Sailer, Johann Michael: Über den Selbstmord. München, 1785.Gründe wider den Selbstmord. durch den Rest, den die Subtraction dergeringern Kraft von der größern giebt, be- stimmet werden. Der Satz also, Selbst- mord ein Aufruhr gegen alles gesunde Menschengefühl, bleibt immer allgemein- wahr, wenn gleich das Selbstmorden noch so allgemein würde: nur müßte man als- denn die zweyte Wahrheit beysetzen: daß des gesunden Gefühles unter den Menschen immer weniger, und die Zahl der Kran- ken immer größer würde. Krankheit ist Krankheit, es mag Ein Mensch, oder eine Million Menschen krank darnieder liegen. Was gesunde Menschenaugen sehen, ist dem Menschenauge sichtbar: es mag übrigens viele, oder wenige Blinde geben, die es nicht sehen. Was die Gefühle aller Ge- sunddenkenden empöret, das kann keine Frucht einer gesunden, festen Empfindung seyn: es mag von vielen oder wenigen für gesunde Empfindung gehalten werden. Gewicht
Gruͤnde wider den Selbſtmord. durch den Reſt, den die Subtraction dergeringern Kraft von der groͤßern giebt, be- ſtimmet werden. Der Satz alſo, Selbſt- mord ein Aufruhr gegen alles geſunde Menſchengefuͤhl, bleibt immer allgemein- wahr, wenn gleich das Selbſtmorden noch ſo allgemein wuͤrde: nur muͤßte man als- denn die zweyte Wahrheit beyſetzen: daß des geſunden Gefuͤhles unter den Menſchen immer weniger, und die Zahl der Kran- ken immer groͤßer wuͤrde. Krankheit iſt Krankheit, es mag Ein Menſch, oder eine Million Menſchen krank darnieder liegen. Was geſunde Menſchenaugen ſehen, iſt dem Menſchenauge ſichtbar: es mag uͤbrigens viele, oder wenige Blinde geben, die es nicht ſehen. Was die Gefuͤhle aller Ge- ſunddenkenden empoͤret, das kann keine Frucht einer geſunden, feſten Empfindung ſeyn: es mag von vielen oder wenigen fuͤr geſunde Empfindung gehalten werden. Gewicht
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Gruͤnde wider den Selbſtmord.
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geringern Kraft von der groͤßern giebt, be-
ſtimmet werden. Der Satz alſo, Selbſt-
mord ein Aufruhr gegen alles geſunde
Menſchengefuͤhl, bleibt immer allgemein-
wahr, wenn gleich das Selbſtmorden noch
ſo allgemein wuͤrde: nur muͤßte man als-
denn die zweyte Wahrheit beyſetzen: daß des
geſunden Gefuͤhles unter den Menſchen
immer weniger, und die Zahl der Kran-
ken immer groͤßer wuͤrde. Krankheit iſt
Krankheit, es mag Ein Menſch, oder eine
Million Menſchen krank darnieder liegen.
Was geſunde Menſchenaugen ſehen, iſt dem
Menſchenauge ſichtbar: es mag uͤbrigens
viele, oder wenige Blinde geben, die es
nicht ſehen. Was die Gefuͤhle aller Ge-
ſunddenkenden empoͤret, das kann keine
Frucht einer geſunden, feſten Empfindung
ſeyn: es mag von vielen oder wenigen fuͤr
geſunde Empfindung gehalten werden.
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