieſem Saft ernähren, befruchtet werden, und daß folg- lich dieſe Ernährung der Inſekten zwar in Anſehung ihrer ſelbſt End- zweck, in Anſehung der Blumen aber nur ein Mittel, und zwar das

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Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 450. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/462>, abgerufen am 22.11.2024.