Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.Geschichte der Ernährungstheorie der Pflanzen. Lichts auf die Vegetation (1782-1788), deren Resultate er inseiner umfangreichen fünfbändigen physiologie vegetale im Jahr 1800 mit ermüdender Weitschweifigkeit zu einer Ernähr- ungstheorie ausarbeitete. Manches immerhin Werthvolle ver- steckt sich hier in einem Schwall von unbedeutenden Einzelheiten und langwierigen rhetorischen Stielübungen, die meist den Nagel nicht auf den Kopf treffen. Es ist jedoch nicht zu verkennen, daß Senebier mit gründlicheren chemischen Kenntnissen als Ingen-Houß ausgerüstet, Alles zusammentrug, was damals die chemische Literatur an zerstreuten Thatsachen darbot, um ein vollständigeres Bild der Ernährungsvorgänge zu gewinnen; na- mentlich war es für jene Zeit von Werth, das Princip zu be- tonen, daß die Ernährungsvorgänge innerhalb der Pflanze nach den allgemeinen Gesetzen der Chemie beurtheilt werden müssen; die organisirten Wesen, sagte Senebier, sind der Schauplatz, wo die Affinitäten der Bestandtheile der Erde, des Wassers, der Luft auf einander einwirken; die Zersetzungen aber werden ge- wöhnlich durch den Einfluß des Lichts eingeleitet, welches den Sauerstoff der Kohlensäure aus den grünen Theilen der Pflanzen entbindet. Unter den von ihm hervorgehobenen Grundsätzen finden wir auch schon (I. c. II. p. 304) den betont, daß die einfachen Bestandtheile in allen Pflanzen dieselben sind, und daß die Unterschiede nur quantitativer Natur seien. Von diesen Ge- sichtspuncten ausgehend führt er nun der Reihe nach die ein- fachen und zusammengesetzten Bestandtheile der Pflanzen vor, unter denen, den Anschauungen jener Zeit entsprechend, auch das Licht und die Wärme als körperliche Wesen figuriren. Die alte 1773, wo er nun neben umfangreichen bibliographischen Arbeiten Spal-
lauzani's wichtigere Werke übersetzte, chemische Vorträge von Tingry hörte und seine Untersuchungen über die Wirkungen den Lichts ausführte. Für die Encyclopaedie methodique schrieb er die Pflanzenphysiologie (1791); die Revolution in Genf veranlaßte ihn, in das Waadland sich zurück- zuziehen, wo er seine fünfbändige Physiologie vegetale ausarbeitete; 1799 nach Genf zurückgekehrt, betheiligte er sich an einer neuen Bibelübersetzung; er starb daselbst 1809 (Biogr. univers.). Geſchichte der Ernährungstheorie der Pflanzen. Lichts auf die Vegetation (1782-1788), deren Reſultate er inſeiner umfangreichen fünfbändigen physiologie végètale im Jahr 1800 mit ermüdender Weitſchweifigkeit zu einer Ernähr- ungstheorie ausarbeitete. Manches immerhin Werthvolle ver- ſteckt ſich hier in einem Schwall von unbedeutenden Einzelheiten und langwierigen rhetoriſchen Stielübungen, die meiſt den Nagel nicht auf den Kopf treffen. Es iſt jedoch nicht zu verkennen, daß Senebier mit gründlicheren chemiſchen Kenntniſſen als Ingen-Houß ausgerüſtet, Alles zuſammentrug, was damals die chemiſche Literatur an zerſtreuten Thatſachen darbot, um ein vollſtändigeres Bild der Ernährungsvorgänge zu gewinnen; na- mentlich war es für jene Zeit von Werth, das Princip zu be- tonen, daß die Ernährungsvorgänge innerhalb der Pflanze nach den allgemeinen Geſetzen der Chemie beurtheilt werden müſſen; die organiſirten Weſen, ſagte Senebier, ſind der Schauplatz, wo die Affinitäten der Beſtandtheile der Erde, des Waſſers, der Luft auf einander einwirken; die Zerſetzungen aber werden ge- wöhnlich durch den Einfluß des Lichts eingeleitet, welches den Sauerſtoff der Kohlenſäure aus den grünen Theilen der Pflanzen entbindet. Unter den von ihm hervorgehobenen Grundſätzen finden wir auch ſchon (I. c. II. p. 304) den betont, daß die einfachen Beſtandtheile in allen Pflanzen dieſelben ſind, und daß die Unterſchiede nur quantitativer Natur ſeien. Von dieſen Ge- ſichtspuncten ausgehend führt er nun der Reihe nach die ein- fachen und zuſammengeſetzten Beſtandtheile der Pflanzen vor, unter denen, den Anſchauungen jener Zeit entſprechend, auch das Licht und die Wärme als körperliche Weſen figuriren. Die alte 1773, wo er nun neben umfangreichen bibliographiſchen Arbeiten Spal-
lauzani's wichtigere Werke überſetzte, chemiſche Vorträge von Tingry hörte und ſeine Unterſuchungen über die Wirkungen den Lichts ausführte. Für die Encyclopaedie méthodique ſchrieb er die Pflanzenphyſiologie (1791); die Revolution in Genf veranlaßte ihn, in das Waadland ſich zurück- zuziehen, wo er ſeine fünfbändige Physiologie végétale ausarbeitete; 1799 nach Genf zurückgekehrt, betheiligte er ſich an einer neuen Bibelüberſetzung; er ſtarb daſelbſt 1809 (Biogr. univers.). <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0548" n="536"/><fw place="top" type="header">Geſchichte der Ernährungstheorie der Pflanzen.</fw><lb/> Lichts auf die Vegetation (1782-1788), deren Reſultate er in<lb/> ſeiner umfangreichen fünfbändigen <hi rendition="#aq">physiologie végètale</hi> im<lb/> Jahr 1800 mit ermüdender Weitſchweifigkeit zu einer Ernähr-<lb/> ungstheorie ausarbeitete. Manches immerhin Werthvolle ver-<lb/> ſteckt ſich hier in einem Schwall von unbedeutenden Einzelheiten<lb/> und langwierigen rhetoriſchen Stielübungen, die meiſt den Nagel<lb/> nicht auf den Kopf treffen. Es iſt jedoch nicht zu verkennen,<lb/> daß <hi rendition="#g">Senebier</hi> mit gründlicheren chemiſchen Kenntniſſen als<lb/><hi rendition="#g">Ingen</hi>-<hi rendition="#g">Houß</hi> ausgerüſtet, Alles zuſammentrug, was damals<lb/> die chemiſche Literatur an zerſtreuten Thatſachen darbot, um ein<lb/> vollſtändigeres Bild der Ernährungsvorgänge zu gewinnen; na-<lb/> mentlich war es für jene Zeit von Werth, das Princip zu be-<lb/> tonen, daß die Ernährungsvorgänge innerhalb der Pflanze nach<lb/> den allgemeinen Geſetzen der Chemie beurtheilt werden müſſen;<lb/> die organiſirten Weſen, ſagte <hi rendition="#g">Senebier</hi>, ſind der Schauplatz,<lb/> wo die Affinitäten der Beſtandtheile der Erde, des Waſſers, der<lb/> Luft auf einander einwirken; die Zerſetzungen aber werden ge-<lb/> wöhnlich durch den Einfluß des Lichts eingeleitet, welches den<lb/> Sauerſtoff der Kohlenſäure aus den grünen Theilen der Pflanzen<lb/> entbindet. Unter den von ihm hervorgehobenen Grundſätzen<lb/> finden wir auch ſchon (<hi rendition="#aq">I. c. II. p.</hi> 304) den betont, daß die<lb/> einfachen Beſtandtheile in allen Pflanzen dieſelben ſind, und daß<lb/> die Unterſchiede nur quantitativer Natur ſeien. Von dieſen Ge-<lb/> ſichtspuncten ausgehend führt er nun der Reihe nach die ein-<lb/> fachen und zuſammengeſetzten Beſtandtheile der Pflanzen vor,<lb/> unter denen, den Anſchauungen jener Zeit entſprechend, auch das<lb/> Licht und die Wärme als körperliche Weſen figuriren. Die alte<lb/><note xml:id="seg2pn_12_2" prev="#seg2pn_12_1" place="foot" n="1)">1773, wo er nun neben umfangreichen bibliographiſchen Arbeiten <hi rendition="#g">Spal</hi>-<lb/><hi rendition="#g">lauzani</hi>'s wichtigere Werke überſetzte, chemiſche Vorträge von <hi rendition="#g">Tingry</hi><lb/> hörte und ſeine Unterſuchungen über die Wirkungen den Lichts ausführte.<lb/> Für die <hi rendition="#aq">Encyclopaedie méthodique</hi> ſchrieb er die Pflanzenphyſiologie<lb/> (1791); die Revolution in Genf veranlaßte ihn, in das Waadland ſich zurück-<lb/> zuziehen, wo er ſeine fünfbändige <hi rendition="#aq">Physiologie végétale</hi> ausarbeitete; 1799<lb/> nach Genf zurückgekehrt, betheiligte er ſich an einer neuen Bibelüberſetzung;<lb/> er ſtarb daſelbſt 1809 (<hi rendition="#aq">Biogr. univers.</hi>).</note><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [536/0548]
Geſchichte der Ernährungstheorie der Pflanzen.
Lichts auf die Vegetation (1782-1788), deren Reſultate er in
ſeiner umfangreichen fünfbändigen physiologie végètale im
Jahr 1800 mit ermüdender Weitſchweifigkeit zu einer Ernähr-
ungstheorie ausarbeitete. Manches immerhin Werthvolle ver-
ſteckt ſich hier in einem Schwall von unbedeutenden Einzelheiten
und langwierigen rhetoriſchen Stielübungen, die meiſt den Nagel
nicht auf den Kopf treffen. Es iſt jedoch nicht zu verkennen,
daß Senebier mit gründlicheren chemiſchen Kenntniſſen als
Ingen-Houß ausgerüſtet, Alles zuſammentrug, was damals
die chemiſche Literatur an zerſtreuten Thatſachen darbot, um ein
vollſtändigeres Bild der Ernährungsvorgänge zu gewinnen; na-
mentlich war es für jene Zeit von Werth, das Princip zu be-
tonen, daß die Ernährungsvorgänge innerhalb der Pflanze nach
den allgemeinen Geſetzen der Chemie beurtheilt werden müſſen;
die organiſirten Weſen, ſagte Senebier, ſind der Schauplatz,
wo die Affinitäten der Beſtandtheile der Erde, des Waſſers, der
Luft auf einander einwirken; die Zerſetzungen aber werden ge-
wöhnlich durch den Einfluß des Lichts eingeleitet, welches den
Sauerſtoff der Kohlenſäure aus den grünen Theilen der Pflanzen
entbindet. Unter den von ihm hervorgehobenen Grundſätzen
finden wir auch ſchon (I. c. II. p. 304) den betont, daß die
einfachen Beſtandtheile in allen Pflanzen dieſelben ſind, und daß
die Unterſchiede nur quantitativer Natur ſeien. Von dieſen Ge-
ſichtspuncten ausgehend führt er nun der Reihe nach die ein-
fachen und zuſammengeſetzten Beſtandtheile der Pflanzen vor,
unter denen, den Anſchauungen jener Zeit entſprechend, auch das
Licht und die Wärme als körperliche Weſen figuriren. Die alte
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1) 1773, wo er nun neben umfangreichen bibliographiſchen Arbeiten Spal-
lauzani's wichtigere Werke überſetzte, chemiſche Vorträge von Tingry
hörte und ſeine Unterſuchungen über die Wirkungen den Lichts ausführte.
Für die Encyclopaedie méthodique ſchrieb er die Pflanzenphyſiologie
(1791); die Revolution in Genf veranlaßte ihn, in das Waadland ſich zurück-
zuziehen, wo er ſeine fünfbändige Physiologie végétale ausarbeitete; 1799
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