Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sailer, Johann Michael: Über den Selbstmord. München, 1785.

Bild:
<< vorherige Seite
Erster Abschnitt.
Gewicht
dieses Grundes.

Er ist offenbar der gewichtigste; denn
auch der flachste Anblick kann den red-
lichen Leser überzeugen, daß er an Reich-
thum, Mannigfaltigkeit, Kraft, Zuverläßig-
keit der Lehren, Beyspiele, und Verheissun-
gen keinen seines gleichen hat.

Er ist vielleicht (h) der einzige, der
es recht anschaulich beweiset, daß das Selbst-
morden in gar keinem Falle, auch da nicht,
wo die Last des Lebens so ganz unerträglich
zu seyn scheint, dem Willen der Fürsehung
gemäß seyn kann.

Er ist gewiß der einzige, der nicht
nur die Pflicht in dem äussersten Leiden aus-
zuharren, beweiset, sondern auch allgemein
hinlängliche Kraft zum Ausdauern theils
giebt, theils verheißt.

Er ist das letzte Fundament, auf
dem die Zuverläßigkeit der vorigen Gründe

wider
(h) Ein Wink für den, dem die Freude ge-
worden, tiefer in die Tiefen der Menschen-
Erſter Abſchnitt.
Gewicht
dieſes Grundes.

Er iſt offenbar der gewichtigſte; denn
auch der flachſte Anblick kann den red-
lichen Leſer uͤberzeugen, daß er an Reich-
thum, Mannigfaltigkeit, Kraft, Zuverlaͤßig-
keit der Lehren, Beyſpiele, und Verheiſſun-
gen keinen ſeines gleichen hat.

Er iſt vielleicht (h) der einzige, der
es recht anſchaulich beweiſet, daß das Selbſt-
morden in gar keinem Falle, auch da nicht,
wo die Laſt des Lebens ſo ganz unertraͤglich
zu ſeyn ſcheint, dem Willen der Fuͤrſehung
gemaͤß ſeyn kann.

Er iſt gewiß der einzige, der nicht
nur die Pflicht in dem aͤuſſerſten Leiden aus-
zuharren, beweiſet, ſondern auch allgemein
hinlaͤngliche Kraft zum Ausdauern theils
giebt, theils verheißt.

Er iſt das letzte Fundament, auf
dem die Zuverlaͤßigkeit der vorigen Gruͤnde

wider
(h) Ein Wink fuͤr den, dem die Freude ge-
worden, tiefer in die Tiefen der Menſchen-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0074" n="62"/>
        <fw place="top" type="header">Er&#x017F;ter Ab&#x017F;chnitt.</fw><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Gewicht<lb/>
die&#x017F;es Grundes.</hi> </head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">E</hi>r i&#x017F;t <hi rendition="#fr">offenbar der gewichtig&#x017F;te;</hi> denn<lb/>
auch der flach&#x017F;te Anblick kann den red-<lb/>
lichen Le&#x017F;er u&#x0364;berzeugen, daß er an Reich-<lb/>
thum, Mannigfaltigkeit, Kraft, Zuverla&#x0364;ßig-<lb/>
keit der Lehren, Bey&#x017F;piele, und Verhei&#x017F;&#x017F;un-<lb/>
gen keinen &#x017F;eines gleichen hat.</p><lb/>
          <p>Er i&#x017F;t <hi rendition="#fr">vielleicht</hi> <note xml:id="seg2pn_3_1" next="#seg2pn_3_2" place="foot" n="(h)">Ein Wink fu&#x0364;r den, dem die Freude ge-<lb/>
worden, tiefer in die Tiefen der Men&#x017F;chen-</note> <hi rendition="#fr">der einzige,</hi> der<lb/>
es recht an&#x017F;chaulich bewei&#x017F;et, daß das Selb&#x017F;t-<lb/>
morden in gar keinem <hi rendition="#fr">Falle,</hi> auch da nicht,<lb/>
wo die La&#x017F;t des Lebens &#x017F;o ganz unertra&#x0364;glich<lb/>
zu &#x017F;eyn &#x017F;cheint, dem Willen der Fu&#x0364;r&#x017F;ehung<lb/>
gema&#x0364;ß &#x017F;eyn kann.</p><lb/>
          <p>Er i&#x017F;t <hi rendition="#fr">gewiß der einzige,</hi> der nicht<lb/>
nur die Pflicht in dem a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er&#x017F;ten Leiden aus-<lb/>
zuharren, bewei&#x017F;et, &#x017F;ondern auch allgemein<lb/>
hinla&#x0364;ngliche <hi rendition="#fr">Kraft</hi> zum Ausdauern theils<lb/>
giebt, theils verheißt.</p><lb/>
          <p>Er i&#x017F;t das letzte <hi rendition="#fr">Fundament,</hi> auf<lb/>
dem die Zuverla&#x0364;ßigkeit der vorigen Gru&#x0364;nde<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wider</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[62/0074] Erſter Abſchnitt. Gewicht dieſes Grundes. Er iſt offenbar der gewichtigſte; denn auch der flachſte Anblick kann den red- lichen Leſer uͤberzeugen, daß er an Reich- thum, Mannigfaltigkeit, Kraft, Zuverlaͤßig- keit der Lehren, Beyſpiele, und Verheiſſun- gen keinen ſeines gleichen hat. Er iſt vielleicht (h) der einzige, der es recht anſchaulich beweiſet, daß das Selbſt- morden in gar keinem Falle, auch da nicht, wo die Laſt des Lebens ſo ganz unertraͤglich zu ſeyn ſcheint, dem Willen der Fuͤrſehung gemaͤß ſeyn kann. Er iſt gewiß der einzige, der nicht nur die Pflicht in dem aͤuſſerſten Leiden aus- zuharren, beweiſet, ſondern auch allgemein hinlaͤngliche Kraft zum Ausdauern theils giebt, theils verheißt. Er iſt das letzte Fundament, auf dem die Zuverlaͤßigkeit der vorigen Gruͤnde wider (h) Ein Wink fuͤr den, dem die Freude ge- worden, tiefer in die Tiefen der Menſchen-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sailer_selbstmord_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sailer_selbstmord_1785/74
Zitationshilfe: Sailer, Johann Michael: Über den Selbstmord. München, 1785, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sailer_selbstmord_1785/74>, abgerufen am 24.11.2024.