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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

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Geschichte der Ernährungstheorie der Pflanzen.
nahrungsbereitende Organe sind und daß die von ihnen bereiteten
Stoffe in alle Theile der Pflanze übergehen, um dort entweder
aufbewahrt oder zum Wachsthum benutzt zu werden. Damit
war jedoch noch keine Einsicht gewonnen in die Natur derjenigen
Stoffe, aus welchen die Pflanzen ihre Nahrung bereiten; soweit
es bei dem Stand der Chemie um diese Zeit möglich war,
suchte Mariotte darüber Auskunft zu geben und namentlich
erwarb er sich das Verdienst, im Gegensatz zu der alten aristote-
lischen Vorstellung, zu beweisen, daß die Pflanzen die aus dem
Boden aufgenommenen Nahrungsstoffe in neue chemische Ver-
bindungen überführen, daß dagegen die Erde und das Wasser
den verschiedensten Pflanzen dieselben Nahrungsstoffe darbieten.
Es konnte aber schon damals den Pflanzenphysiologen nicht ent-
gehen, daß das Wasser, welches die Pflanzen aus dem Boden
aufnehmen nur sehr geringe Quantitäten aufgelösten Stoffes in
sie einführt. Schon in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts
hatte dies van Helmont sogar durch einen Vegetationsversuch
bewiesen, dessen Ergebniß er aber freilich dahin deutete, daß die
Pflanzen im Stande seien, aus Wasser allein, sowohl ihre ver-
brennliche, wie ihre unverbrennliche Substanz zu erzeugen. Ganz
anders jedoch faßte im Anfang des 18. Jahrhunderts Hales
die Sache auf, indem er durch die Entwicklung der Gase bei der
trockenen Destillation der Pflanzen zu der Ansicht geführt wurde,
daß ein beträchtlicher Theil der Pflanzensubstanz in luftförmiger
Gestalt aus der Atmosphäre aufgenommen werde.

In den von Malpighi, Mariotte und Hales auf-
gestellten Ansichten lagen die wesentlichsten Elemente einer Er-
nährungstheorie der Pflanzen; hätte man ihren Werth erkannt,
so hätte sich aus ihnen die Lehre ziehen lassen, daß ein Theil der
Pflanzennahrung aus der Erde und dem Wasser stammt, daß
ein anderer aus der Luft entnommen wird, und daß die Blätter
diese aufgenommenen Stoffe in der Weise verändern, daß daraus
Pflanzensubstanz erzeugt und diese zum Wachsthum verwendet
wird; diese Combination wurde jedoch nicht gemacht, denn in den
folgenden Jahrzehnten beschäftigte man sich vorwiegend mit Beob-

Geſchichte der Ernährungstheorie der Pflanzen.
nahrungsbereitende Organe ſind und daß die von ihnen bereiteten
Stoffe in alle Theile der Pflanze übergehen, um dort entweder
aufbewahrt oder zum Wachsthum benutzt zu werden. Damit
war jedoch noch keine Einſicht gewonnen in die Natur derjenigen
Stoffe, aus welchen die Pflanzen ihre Nahrung bereiten; ſoweit
es bei dem Stand der Chemie um dieſe Zeit möglich war,
ſuchte Mariotte darüber Auskunft zu geben und namentlich
erwarb er ſich das Verdienſt, im Gegenſatz zu der alten ariſtote-
liſchen Vorſtellung, zu beweiſen, daß die Pflanzen die aus dem
Boden aufgenommenen Nahrungsſtoffe in neue chemiſche Ver-
bindungen überführen, daß dagegen die Erde und das Waſſer
den verſchiedenſten Pflanzen dieſelben Nahrungsſtoffe darbieten.
Es konnte aber ſchon damals den Pflanzenphyſiologen nicht ent-
gehen, daß das Waſſer, welches die Pflanzen aus dem Boden
aufnehmen nur ſehr geringe Quantitäten aufgelöſten Stoffes in
ſie einführt. Schon in der erſten Hälfte des 17. Jahrhunderts
hatte dies van Helmont ſogar durch einen Vegetationsverſuch
bewieſen, deſſen Ergebniß er aber freilich dahin deutete, daß die
Pflanzen im Stande ſeien, aus Waſſer allein, ſowohl ihre ver-
brennliche, wie ihre unverbrennliche Subſtanz zu erzeugen. Ganz
anders jedoch faßte im Anfang des 18. Jahrhunderts Hales
die Sache auf, indem er durch die Entwicklung der Gaſe bei der
trockenen Deſtillation der Pflanzen zu der Anſicht geführt wurde,
daß ein beträchtlicher Theil der Pflanzenſubſtanz in luftförmiger
Geſtalt aus der Atmoſphäre aufgenommen werde.

In den von Malpighi, Mariotte und Hales auf-
geſtellten Anſichten lagen die weſentlichſten Elemente einer Er-
nährungstheorie der Pflanzen; hätte man ihren Werth erkannt,
ſo hätte ſich aus ihnen die Lehre ziehen laſſen, daß ein Theil der
Pflanzennahrung aus der Erde und dem Waſſer ſtammt, daß
ein anderer aus der Luft entnommen wird, und daß die Blätter
dieſe aufgenommenen Stoffe in der Weiſe verändern, daß daraus
Pflanzenſubſtanz erzeugt und dieſe zum Wachsthum verwendet
wird; dieſe Combination wurde jedoch nicht gemacht, denn in den
folgenden Jahrzehnten beſchäftigte man ſich vorwiegend mit Beob-

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[482/0494] Geſchichte der Ernährungstheorie der Pflanzen. nahrungsbereitende Organe ſind und daß die von ihnen bereiteten Stoffe in alle Theile der Pflanze übergehen, um dort entweder aufbewahrt oder zum Wachsthum benutzt zu werden. Damit war jedoch noch keine Einſicht gewonnen in die Natur derjenigen Stoffe, aus welchen die Pflanzen ihre Nahrung bereiten; ſoweit es bei dem Stand der Chemie um dieſe Zeit möglich war, ſuchte Mariotte darüber Auskunft zu geben und namentlich erwarb er ſich das Verdienſt, im Gegenſatz zu der alten ariſtote- liſchen Vorſtellung, zu beweiſen, daß die Pflanzen die aus dem Boden aufgenommenen Nahrungsſtoffe in neue chemiſche Ver- bindungen überführen, daß dagegen die Erde und das Waſſer den verſchiedenſten Pflanzen dieſelben Nahrungsſtoffe darbieten. Es konnte aber ſchon damals den Pflanzenphyſiologen nicht ent- gehen, daß das Waſſer, welches die Pflanzen aus dem Boden aufnehmen nur ſehr geringe Quantitäten aufgelöſten Stoffes in ſie einführt. Schon in der erſten Hälfte des 17. Jahrhunderts hatte dies van Helmont ſogar durch einen Vegetationsverſuch bewieſen, deſſen Ergebniß er aber freilich dahin deutete, daß die Pflanzen im Stande ſeien, aus Waſſer allein, ſowohl ihre ver- brennliche, wie ihre unverbrennliche Subſtanz zu erzeugen. Ganz anders jedoch faßte im Anfang des 18. Jahrhunderts Hales die Sache auf, indem er durch die Entwicklung der Gaſe bei der trockenen Deſtillation der Pflanzen zu der Anſicht geführt wurde, daß ein beträchtlicher Theil der Pflanzenſubſtanz in luftförmiger Geſtalt aus der Atmoſphäre aufgenommen werde. In den von Malpighi, Mariotte und Hales auf- geſtellten Anſichten lagen die weſentlichſten Elemente einer Er- nährungstheorie der Pflanzen; hätte man ihren Werth erkannt, ſo hätte ſich aus ihnen die Lehre ziehen laſſen, daß ein Theil der Pflanzennahrung aus der Erde und dem Waſſer ſtammt, daß ein anderer aus der Luft entnommen wird, und daß die Blätter dieſe aufgenommenen Stoffe in der Weiſe verändern, daß daraus Pflanzenſubſtanz erzeugt und dieſe zum Wachsthum verwendet wird; dieſe Combination wurde jedoch nicht gemacht, denn in den folgenden Jahrzehnten beſchäftigte man ſich vorwiegend mit Beob-

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Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 482. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/494>, abgerufen am 22.11.2024.