legen, daß er Wasser durch beiderseits abgeschnittene Aststücke in den entgegengesetzten Richtungen hindurchfiltriren ließ. Schwach war dagegen, was er über die mechanischen Ursachen der Wasser- bewegung im Holz zu sagen wußte.
Ueberhaupt wurde die Kenntniß derartiger Vegetationsvor- gänge erst einige Jahrzehnte später durch Hales beträchtlich ge- fördert. Bevor wir jedoch auf dessen bedeutende und diesen Zeitraum abschließende Leistung übergehen, ist noch von einigen minder wichtigen Schriften zu berichten. Ziemlich unbedeutend war, was Woodward und Beale über die Transspiration und Wasseraufnahme im Interesse der Ernährungstheorie mit- theilten. Des Ersteren Angabe, daß eine in Wasser wachsende Mentha in drei Monaten sechsundvierzigmal soviel Wasser auf- nahm und durch die Blätter verdunstete, als sie in sich selbst zurückhielt, war vielleicht das Bedeutendste, was er an Thatsäch- lichem zu Tage förderte, wogegen seine eigenen Folgerungen daraus nichts Brauchbares darboten.
Keine von Malpighi's Lehren hatte ihrerzeit soviel Auf- sehen gemacht, wie die, daß in den Spiralgefäßen des Holzes ähnlich wie in den Tracheen der Insekten die zur Athmung der Pflanzen nöthige Luft sich bewege; während ihm Grew und später Ray in der Hauptsache beistimmten, wagte dagegen sein Landsmann Sbaraglia 1704 sogar die Existenz derartiger Gefäße zu leugnen und bald gerieth die Phytotomie so sehr in Verfall, daß die Frage, ob es überhaupt Gefäße, oder wie man es damals nannte, Spiralgefäße gebe, wiederholt bald be- jaht und bald verneint wurde, und schließlich fand man es zweckmäßiger im Interesse der physiologischen Fragen, statt des Mikroskops, das Experiment zu Rathe zu ziehen. So versuchte schon 1715 Nieuwentyt mit Hülfe der Luftpumpe die in den Gefäßen enthaltene Luft unter Flüssigkeit in sichtbarer Weise austreten zu lassen. Wie schon früher bei anderen Gelegenheiten begegnen wir nun auch hier wieder als einem eifrigen Vertreter der Pflanzenphysiologie in Deutschland, dem Philosophen Christian Wolff, der in dem dritten Theil seines Werkes: "Allerhand nütz-
Geſchichte der Ernährungstheorie der Pflanzen.
legen, daß er Waſſer durch beiderſeits abgeſchnittene Aſtſtücke in den entgegengeſetzten Richtungen hindurchfiltriren ließ. Schwach war dagegen, was er über die mechaniſchen Urſachen der Waſſer- bewegung im Holz zu ſagen wußte.
Ueberhaupt wurde die Kenntniß derartiger Vegetationsvor- gänge erſt einige Jahrzehnte ſpäter durch Hales beträchtlich ge- fördert. Bevor wir jedoch auf deſſen bedeutende und dieſen Zeitraum abſchließende Leiſtung übergehen, iſt noch von einigen minder wichtigen Schriften zu berichten. Ziemlich unbedeutend war, was Woodward und Beale über die Transſpiration und Waſſeraufnahme im Intereſſe der Ernährungstheorie mit- theilten. Des Erſteren Angabe, daß eine in Waſſer wachſende Mentha in drei Monaten ſechsundvierzigmal ſoviel Waſſer auf- nahm und durch die Blätter verdunſtete, als ſie in ſich ſelbſt zurückhielt, war vielleicht das Bedeutendſte, was er an Thatſäch- lichem zu Tage förderte, wogegen ſeine eigenen Folgerungen daraus nichts Brauchbares darboten.
Keine von Malpighi's Lehren hatte ihrerzeit ſoviel Auf- ſehen gemacht, wie die, daß in den Spiralgefäßen des Holzes ähnlich wie in den Tracheen der Inſekten die zur Athmung der Pflanzen nöthige Luft ſich bewege; während ihm Grew und ſpäter Ray in der Hauptſache beiſtimmten, wagte dagegen ſein Landsmann Sbaraglia 1704 ſogar die Exiſtenz derartiger Gefäße zu leugnen und bald gerieth die Phytotomie ſo ſehr in Verfall, daß die Frage, ob es überhaupt Gefäße, oder wie man es damals nannte, Spiralgefäße gebe, wiederholt bald be- jaht und bald verneint wurde, und ſchließlich fand man es zweckmäßiger im Intereſſe der phyſiologiſchen Fragen, ſtatt des Mikroſkops, das Experiment zu Rathe zu ziehen. So verſuchte ſchon 1715 Nieuwentyt mit Hülfe der Luftpumpe die in den Gefäßen enthaltene Luft unter Flüſſigkeit in ſichtbarer Weiſe austreten zu laſſen. Wie ſchon früher bei anderen Gelegenheiten begegnen wir nun auch hier wieder als einem eifrigen Vertreter der Pflanzenphyſiologie in Deutſchland, dem Philoſophen Chriſtian Wolff, der in dem dritten Theil ſeines Werkes: „Allerhand nütz-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0522"n="510"/><fwplace="top"type="header">Geſchichte der Ernährungstheorie der Pflanzen.</fw><lb/>
legen, daß er Waſſer durch beiderſeits abgeſchnittene Aſtſtücke in<lb/>
den entgegengeſetzten Richtungen hindurchfiltriren ließ. Schwach<lb/>
war dagegen, was er über die mechaniſchen Urſachen der Waſſer-<lb/>
bewegung im Holz zu ſagen wußte.</p><lb/><p>Ueberhaupt wurde die Kenntniß derartiger Vegetationsvor-<lb/>
gänge erſt einige Jahrzehnte ſpäter durch <hirendition="#g">Hales</hi> beträchtlich ge-<lb/>
fördert. Bevor wir jedoch auf deſſen bedeutende und dieſen<lb/>
Zeitraum abſchließende Leiſtung übergehen, iſt noch von einigen<lb/>
minder wichtigen Schriften zu berichten. Ziemlich unbedeutend<lb/>
war, was <hirendition="#g">Woodward</hi> und <hirendition="#g">Beale</hi> über die Transſpiration<lb/>
und Waſſeraufnahme im Intereſſe der Ernährungstheorie mit-<lb/>
theilten. Des Erſteren Angabe, daß eine in Waſſer wachſende<lb/><hirendition="#aq">Mentha</hi> in drei Monaten ſechsundvierzigmal ſoviel Waſſer auf-<lb/>
nahm und durch die Blätter verdunſtete, als ſie in ſich ſelbſt<lb/>
zurückhielt, war vielleicht das Bedeutendſte, was er an Thatſäch-<lb/>
lichem zu Tage förderte, wogegen ſeine eigenen Folgerungen daraus<lb/>
nichts Brauchbares darboten.</p><lb/><p>Keine von <hirendition="#g">Malpighi</hi>'s Lehren hatte ihrerzeit ſoviel Auf-<lb/>ſehen gemacht, wie die, daß in den Spiralgefäßen des Holzes<lb/>
ähnlich wie in den Tracheen der Inſekten die zur Athmung der<lb/>
Pflanzen nöthige Luft ſich bewege; während ihm <hirendition="#g">Grew</hi> und<lb/>ſpäter <hirendition="#g">Ray</hi> in der Hauptſache beiſtimmten, wagte dagegen ſein<lb/>
Landsmann <hirendition="#g">Sbaraglia</hi> 1704 ſogar die Exiſtenz derartiger<lb/>
Gefäße zu leugnen und bald gerieth die Phytotomie ſo ſehr<lb/>
in Verfall, daß die Frage, ob es überhaupt Gefäße, oder wie<lb/>
man es damals nannte, Spiralgefäße gebe, wiederholt bald be-<lb/>
jaht und bald verneint wurde, und ſchließlich fand man es<lb/>
zweckmäßiger im Intereſſe der phyſiologiſchen Fragen, ſtatt des<lb/>
Mikroſkops, das Experiment zu Rathe zu ziehen. So verſuchte<lb/>ſchon 1715 <hirendition="#g">Nieuwentyt</hi> mit Hülfe der Luftpumpe die in den<lb/>
Gefäßen enthaltene Luft unter Flüſſigkeit in ſichtbarer Weiſe<lb/>
austreten zu laſſen. Wie ſchon früher bei anderen Gelegenheiten<lb/>
begegnen wir nun auch hier wieder als einem eifrigen Vertreter<lb/>
der Pflanzenphyſiologie in Deutſchland, dem Philoſophen Chriſtian<lb/>
Wolff, der in dem dritten Theil ſeines Werkes: „Allerhand nütz-<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[510/0522]
Geſchichte der Ernährungstheorie der Pflanzen.
legen, daß er Waſſer durch beiderſeits abgeſchnittene Aſtſtücke in
den entgegengeſetzten Richtungen hindurchfiltriren ließ. Schwach
war dagegen, was er über die mechaniſchen Urſachen der Waſſer-
bewegung im Holz zu ſagen wußte.
Ueberhaupt wurde die Kenntniß derartiger Vegetationsvor-
gänge erſt einige Jahrzehnte ſpäter durch Hales beträchtlich ge-
fördert. Bevor wir jedoch auf deſſen bedeutende und dieſen
Zeitraum abſchließende Leiſtung übergehen, iſt noch von einigen
minder wichtigen Schriften zu berichten. Ziemlich unbedeutend
war, was Woodward und Beale über die Transſpiration
und Waſſeraufnahme im Intereſſe der Ernährungstheorie mit-
theilten. Des Erſteren Angabe, daß eine in Waſſer wachſende
Mentha in drei Monaten ſechsundvierzigmal ſoviel Waſſer auf-
nahm und durch die Blätter verdunſtete, als ſie in ſich ſelbſt
zurückhielt, war vielleicht das Bedeutendſte, was er an Thatſäch-
lichem zu Tage förderte, wogegen ſeine eigenen Folgerungen daraus
nichts Brauchbares darboten.
Keine von Malpighi's Lehren hatte ihrerzeit ſoviel Auf-
ſehen gemacht, wie die, daß in den Spiralgefäßen des Holzes
ähnlich wie in den Tracheen der Inſekten die zur Athmung der
Pflanzen nöthige Luft ſich bewege; während ihm Grew und
ſpäter Ray in der Hauptſache beiſtimmten, wagte dagegen ſein
Landsmann Sbaraglia 1704 ſogar die Exiſtenz derartiger
Gefäße zu leugnen und bald gerieth die Phytotomie ſo ſehr
in Verfall, daß die Frage, ob es überhaupt Gefäße, oder wie
man es damals nannte, Spiralgefäße gebe, wiederholt bald be-
jaht und bald verneint wurde, und ſchließlich fand man es
zweckmäßiger im Intereſſe der phyſiologiſchen Fragen, ſtatt des
Mikroſkops, das Experiment zu Rathe zu ziehen. So verſuchte
ſchon 1715 Nieuwentyt mit Hülfe der Luftpumpe die in den
Gefäßen enthaltene Luft unter Flüſſigkeit in ſichtbarer Weiſe
austreten zu laſſen. Wie ſchon früher bei anderen Gelegenheiten
begegnen wir nun auch hier wieder als einem eifrigen Vertreter
der Pflanzenphyſiologie in Deutſchland, dem Philoſophen Chriſtian
Wolff, der in dem dritten Theil ſeines Werkes: „Allerhand nütz-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 510. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/522>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.