Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.Geschichte der Ernährungstheorie der Pflanzen. sämmtlicher Ernährungsvorgänge die richtig erkannte Blattfunktion,die Zersetzung der Kohlensäure am Licht und die Erzeugung der organisirbaren Substanz in den Blättern steht. Ganz anders gestalteten sich in dieser Beziehung die Ansichten der beiden her- vorragendsten deutschen Pflanzenphysiologen am Schluß des hier betrachteten Zeitraums: von Treviranus nämlich und Meyen, so verschieden auch beide sonst in ihrer Gesammtauffassung der Pflanzenphysiologie sich darstellen. In Treviranus gipfelt gewissermaßen Alles, was die ersten drei Jahrzehnte unseres Jahrhunderts an Vorurtheilen und Irrthümern auf Grund der Annahme der Lebenskraft hervorgebracht haben; zu einer Zeit, wo Andere bereits die physikalisch-mechanische Erklärung der Vege- tationserscheinungen, als das anzustrebende Ziel, aufstellten, suchte Treviranus noch einmal das ganze Rüstzeug der veralteten Lebenskraftlehre hervor, so zwar, daß seine Physiologie der Ge- wächse, als sie 1835 erschien, auch schon als veraltet gelten konnte. In scharfem Gegensatz zu ihm trat Meyen im zweiten Band seines neuen Systems der Pflanzenphysiologie 1838; wo irgend möglich sucht er die Vegetationserscheinungen auf physi- kalisch mechanische und chemische Ursachen wieder zurückzuführen, wenn es ihm auch selten gelingt, in dieser Richtung etwas Neues und dauernd Brauchbares zu Tage zu fördern. Denn ihm sowohl, wie Treviranus fehlte gründliche physikalische und chemische Bildung; sie standen nicht wie einst Hales und Malpighi in dieser Beziehung auf der Höhe ihrer Zeit; dabei lag aber ein großer Unterschied in der Behandlung der ihnen vorliegenden Literatur: Treviranus, der in früheren Jahren sich um die Phytotomie namhafte Verdienste erworben hatte, war dieser Aufgabe nicht gewachsen; in allen seinen physiologischen Darlegungen spricht sich eine greisenhafte Gedankenschwäche, eine Unfähigkeit, den Zusammenhang der Thatsachen zu übersehen, aus; alles in den letzten Jahrzehnten Geleistete ist ihm verdächtig, fast überall stützt er sich auf das im 18. Jahrhundert Publicirte, ja er lebt in den Vorstellungen dieser Vergangenheit, ohne sich indessen an der treffenden Logik und Gedankenfrische eines Mal- Geſchichte der Ernährungstheorie der Pflanzen. ſämmtlicher Ernährungsvorgänge die richtig erkannte Blattfunktion,die Zerſetzung der Kohlenſäure am Licht und die Erzeugung der organiſirbaren Subſtanz in den Blättern ſteht. Ganz anders geſtalteten ſich in dieſer Beziehung die Anſichten der beiden her- vorragendſten deutſchen Pflanzenphyſiologen am Schluß des hier betrachteten Zeitraums: von Treviranus nämlich und Meyen, ſo verſchieden auch beide ſonſt in ihrer Geſammtauffaſſung der Pflanzenphyſiologie ſich darſtellen. In Treviranus gipfelt gewiſſermaßen Alles, was die erſten drei Jahrzehnte unſeres Jahrhunderts an Vorurtheilen und Irrthümern auf Grund der Annahme der Lebenskraft hervorgebracht haben; zu einer Zeit, wo Andere bereits die phyſikaliſch-mechaniſche Erklärung der Vege- tationserſcheinungen, als das anzuſtrebende Ziel, aufſtellten, ſuchte Treviranus noch einmal das ganze Rüſtzeug der veralteten Lebenskraftlehre hervor, ſo zwar, daß ſeine Phyſiologie der Ge- wächſe, als ſie 1835 erſchien, auch ſchon als veraltet gelten konnte. In ſcharfem Gegenſatz zu ihm trat Meyen im zweiten Band ſeines neuen Syſtems der Pflanzenphyſiologie 1838; wo irgend möglich ſucht er die Vegetationserſcheinungen auf phyſi- kaliſch mechaniſche und chemiſche Urſachen wieder zurückzuführen, wenn es ihm auch ſelten gelingt, in dieſer Richtung etwas Neues und dauernd Brauchbares zu Tage zu fördern. Denn ihm ſowohl, wie Treviranus fehlte gründliche phyſikaliſche und chemiſche Bildung; ſie ſtanden nicht wie einſt Hales und Malpighi in dieſer Beziehung auf der Höhe ihrer Zeit; dabei lag aber ein großer Unterſchied in der Behandlung der ihnen vorliegenden Literatur: Treviranus, der in früheren Jahren ſich um die Phytotomie namhafte Verdienſte erworben hatte, war dieſer Aufgabe nicht gewachſen; in allen ſeinen phyſiologiſchen Darlegungen ſpricht ſich eine greiſenhafte Gedankenſchwäche, eine Unfähigkeit, den Zuſammenhang der Thatſachen zu überſehen, aus; alles in den letzten Jahrzehnten Geleiſtete iſt ihm verdächtig, faſt überall ſtützt er ſich auf das im 18. 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ſämmtlicher Ernährungsvorgänge die richtig erkannte Blattfunktion,
die Zerſetzung der Kohlenſäure am Licht und die Erzeugung der
organiſirbaren Subſtanz in den Blättern ſteht. Ganz anders
geſtalteten ſich in dieſer Beziehung die Anſichten der beiden her-
vorragendſten deutſchen Pflanzenphyſiologen am Schluß des hier
betrachteten Zeitraums: von Treviranus nämlich und Meyen,
ſo verſchieden auch beide ſonſt in ihrer Geſammtauffaſſung der
Pflanzenphyſiologie ſich darſtellen. In Treviranus gipfelt
gewiſſermaßen Alles, was die erſten drei Jahrzehnte unſeres
Jahrhunderts an Vorurtheilen und Irrthümern auf Grund der
Annahme der Lebenskraft hervorgebracht haben; zu einer Zeit,
wo Andere bereits die phyſikaliſch-mechaniſche Erklärung der Vege-
tationserſcheinungen, als das anzuſtrebende Ziel, aufſtellten, ſuchte
Treviranus noch einmal das ganze Rüſtzeug der veralteten
Lebenskraftlehre hervor, ſo zwar, daß ſeine Phyſiologie der Ge-
wächſe, als ſie 1835 erſchien, auch ſchon als veraltet gelten
konnte. In ſcharfem Gegenſatz zu ihm trat Meyen im zweiten
Band ſeines neuen Syſtems der Pflanzenphyſiologie 1838; wo
irgend möglich ſucht er die Vegetationserſcheinungen auf phyſi-
kaliſch mechaniſche und chemiſche Urſachen wieder zurückzuführen,
wenn es ihm auch ſelten gelingt, in dieſer Richtung etwas
Neues und dauernd Brauchbares zu Tage zu fördern. Denn
ihm ſowohl, wie Treviranus fehlte gründliche phyſikaliſche
und chemiſche Bildung; ſie ſtanden nicht wie einſt Hales und
Malpighi in dieſer Beziehung auf der Höhe ihrer Zeit; dabei
lag aber ein großer Unterſchied in der Behandlung der ihnen
vorliegenden Literatur: Treviranus, der in früheren Jahren
ſich um die Phytotomie namhafte Verdienſte erworben hatte, war
dieſer Aufgabe nicht gewachſen; in allen ſeinen phyſiologiſchen
Darlegungen ſpricht ſich eine greiſenhafte Gedankenſchwäche, eine
Unfähigkeit, den Zuſammenhang der Thatſachen zu überſehen,
aus; alles in den letzten Jahrzehnten Geleiſtete iſt ihm verdächtig,
faſt überall ſtützt er ſich auf das im 18. Jahrhundert Publicirte,
ja er lebt in den Vorſtellungen dieſer Vergangenheit, ohne ſich
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