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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

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Geschichte der Sexualtheorie.
einem umfangreichen Band: "Versuche und Beobachtungen über
die Bastardzeugung" (Stuttgart 1849). Gewissermaßen als Ein-
leitung zu diesem Werk hatte er aber schon 1844 ein ebenso
umfangreiches Buch: "Versuche und Beobachtungen über die Be-
fruchtungsorgane der vollkommeneren Gewächse und über die
natürliche und künstliche Befruchtung durch den eigenen Pollen"
herausgegeben. Beide Werke zusammen sind das Gründlichste
und umfassendste, was bisher über die experimentelle Unter-
suchung der Sexualitätsverhältnisse der Pflanzen geschrieben
worden ist. Sie bilden einen glänzenden Abschluß der nach
Koelreuter mit Zweifeln an der Sexualität der Pflanze beginnen-
den Periode, einen Abschluß, der in dieselben Jahre fällt, wo
bereits eine lebhafte Polemik zwischen Schleiden und Schacht
einerseits, Hofmeister andererseits, über die Vorgänge bei der
Embryobildung durch mikroskopische Untersuchungen geführt wurde.

Gärtner's Werke finden ihre Bedeutung weniger in neuen
überraschenden Entdeckungen oder in glänzenden Ideen und un-
erwarteten Combinationen, als vielmehr in der gründlichsten
Untersuchung aller derjenigen Umstände und Verhältniße, welche
bei der sexuellen Fortpflanzung der Phanerogamen überhaupt in
Betracht kommen können. Seine Bastardirungsversuche, über
welche er die genauesten Journale führte, überschritten die Zahl
von 9000; bei diesen sowohl wie bei der normalen Bestäubung
studirte Gärtner alle Fehlerquellen, welche auf die Experimente
irgendwie Einfluß nehmen können, zog er alle in der Entwick-
lung der Pflanze selbst und in den äußeren Verhältnissen lie-
genden Bedingungen der Befruchtung sorgfältig in Betracht und
ebenso unterwarf er die gesammte Literatur dieser Fragen einer
so eingehenden Kritik, daß jeder von früheren Schriftstellern an-
gegebene Versuch seine kritische, auf die umfassensten eigenen Er-
fahrungen gestützte Erledigung fand. Das Werk über die Wirk-
ung des eigenen Pollens 1844 enthält die vollständigste Biologie
und Physiologie der Blüthen. Es werden dort, überall auf
eigene und zum Theil ganz neue Beobachtungen gestützt, sämmt-
liche Lebenserscheinungen der sich entfaltenden Blüthe und ihre

Geſchichte der Sexualtheorie.
einem umfangreichen Band: „Verſuche und Beobachtungen über
die Baſtardzeugung“ (Stuttgart 1849). Gewiſſermaßen als Ein-
leitung zu dieſem Werk hatte er aber ſchon 1844 ein ebenſo
umfangreiches Buch: „Verſuche und Beobachtungen über die Be-
fruchtungsorgane der vollkommeneren Gewächſe und über die
natürliche und künſtliche Befruchtung durch den eigenen Pollen“
herausgegeben. Beide Werke zuſammen ſind das Gründlichſte
und umfaſſendſte, was bisher über die experimentelle Unter-
ſuchung der Sexualitätsverhältniſſe der Pflanzen geſchrieben
worden iſt. Sie bilden einen glänzenden Abſchluß der nach
Koelreuter mit Zweifeln an der Sexualität der Pflanze beginnen-
den Periode, einen Abſchluß, der in dieſelben Jahre fällt, wo
bereits eine lebhafte Polemik zwiſchen Schleiden und Schacht
einerſeits, Hofmeiſter andererſeits, über die Vorgänge bei der
Embryobildung durch mikroſkopiſche Unterſuchungen geführt wurde.

Gärtner's Werke finden ihre Bedeutung weniger in neuen
überraſchenden Entdeckungen oder in glänzenden Ideen und un-
erwarteten Combinationen, als vielmehr in der gründlichſten
Unterſuchung aller derjenigen Umſtände und Verhältniße, welche
bei der ſexuellen Fortpflanzung der Phanerogamen überhaupt in
Betracht kommen können. Seine Baſtardirungsverſuche, über
welche er die genaueſten Journale führte, überſchritten die Zahl
von 9000; bei dieſen ſowohl wie bei der normalen Beſtäubung
ſtudirte Gärtner alle Fehlerquellen, welche auf die Experimente
irgendwie Einfluß nehmen können, zog er alle in der Entwick-
lung der Pflanze ſelbſt und in den äußeren Verhältniſſen lie-
genden Bedingungen der Befruchtung ſorgfältig in Betracht und
ebenſo unterwarf er die geſammte Literatur dieſer Fragen einer
ſo eingehenden Kritik, daß jeder von früheren Schriftſtellern an-
gegebene Verſuch ſeine kritiſche, auf die umfaſſenſten eigenen Er-
fahrungen geſtützte Erledigung fand. Das Werk über die Wirk-
ung des eigenen Pollens 1844 enthält die vollſtändigſte Biologie
und Phyſiologie der Blüthen. Es werden dort, überall auf
eigene und zum Theil ganz neue Beobachtungen geſtützt, ſämmt-
liche Lebenserſcheinungen der ſich entfaltenden Blüthe und ihre

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[462/0474] Geſchichte der Sexualtheorie. einem umfangreichen Band: „Verſuche und Beobachtungen über die Baſtardzeugung“ (Stuttgart 1849). Gewiſſermaßen als Ein- leitung zu dieſem Werk hatte er aber ſchon 1844 ein ebenſo umfangreiches Buch: „Verſuche und Beobachtungen über die Be- fruchtungsorgane der vollkommeneren Gewächſe und über die natürliche und künſtliche Befruchtung durch den eigenen Pollen“ herausgegeben. Beide Werke zuſammen ſind das Gründlichſte und umfaſſendſte, was bisher über die experimentelle Unter- ſuchung der Sexualitätsverhältniſſe der Pflanzen geſchrieben worden iſt. Sie bilden einen glänzenden Abſchluß der nach Koelreuter mit Zweifeln an der Sexualität der Pflanze beginnen- den Periode, einen Abſchluß, der in dieſelben Jahre fällt, wo bereits eine lebhafte Polemik zwiſchen Schleiden und Schacht einerſeits, Hofmeiſter andererſeits, über die Vorgänge bei der Embryobildung durch mikroſkopiſche Unterſuchungen geführt wurde. Gärtner's Werke finden ihre Bedeutung weniger in neuen überraſchenden Entdeckungen oder in glänzenden Ideen und un- erwarteten Combinationen, als vielmehr in der gründlichſten Unterſuchung aller derjenigen Umſtände und Verhältniße, welche bei der ſexuellen Fortpflanzung der Phanerogamen überhaupt in Betracht kommen können. Seine Baſtardirungsverſuche, über welche er die genaueſten Journale führte, überſchritten die Zahl von 9000; bei dieſen ſowohl wie bei der normalen Beſtäubung ſtudirte Gärtner alle Fehlerquellen, welche auf die Experimente irgendwie Einfluß nehmen können, zog er alle in der Entwick- lung der Pflanze ſelbſt und in den äußeren Verhältniſſen lie- genden Bedingungen der Befruchtung ſorgfältig in Betracht und ebenſo unterwarf er die geſammte Literatur dieſer Fragen einer ſo eingehenden Kritik, daß jeder von früheren Schriftſtellern an- gegebene Verſuch ſeine kritiſche, auf die umfaſſenſten eigenen Er- fahrungen geſtützte Erledigung fand. Das Werk über die Wirk- ung des eigenen Pollens 1844 enthält die vollſtändigſte Biologie und Phyſiologie der Blüthen. Es werden dort, überall auf eigene und zum Theil ganz neue Beobachtungen geſtützt, ſämmt- liche Lebenserſcheinungen der ſich entfaltenden Blüthe und ihre

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Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 462. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/474>, abgerufen am 22.11.2024.