gründer der neueren Methoden. Ernährungsversuche anzustellen, genannt werden muß. Wie kläglich die Art und Weise war, in welcher man nach Saussure bis in die dreißiger Jahre hinein Vegetationsversuche im Interesse der Ernährungstheorie anzustellen pflegte, darüber hatte sich bereits Liebig drastisch genug aus- gesprochen, ohne jedoch selbst bessere Methoden einzuführen; dies aber that Boussingault; um nur Eins z. B. hervorzuheben, hatten sich diejenigen, welche die Humusfrage experimentell ent- scheiden wollten, wie z. B. Hartig im Einverständniß mit Liebig u. A. gewöhnlich damit befaßt, den Pflanzen humussaure Verbin- dungen darzubieten und zu sehen, was nun daraus entstehen würde. Boussingault machte es hier wie Columbus mit dem Ei: er zwang einfach die Pflanzen ohne jede Spur von Humus in einem künstlich bereiteten Boden und Nährstoffgemenge sich zu ernähren, um so unwiderleglich zu zeigen, daß sie des Humus nicht be- dürfen.
In ähnlicher Weise wie Boussingault experimentirte auch in Deutschland der Fürst Salm-Horstmar, der sich vor- wiegend mit der Frage beschäftigte, welche Bedeutung die ein- zelnen Säuren und Basen der Asche für die Ernährung der Pflanzen haben, ob einzelne derselben entbehrlich sind und welche die Pflanze nothwendig aufnehmen muß; Fragen die indessen erst im Lauf der sechziger Jahre ihrer Erledigung entgegengeführt wurden und zum Theil noch jetzt nicht entschieden sind.
Die Feststellung der Thatsache, daß chlorophyllhaltige Pflan- zen die Gesammtmasse ihres Kohlenstoffs aus der atmosphärischen Kohlensäure beziehen, und daß diese auch für die nicht chloro- phyllhaltigen Pflanzen und Thiere die ursprüngliche Quelle des Kohlenstoffs ist, daß ferner der in den Pflanzen assimilirte Stick- stoff in Form von Ammoniak- oder salpetersauren Salzen auf- genommen wird und daß die Alkalien, alkalischen Erden in Form von schwefelsauren und phosphorsauren Salzen zur Ernährung der Pflanzen unerläßlich sind, halte ich für die Hauptergebnisse aller Bestrebungen auf dem Gebiet der Ernährungslehre in dem Zeitraum von 1840-1860, ohne damit behaupten zu wollen,
Feſtſtellung des Nahrungsmaterials der Pflanzen.
gründer der neueren Methoden. Ernährungsverſuche anzuſtellen, genannt werden muß. Wie kläglich die Art und Weiſe war, in welcher man nach Sauſſure bis in die dreißiger Jahre hinein Vegetationsverſuche im Intereſſe der Ernährungstheorie anzuſtellen pflegte, darüber hatte ſich bereits Liebig draſtiſch genug aus- geſprochen, ohne jedoch ſelbſt beſſere Methoden einzuführen; dies aber that Bouſſingault; um nur Eins z. B. hervorzuheben, hatten ſich diejenigen, welche die Humusfrage experimentell ent- ſcheiden wollten, wie z. B. Hartig im Einverſtändniß mit Liebig u. A. gewöhnlich damit befaßt, den Pflanzen humusſaure Verbin- dungen darzubieten und zu ſehen, was nun daraus entſtehen würde. Bouſſingault machte es hier wie Columbus mit dem Ei: er zwang einfach die Pflanzen ohne jede Spur von Humus in einem künſtlich bereiteten Boden und Nährſtoffgemenge ſich zu ernähren, um ſo unwiderleglich zu zeigen, daß ſie des Humus nicht be- dürfen.
In ähnlicher Weiſe wie Bouſſingault experimentirte auch in Deutſchland der Fürſt Salm-Horſtmar, der ſich vor- wiegend mit der Frage beſchäftigte, welche Bedeutung die ein- zelnen Säuren und Baſen der Aſche für die Ernährung der Pflanzen haben, ob einzelne derſelben entbehrlich ſind und welche die Pflanze nothwendig aufnehmen muß; Fragen die indeſſen erſt im Lauf der ſechziger Jahre ihrer Erledigung entgegengeführt wurden und zum Theil noch jetzt nicht entſchieden ſind.
Die Feſtſtellung der Thatſache, daß chlorophyllhaltige Pflan- zen die Geſammtmaſſe ihres Kohlenſtoffs aus der atmoſphäriſchen Kohlenſäure beziehen, und daß dieſe auch für die nicht chloro- phyllhaltigen Pflanzen und Thiere die urſprüngliche Quelle des Kohlenſtoffs iſt, daß ferner der in den Pflanzen aſſimilirte Stick- ſtoff in Form von Ammoniak- oder ſalpeterſauren Salzen auf- genommen wird und daß die Alkalien, alkaliſchen Erden in Form von ſchwefelſauren und phosphorſauren Salzen zur Ernährung der Pflanzen unerläßlich ſind, halte ich für die Hauptergebniſſe aller Beſtrebungen auf dem Gebiet der Ernährungslehre in dem Zeitraum von 1840-1860, ohne damit behaupten zu wollen,
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Feſtſtellung des Nahrungsmaterials der Pflanzen.
gründer der neueren Methoden. Ernährungsverſuche anzuſtellen,
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welcher man nach Sauſſure bis in die dreißiger Jahre hinein
Vegetationsverſuche im Intereſſe der Ernährungstheorie anzuſtellen
pflegte, darüber hatte ſich bereits Liebig draſtiſch genug aus-
geſprochen, ohne jedoch ſelbſt beſſere Methoden einzuführen; dies
aber that Bouſſingault; um nur Eins z. B. hervorzuheben,
hatten ſich diejenigen, welche die Humusfrage experimentell ent-
ſcheiden wollten, wie z. B. Hartig im Einverſtändniß mit Liebig
u. A. gewöhnlich damit befaßt, den Pflanzen humusſaure Verbin-
dungen darzubieten und zu ſehen, was nun daraus entſtehen würde.
Bouſſingault machte es hier wie Columbus mit dem Ei: er
zwang einfach die Pflanzen ohne jede Spur von Humus in einem
künſtlich bereiteten Boden und Nährſtoffgemenge ſich zu ernähren,
um ſo unwiderleglich zu zeigen, daß ſie des Humus nicht be-
dürfen.
In ähnlicher Weiſe wie Bouſſingault experimentirte
auch in Deutſchland der Fürſt Salm-Horſtmar, der ſich vor-
wiegend mit der Frage beſchäftigte, welche Bedeutung die ein-
zelnen Säuren und Baſen der Aſche für die Ernährung der
Pflanzen haben, ob einzelne derſelben entbehrlich ſind und welche
die Pflanze nothwendig aufnehmen muß; Fragen die indeſſen
erſt im Lauf der ſechziger Jahre ihrer Erledigung entgegengeführt
wurden und zum Theil noch jetzt nicht entſchieden ſind.
Die Feſtſtellung der Thatſache, daß chlorophyllhaltige Pflan-
zen die Geſammtmaſſe ihres Kohlenſtoffs aus der atmoſphäriſchen
Kohlenſäure beziehen, und daß dieſe auch für die nicht chloro-
phyllhaltigen Pflanzen und Thiere die urſprüngliche Quelle des
Kohlenſtoffs iſt, daß ferner der in den Pflanzen aſſimilirte Stick-
ſtoff in Form von Ammoniak- oder ſalpeterſauren Salzen auf-
genommen wird und daß die Alkalien, alkaliſchen Erden in Form
von ſchwefelſauren und phosphorſauren Salzen zur Ernährung
der Pflanzen unerläßlich ſind, halte ich für die Hauptergebniſſe
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Zeitraum von 1840-1860, ohne damit behaupten zu wollen,
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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 575. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/587>, abgerufen am 17.06.2024.
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