scheide und auch Draper's 1844 mit Hülfe des Spektrums gemachte Beobachtung, daß die Sauerstoffabscheidung im gelben Licht eine maximale ist und beiderseits davon abnimmt, wurde später allgemein in dem Sinne gedeutet, als ob es sich auch hier nur um die Helligkeit des Lichtes handle, eine Ansicht, die erst in neuester Zeit definitiv beseitigt wurde, wie denn über- haupt alle soeben erwähnten Untersuchungen bis in die sechziger Jahre hinein zu keinem befriedigenden Abschluß gelangten und theoretisch kaum verwerthet wurden.
Den Glanzpunct in der Entwicklung der Phytodynamik bildet aber eine Abhandlung Brücke's über die Bewegungen der Mimosenblätter 1848, nicht bloß wegen ihrer außerordentlich wichtigen Resultate, sondern noch mehr durch die Exaktheit ihrer Methode, die geradezu das Vorbild für jede weitere Untersuchung auf diesem Gebiet geworden ist. Von den Resultaten ist nament- lich zu erwähnen, daß Brücke zuerst die wesentliche Verschieden- heit der periodischen Nachstellung der Mimosenblätter von ihrer Reizstellung erkannte, indem jene mit einer Turgescenz-Zunahme, diese dagegen mit einer Erschlaffung verbunden ist: er zeigte ferner, daß nach Entfernung der oberen Hälfte des Bewegungs- organs nicht nur die periodischen Bewegungen fortdauern, son- dern auch die Reizbarkeit noch erhalten ist. Methodisch wichtig war namentlich die klare Darlegung der zwischen dem Gefäß- bündel und dem turgescenten Parenchymmantel bestehenden Spannung und die Zurückführung der periodischen und Reiz- bewegungen auf Wasserbewegungen in den antagonistischen Pa- renchymmassen, die zwar im Einzelnen noch Manches zu wün- schen übrig ließ, aber den großen Vortheil darbot, den mit dem Begriff der Reizbarkeit verbundenen Mysticismus, welchen selbst Mohl noch nicht abgestreift hatte, zu beseitigen.
Eine ausführliche Untersuchung Wigand's über die Ab- wärtskrümmung der Wurzeln 1854 war die einzige dieses Thema behandelnde Arbeit in diesem Zeitraum, die auch deßhalb hervor- gehoben zu werden verdient, weil sie zum ersten Mal seit langer Zeit wieder die eigentlich mechanischen Fragen dieses Vorgangs
Geſchichte der Phytodynamik.
ſcheide und auch Draper's 1844 mit Hülfe des Spektrums gemachte Beobachtung, daß die Sauerſtoffabſcheidung im gelben Licht eine maximale iſt und beiderſeits davon abnimmt, wurde ſpäter allgemein in dem Sinne gedeutet, als ob es ſich auch hier nur um die Helligkeit des Lichtes handle, eine Anſicht, die erſt in neueſter Zeit definitiv beſeitigt wurde, wie denn über- haupt alle ſoeben erwähnten Unterſuchungen bis in die ſechziger Jahre hinein zu keinem befriedigenden Abſchluß gelangten und theoretiſch kaum verwerthet wurden.
Den Glanzpunct in der Entwicklung der Phytodynamik bildet aber eine Abhandlung Brücke's über die Bewegungen der Mimoſenblätter 1848, nicht bloß wegen ihrer außerordentlich wichtigen Reſultate, ſondern noch mehr durch die Exaktheit ihrer Methode, die geradezu das Vorbild für jede weitere Unterſuchung auf dieſem Gebiet geworden iſt. Von den Reſultaten iſt nament- lich zu erwähnen, daß Brücke zuerſt die weſentliche Verſchieden- heit der periodiſchen Nachſtellung der Mimoſenblätter von ihrer Reizſtellung erkannte, indem jene mit einer Turgescenz-Zunahme, dieſe dagegen mit einer Erſchlaffung verbunden iſt: er zeigte ferner, daß nach Entfernung der oberen Hälfte des Bewegungs- organs nicht nur die periodiſchen Bewegungen fortdauern, ſon- dern auch die Reizbarkeit noch erhalten iſt. Methodiſch wichtig war namentlich die klare Darlegung der zwiſchen dem Gefäß- bündel und dem turgescenten Parenchymmantel beſtehenden Spannung und die Zurückführung der periodiſchen und Reiz- bewegungen auf Waſſerbewegungen in den antagoniſtiſchen Pa- renchymmaſſen, die zwar im Einzelnen noch Manches zu wün- ſchen übrig ließ, aber den großen Vortheil darbot, den mit dem Begriff der Reizbarkeit verbundenen Myſticismus, welchen ſelbſt Mohl noch nicht abgeſtreift hatte, zu beſeitigen.
Eine ausführliche Unterſuchung Wigand's über die Ab- wärtskrümmung der Wurzeln 1854 war die einzige dieſes Thema behandelnde Arbeit in dieſem Zeitraum, die auch deßhalb hervor- gehoben zu werden verdient, weil ſie zum erſten Mal ſeit langer Zeit wieder die eigentlich mechaniſchen Fragen dieſes Vorgangs
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Geſchichte der Phytodynamik.
ſcheide und auch Draper's 1844 mit Hülfe des Spektrums
gemachte Beobachtung, daß die Sauerſtoffabſcheidung im gelben
Licht eine maximale iſt und beiderſeits davon abnimmt, wurde
ſpäter allgemein in dem Sinne gedeutet, als ob es ſich auch
hier nur um die Helligkeit des Lichtes handle, eine Anſicht, die
erſt in neueſter Zeit definitiv beſeitigt wurde, wie denn über-
haupt alle ſoeben erwähnten Unterſuchungen bis in die ſechziger
Jahre hinein zu keinem befriedigenden Abſchluß gelangten und
theoretiſch kaum verwerthet wurden.
Den Glanzpunct in der Entwicklung der Phytodynamik
bildet aber eine Abhandlung Brücke's über die Bewegungen der
Mimoſenblätter 1848, nicht bloß wegen ihrer außerordentlich
wichtigen Reſultate, ſondern noch mehr durch die Exaktheit ihrer
Methode, die geradezu das Vorbild für jede weitere Unterſuchung
auf dieſem Gebiet geworden iſt. Von den Reſultaten iſt nament-
lich zu erwähnen, daß Brücke zuerſt die weſentliche Verſchieden-
heit der periodiſchen Nachſtellung der Mimoſenblätter von ihrer
Reizſtellung erkannte, indem jene mit einer Turgescenz-Zunahme,
dieſe dagegen mit einer Erſchlaffung verbunden iſt: er zeigte
ferner, daß nach Entfernung der oberen Hälfte des Bewegungs-
organs nicht nur die periodiſchen Bewegungen fortdauern, ſon-
dern auch die Reizbarkeit noch erhalten iſt. Methodiſch wichtig
war namentlich die klare Darlegung der zwiſchen dem Gefäß-
bündel und dem turgescenten Parenchymmantel beſtehenden
Spannung und die Zurückführung der periodiſchen und Reiz-
bewegungen auf Waſſerbewegungen in den antagoniſtiſchen Pa-
renchymmaſſen, die zwar im Einzelnen noch Manches zu wün-
ſchen übrig ließ, aber den großen Vortheil darbot, den mit
dem Begriff der Reizbarkeit verbundenen Myſticismus, welchen
ſelbſt Mohl noch nicht abgeſtreift hatte, zu beſeitigen.
Eine ausführliche Unterſuchung Wigand's über die Ab-
wärtskrümmung der Wurzeln 1854 war die einzige dieſes Thema
behandelnde Arbeit in dieſem Zeitraum, die auch deßhalb hervor-
gehoben zu werden verdient, weil ſie zum erſten Mal ſeit langer
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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 602. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/614>, abgerufen am 24.11.2024.
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